Am 28. Mai 2022 tritt in Deutschland die neue Preisangabenverordnung (PAngV) in Kraft. Es handelt sich hierbei um eine komplette Novellierung der Verordnung. Sie beinhaltet neben einer Neustrukturierung auch einige inhaltliche Neuregelungen. Besonders hervorzuheben ist dabei eine neue Informationspflicht bei der Werbung mit Preisermäßigungen und Rabatten. Es muss hierbei künftig der sogenannte niedrigste 30-Tage-Preis als Referenzpreis angegeben werden. Dies stellt auch Unternehmen der AgriTech/FoodTech Branche vor neue Herausforderungen. Daher stellen wir die wichtigsten Änderungen der PAngV in diesem Beitrag vor. Schließlich können Verstöße gegen die PAngV nicht nur zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbände, sondern als Ordnungswidrigkeit auch zu Geldbußen führen.
Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 (sog. Omnibus-Richtlinie, die im Januar 2020 in Kraft getreten ist und mit der der „New Deal for Consumers“ umgesetzt wurde, ging auch eine Änderung der Preisangaben-Richtlinie (Richtlinie 98/6/EG) einher. Dies führte dazu, dass der deutsche Gesetzgeber die Preisangabenverordnung (PAngV) anpassen musste. Der Gesetzgeber hat dabei aber nicht nur Änderungen vorgenommen, die sich zwingend aus der Omnibus-Richtlinie ergaben. Vielmehr hat er die Gelegenheit genutzt, um weitere Anpassungen vorzunehmen, die zum Teil auf Gerichtsentscheidungen zur alten PAngV zurückgehen und diese umsetzen.
Die neue PAngV gilt in Deutschland ab dem 28. Mai 2022. Es gibt keine Übergangsfristen.
Dieser Neuregelung kommt die größte Praxisrelevanz zu. Es wurde eine neue Informationspflicht bei der Werbung mit Preisermäßigungen gegenüber Verbrauchern begründet. Diese neue Informationspflicht ergibt sich aus § 11 PAngV n.F. Ziel ist, Verbrauchern zu ermöglichen, Preisermäßigungen besser einschätzen und Preise aufgrund einheitlicher Informationen besser bewerten zu können. Es soll verhindert werden, dass bei Werbung mit Preisermäßigungen mit „künstlich“ hohen Vergleichspreisen geworben wird, die vor der Ermäßigung nur für sehr kurze Zeit oder sogar nie verlangt worden sind („Preisschaukelei“).
Nach § 11 PAngV n.F. ist daher zukünftig jeder bekanntgegebenen Preisermäßigung der sog. niedrigste Preis des Verkäufers/Händlers der letzten 30 Tage vor Anwendung des ermäßigten Preises zugrunde zu legen. Dieser muss künftig als Referenzpreis zusätzlich angegeben werden.
Dies gilt zum einen für alle messbaren Preisermäßigungen, wie z.B. „10 Prozent Rabatt“ oder der Gegenüberstellung alter und neuer Preis, insbesondere in Form von Statt- oder Streichpreisen. Es ist dabei auch unerheblich, ob sich die Preisermäßigung lediglich auf einzelne Produkte, auf eine bestimmte Warengattung oder sogar auf das gesamte Sortiment bezieht. In allen Fällen wird der Anwendungsbereich des § 11 PAngV eröffnet.
Zum anderen gilt die neue Informationspflicht auch dann, wenn zwar keine unmittelbar messbare Preisermäßigung bekanntgegeben wird, durch die konkrete Gestaltung/Formulierung der Werbung aber dennoch der Eindruck einer Preisermäßigung erweckt wird. Dies kann z.B. bei Verwendung von Begriffen wie „Sonderangebot“, „Black Friday-Angebot“ und dergleichen der Fall sein. Hiervon abzugrenzen sind lediglich allgemeine Preisaussagen ohne Eindruck einer Ermäßigung, wie „Knallerpreis“ oder dergleichen. Solche Formulierungen sind weiterhin möglich, ohne die neue Informationspflicht auszulösen.
Gesetzliche Ausnahmen sind gemäß § 11 Abs. 4 PAngV n.F. vorgesehen bei individuellen Rabatten (z.B. Geburtstagsrabatt, 10-Prozent-Gutschein für den nächsten Einkauf, Rabatte im Rahmen von Loyalitätsprogrammen) und bei Preisermäßigungen für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit.
Dies hierzu in aller Kürze. Diese Neuregelung wirft aber in der Praxis viele Fragen und Probleme auf. Es bleibt daher mit Spannung abzuwarten, wie streng sich die Gerichte bei der Anwendung dieser neuen Vorschrift zeigen und welche neuen Fallgruppen dabei gebildet werden.
