25. November 2020
Im Zuge der Corona-Krise und der Sorge vor einem „Ausverkauf“ von Unternehmen an Investoren aus Drittstaaten haben verschiedene europäische Länder ihre Investitionsprüfregime weiter verschärft.
So hat UK unlängst ein Investitionsprüfverfahren eingeführt (siehe Beitrag von TW UK). Viele Regelungswerke basieren auf der sog. EU Foreign Direct Investment Regulation (Verordnung (EU) 2019/452) („EU-Screening-Verordnung“). Deutschland hat im Laufe des Jahres 2020 verschiedene Novellierungen des Außenwirtschaftsgesetzes („AWG“) und der Außenwirtschaftsverordnung („AWV“) vorgenommen (siehe bereits Beitrag aus Juni 2020). Unter anderem wurde die Meldepflicht im Bereich nicht-militärischer Sicherheit ausgeweitet (sog. sektorübergreifende Prüfung) und ein Vollzugsverbot eingeführt. Ein Kernelement des neuen Rechtsrahmens ist der durch Art. 6 ff. EU-Screening-Verordnung geschaffene EU-weite Kooperationsmechanismus. Er wurde mit Wirksamwerden der EU-Screening-Verordnung am 11. Oktober 2020 in allen Mitgliedsstaaten aktiv. Die Bundesregierung hat nun weitere Änderungen des Investitionsprüfregimes im Rahmen der 16. AWV-Novelle beschlossen und die 17. AWV-Novelle bereits angekündigt.
Die Investitionsprüfung gemäß §§ 55 ff. AWV durch das BMWi dient der Abwehr von Sicherheitsrisiken im Zuge des Erwerbs deutscher Unternehmen durch (Nicht-EU-)Ausländer. Hierbei kommt es zum einen auf den Tätigkeitsbereich des Zielunternehmens, zum anderen auf die prozentuale Höhe des Beteiligungserwerbs an. Sofern sog. kritische Infrastrukturen betroffen sind oder bei Zielunternehmen aus verteidigungs- oder sicherheitsrelevanten Sektoren besteht eine Meldepflicht. Das BMWi kann Transaktionen untersagen oder unter Auflagen genehmigen, wenn eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit besteht (im Bereich der sog. sektorübergreifenden Prüfung) oder wesentliche Sicherheitsinteressen Deutschlands gefährdet sind (im Bereich der sog. sektorspezifischen Prüfung).
Im vorerst letzten Schritt werden in einigen Wochen weitergehende Anpassungen der §§ 55 ff. AWV im Zuge der 17. AWV-Novelle erfolgen. Der Entwurf der Novelle wird derzeit regierungsintern abgestimmt und sodann in die Verbändebefassung gehen. Im Fokus der 17. AWV-Novelle steht insbesondere die nochmalige Erweiterung der Fallgruppen von meldepflichtigen und dem Vollzugsverbot unterliegenden Erwerben (bislang § 55 Abs. 1 S. 2 AWV) für sog. kritische Technologien. Dieser Katalog soll u.a. folgende kritische Technologien enthalten: Künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Biotechnologie und Quantentechnologie.
Durch den eingeführten EU-weiten Kooperationsmechanismus und die mögliche Beteiligung anderer EU-Mitgliedstaaten werden sich Investitionsprüfverfahren tendenziell verlängern. Allerdings hatte der Gesetzgeber bereits im Juli in Reaktion auf die Kritik an den mitunter sehr langen Verfahrensdauern das Fristenregime mit dem neuen § 14a AWG-E konkretisiert. Hierdurch sollen zumindest einfache Prüfverfahren künftig zügiger abgeschlossen werden. Aufgrund des erweiterten Prüfmaßstabs (auch öffentliche Ordnung und Sicherheit anderer EU-Mitgliedstaaten) steigt das Risiko von Untersagungen. Bei der Veräußerung von Unternehmen, die im Bereich kritischer Technologien tätig sind, wird künftig eine sorgfältige und frühzeitige Vorbereitung der Transaktion unter Berücksichtigung der neuen rechtlichen Vorgaben noch wichtiger als bisher sein. Denn künftig müssen Erwerbe in diesem Bereich durch Nicht-EU-Ausländer an das BMWi gemeldet werden und können erst nach Freigabe durch das BMWi vollzogen werden. Bei künftigen Erwerben ist es (auch im Rahmen des Due-Diligence-Prozesses) verboten, dem Erwerber prüfrelevante unternehmensbezogene Informationen zu überlassen oder anderweitig offenzulegen. Ein besonderes Augenmerk ist vor dem Hintergrund der 10%-Prüfungsschwelle auf die umfassenden Anrechnungstatbestände sowohl im Rahmen der sektorübergreifenden als auch im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung zu legen.
von mehreren Autoren
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