28. März 2025
Newsletter Marke Design Wettbewerb Februar 2025 – 5 von 9 Insights
Der BGH befasst sich erneut mit dem urheberrechtlichen Schutz von Gebrauchsgegenständen: Der bekannte Schuhhersteller Birkenstock klagte in drei parallelen Verfahren gegen Händler, die jeweils eigene Schuhmodelle anbieten, die Ähnlichkeiten zu vier Birkenstock-Modellen aufweisen. Im Kern ging es um die Frage, ob die Birkenstock-Modelle „Werke der angewandten Kunst“ sind. Das Urteil wurde am 20. Februar 2025 verkündet (Az. I ZR 16/24, I ZR 17/24 und I ZR 18/24).
Birkenstock nahm die Händler wegen behaupteter Urheberrechtsverletzung u.a. auf Unterlassung, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht sowie Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.
Schuhe können als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlichen Schutz genießen. So sah es auch das LG Köln, das in der ersten Instanz den Schutz bejahte (Urteile vom 23.2.2023 – Az. 14 O 39/22, 14 O 41/22 und 14 O 121/22). Dem trat das OLG Köln entgegen und lehnte die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Birkenstock-Sandalen mit der Begründung, die Gestaltung beruhe ausschließlich auf technisch-funktionalen Erwägungen, ab (OLG Köln, Urteile vom 26.1.2024 – Az. 6 U 86/23, 6 U 85/23 und 6 U 89/23).
Der BGH hat die Entscheidung des OLG Köln bestätigt. Das Design der Birkenstock-Sandalen basiere ausschließlich auf technischen Anforderungen und formalen Gestaltungselementen, und stelle damit keine künstlerische Leistung dar. Obwohl die konkrete Gestaltung von Fußbett und Befestigungssystem der Birkenstock-Sandalen technisch nicht zwingend waren, sei der verbleibende Gestaltungsspielraum nicht über das Alltägliche hinaus ausgeschöpft worden. Der Hersteller Karl Birkenstock habe sich an bekannte Gestaltungen gehalten und sei “im Bereich des handwerklichen Könnens eines Schuhmachers beziehungsweise Orthopädieschuhmachers verblieben”. Dass rein handwerkliches Schaffen keinen urheberrechtlichen Schutz genießt, hatte der BGH bereits früher entschieden (s. etwa BGH vom 16.4.2015 – Az. I ZR 225/12- Goldrapper) und nun auch für Gebrauchsgegenstände bestätigt.
Die Birkenstock-Entscheidung des BGH schließt sich an die bisherige Rechtsprechung des BGH und des EuGH zur Frage, ob für Gebrauchsgegenstände urheberrechtlicher Schutz besteht, an. Die Frage ist nicht zuletzt wegen der wesentlich längeren Schutzdauer des Urheberrechts (70 Jahre ab dem Tod des Schöpfers) im Vergleich zum Designrecht (maximal 25 Jahren ab Anmeldung) von Bedeutung.
Mit der Geburtstagszug-Entscheidung (BGH, Urteil vom 13.11.2013 – Az. I ZR 143/12) stellte der BGH fest, dass für den Schutz von Werken der angewandten Kunst die gleichen Anforderungen an die Schöpfungshöhe wie für andere Werktypen der „zweckfreien“ Kunst zu stellen sind. Der Design- und Urheberrechtsschutz seien nebeneinander auf denselben Gegenstand anwendbar. Für den urheberrechtlichen Schutz ist entscheidend, dass ein Gestaltungsspielraum besteht, der kreativ ausgeschöpft wurde. Zugleich stellte der BGH klar, dass die Gestaltung eines Gebrauchsgegenstands nicht schutzfähig ist, wenn sie ausschließlich dem Gebrauchszweck geschuldet ist. Eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers setze voraus, dass ein Gestaltungsspielraum besteht und vom Urheber dafür genutzt wird, seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck zu bringen.