Weitere Einzelheiten zu diesem wichtigen Thema finden Sie in einem eigenen Beitrag.
Die Pflicht zur Grundpreisangabe wird künftig in § 4 PAngV n.F. geregelt. Bislang galt, dass die Grundpreise stets in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben sind. Dieses Erfordernis der unmittelbaren Nähe gilt nun nicht mehr. Vielmehr muss der Grundpreis nach der neuen Regelung lediglich „unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar“ sein. Hintergrund dieser Änderung ist, dass das Näheerfordernis von mehreren Gerichten unionsrechtlich in Frage gestellt wurde. Diese Kritik hat der Gesetzgeber nun aufgegriffen. In der Verordnungsbegründung wird aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass Gesamtpreis und Grundpreis weiterhin auf einen Blick wahrnehmbar sein müssen, wodurch wieder eine Einschränkung erfolgt. Dies spricht auch weiterhin gegen Link- oder Mouse-Over-Darstellung. Ob die Rechtsprechung dem folgt, bleibt abzuwarten.
Nach § 5 PAngV n.F. müssen künftig einheitlich 1 Kilogramm bzw. 1 Liter als Referenzmengeneinheit für die Angabe der Grundpreise verwendet werden. Dies soll für den Verbraucher eine bessere Preistransparenz gewährleisten. Bislang bestand die Möglichkeit, bei Waren, deren Nenngewicht oder Nennvolumen üblicherweise 250 Gramm oder 250 Milliliter nicht überstiegt, auf die Mengen 100 Gramm oder Milliliter abzustellen. Diese Ausnahme wurde ersatzlos gestrichen.
Auch ist in § 5 Abs. 3 PAngV n.F. nun vorgesehen, dass bei zur Selbstabfüllung angebotener flüssiger Ware, die durch die Verbraucher selbst in die jeweilige Umverpackung abgefüllt wird, die Grundpreisangabe auch nach Gewicht erfolgen kann.
Hierbei entfällt künftig nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 PAngV n.F. die Pflicht zur Angabe eines neuen Gesamt- oder Grundpreises, wenn der Preis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird. Bislang war dies nur der Fall, wenn der Verderb drohte. Nun erfolgt eine Ausdehnung auch auf leicht verderbliche Lebensmittel, deren Haltbarkeit abläuft. Damit soll der Lebensmittelverschwendung entgegengetreten werden. Neu ist dabei auch, dass die Befreiung nicht nur für die Angabe des Grundpreises, sondern auch für die Angabe des Gesamtpreises gilt. Es bestehen aber Zweifel, ob der Gesetzgeber hierzu unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten überhaupt berechtigt war. Es bleibt daher mit Spannung abzuwarten, wie die Gerichte diese neue Ausnahme von der Verpflichtung zur Gesamtpreisangabe bewerten werden.
In der bislang geltenden PAngV ist in § 1 Abs. 4 vorgesehen, dass die Höhe des Pfandes nicht in den Gesamtpreis einzubeziehen ist. Vielmehr ist dessen Höhe neben dem Preis anzugeben. Diese Regelung ist höchst umstritten. Insbesondere deren Unionskonformität wird in Frage gestellt. Derzeit ist hierzu auch ein EuGH-Verfahren anhängig, nachdem der BGH diese Frage zur gesonderten Ausweisung des Pfandbetrages in dem Verfahren Az. I ZR 135/20 dem EuGH mit Beschluss vom 29. Juli 2021 zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Hiervon hat sich der Verordnungsgeber bei der Novellierung der PAngV aber nicht beeindrucken lassen. Vielmehr hat er auch in der Neuregelung des § 7 PAngV n.F. vorgesehen, dass die Höhe des Pfandbetrages (weiterhin) neben dem Gesamtpreis anzugeben ist. Ferner muss der Pfandbetrag bei der Berechnung des Grundpreises unberücksichtigt bleiben. Es bleibt abzuwarten, wie BGH und EuGH damit umgehen werden.
Neu ist schließlich auch die Regelung in § 14 Abs. 2 PAngV n.F. zu den Besonderheiten beim punktuellen Aufladen von elektronisch betriebenen Fahrzeugen. Demnach muss der für die jeweilige Ladestation geltende Preis an dem Ladepunkt oder in dessen unmittelbarer Nähe angegeben werden. Gleichzeitig wird aber klargestellt, dass dies auch mittels einer registrierungsfreien und kostenlosen mobilen Webseite erfolgen kann, auf die an der Ladestation hingewiesen wird.
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