Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 25. Juli 2023 (Az.: 102 O 121/22) die Werbung für ein Hörgerät untersagt, in welcher mit der „Unsichtbarkeit“ des Hörgerätes geworben wurde. Das Gericht stufte die Werbung als irreführend und damit unzulässig ein, da mit den getätigten Aussagen der Eindruck erweckt würde, dass das Hörgerät in jedem Fall tatsächlich unsichtbar im Sinne von „für Außenstehende nicht wahrnehmbar“ sei.
Der Kläger ist ein eingetragener Wettbewerbsverband. Die Beklagte ist ein im Jahr 2012 gegründetes Unternehmen, welches Hörgeräte über das Internet vertreibt. Dabei werden die Geräte der Beklagten nach vorheriger Auswahl durch die Kunden auf der Internetseite der Beklagten bei Partner-Akustikern der Beklagten vor Ort an die individuellen Bedürfnisse der Kunden angepasst.
Eines der von ihr vertriebenen Modelle bewarb die Beklagte auf ihrer Internetseite und in ihren Werbematerialien als „unsichtbar“. Der Kläger war der Ansicht, diese Werbeaussage sei irreführend und unlauter. Die Rückholeinrichtung des Geräts sei deutlich und aus einer Entfernung von 0,5 bis 1 m sichtbar und hätte demensprechend nur als „fast“ unsichtbar beworben werden dürfen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass es tatsächlich (vollständig) nicht sichtbare Hörgeräte gebe und solche Übertreibungen in Werbungen nicht allgemein üblich seien. Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die Anforderungen an das Verständnis des Verkehrskreises nicht überspannt werden dürfen und auch andere Unternehmen für vergleichbare Geräte identisch werben würden. Die Werbung sei deshalb branchenüblich und nicht zu beanstanden.
Das Landgericht Berlin entschied mit Urteil vom 25. Juli 2023 im Sinne der Klägerin und stufte die Werbeaussagen der Beklagten als irreführend im Sinne des § 5 UWG und damit als wettbewerbswidrig ein. Die uneingeschränkte Aussage, das Hörgerät sei „unsichtbar“, erwecke den Eindruck, das Gerät sei vollständig unsichtbar. Während zwar der Faden wegen der Ausführung in durchsichtigem Kunststoff weitgehend unauffällig bleibe, sei jedoch die Rückholeinrichtung in der Ohrmuschel auch bei vollständiger Einführung in den Gehörgang von außen sichtbar. Ob dies für gewöhnliche Alltagssituationen oder nur für ungünstige Blickwinkel gelte, sei unerheblich, da die Werbeaussage in Bezug auf die Unsichtbarkeit immer zutreffen und nicht von ggf. ungünstigen Umständen abhängen müsse. Das Gericht hielt es für lebensfern, dass ein erheblicher Teil des Verkehrs für Hörgeräte zwischen der Sichtbarkeit des eigentlichen Geräts und der Rückvorrichtung unterscheiden würde. Dies hätte nur bei einschränkenden Hinweisen der Beklagten der Fall sein können.
Im Übrigen könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Hörgeräteverkehr an werbliche Übertreibungen in Bezug auf die „Unsichtbarkeit“ von In-Ear-Hörgeräten gewöhnt habe und somit erwarte, dass diese tatsächlich nicht unsichtbar sind. Anders als beim Kauf vor Ort sei beim Kauf über das Internet insbesondere auch nicht ohne weiteres erkennbar, ob und inwiefern das Hörgerät tatsächlich äußerlich wahrnehmbar ist, so dass der Käufer sich im erhöhten Maße auf die Aussagen des Händlers verlassen müsse. Die streitgegenständliche Aussage sei insoweit unzulässig.