Der BGH geht in der Birkenstock-Entscheidung davon aus, dass diese Vorgaben im Wesentlichen auch dem unionsrechtlich einheitlich anzuwendenden Werkbegriff entsprechen, den der EuGH u.a. in der Cofemel-Entscheidung (EuGH, Urteil vom 12.9.2019 – C-683/17 (Cofemel)) dargelegt hat: Zum einen muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein „Original“ in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Zum anderen sind nur die Elemente des Werks geschützt, in denen die Schöpfung tatsächlich zum Ausdruck kommt. Diese Linie hat der EuGH u.a. in den Entscheidungen Brompton Bicycle (EuGH, Urteil vom 11.6.2020 – C-833/18 SI, Brompton Bicycle Ltd/Chedech/Get2Get) und Kwantum Nederland (EuGH, Urteil vom 24.10.2024 - C.227/23 -) Kwantum Nederland BV u.a./Vitra Collections AG) fortgeführt und ergänzt, dass eine Gestaltung, die ausschließlich durch die technische Funktion bestimmt ist, keinen Urheberrechtschutz genießen kann. Hierzu ist jeweils eine Einzelfallbetrachtung erforderlich.
Selbst wenn ein Werk der angewandten Kunst die Schöpfungshöhe für den Schutz des Urheberrechts erreicht, können enge Voraussetzungen an eine Verletzung des Urheberrechts bestehen: Diese hat der BGH in der Porsche-Entscheidung (BGH, Urteil vom 7.4.2022 – Az. I ZR 222/20) konkretisiert: In einer Gesamtschau werden die objektiven Merkmale, welche die schöpferische Eigentümlichkeit des Werks bestimmen, identifiziert. Danach wird festgestellt, welche dieser Merkmale durch den potentiell verletzenden Gegenstand übernommen wurden. Der BGH legt den Schutzbereich für Werke der angewandten Kunst umso enger aus, je niedriger die Gestaltungshöhe des betreffenden Gegenstands ist. Liegen der Gestaltung eines Werkes maßgeblich technische Erwägungen zugrunde, wird die Gestaltungshöhe umso niedriger anzusetzen sein. Dann führen selbst kleinere Abweichungen dazu, dass eine Verletzung ausscheidet.
Die Rechtsprechung zum urheberrechtlichen Schutz von Gebrauchsgegenständen ist auch Gegenstand zweier beim EuGH anhängiger Vorlageverfahren, in denen es ebenfalls um die Voraussetzungen des Schutzes angewandter Kunst (im konkreten Fall Designmöbel) geht. Auf die Entscheidung des EuGH soll es im Fall Birkenstock nach Ansicht des BGH nicht ankommen, da die Birkenstock-Sandalen selbst dann nicht geschützt wären, wenn der EuGH die Vorlagefragen zugunsten der Urheber entscheidet.
Im Verfahren über den Schutz von USM-Haller-Möbeln hat der BGH dem EuGH die Fragen vorgelegt (Vorlagebeschluss vom 21.12.2023 – I ZR 96/22 (USM Haller)), ob Urheberrechtsschutz möglich ist, wenn der Schöpfer sich seines Gestaltungsspielraums nicht bewusst war und ob der Schutz von Werken der angewandten Kunst ein höheres Maß an Originalität erfordert als der von „traditioneller“ Kunst. Das schwedische Berufungsgericht (svea hovrätt) hat den EuGH um Klärung gebeten, ob und inwieweit bestehende Designs für die Bestimmung der Originalität eines Werkes relevant sind (EuGH-Rechtssache C-580/23, (Mio und andere)). Gerade der vorbekannte Formenschatz einer Gestaltung spielt bei der Bestimmung des urheberrechtlichen Schutzes von Gebrauchsgegenständen regelmäßig eine tragende Rolle. Der BGH hat in der Porsche-Entscheidung klargestellt, dass bei einer Gestaltung, die hauptsächlich auf einem bekannten Formenschatz basiert, der urheberrechtliche Schutzumfang begrenzt ist. In diesen Fällen können nur identische Gestaltungen oder solche mit marginalen Abweichungen das Urheberrecht verletzen.
11. February 2025
26. February 2025
26. February 2025
26. February 2025
von Henrik Lerchl
21. January 2025
von Dr. Peter Hofbauer, Jan-Henrik Ellinghaus, LL.M. (Stellenbosch)
Inspiriert vom Hype um die Dubai-Schokolade haben wir heute ein süßes Schokoladen-Rätsel für Sie. Erkennen Sie, welche Schokoladen-Marken sich hinter den Ausschnitten verbergen?