Co-Autor: Tilmann Dittrich
Überlastete Rettungsdienste, lange Wartezeiten in den Notaufnahmen – die Leistungserbringer in der Notfallversorgung sind seit langem überlastet. Das soll ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung ändern. Das Bundesministerium für Gesundheit legte am 6. Juni 2024 einen Referentenentwurf vor und knüpft damit an ein bereits vor einigen Monaten veröffentlichtes Eckpunktepapier an. Auch der Sachverständigenrat hat sich bereits in mehreren Gutachten mit dem Thema befasst.
Das Gesetz will für alle Hilfesuchenden eine bundesweit einheitliche und gleichwertige Notfallversorgung sicherstellen. Es soll insbesondere eine Fehlleitung von Patientinnen und Patienten verhindern.
Dies soll durch eine Vernetzung der Versorgungsbereiche erreicht werden, um die Steuerung der Hilfesuchenden in die richtige Versorgungsebene sowie die wirtschaftliche Notfallversorgung zu verbessern. Deshalb sollen künftig sogenannte Akutleitstellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV’en) mit den Rettungsleitstellen zumindest technisch vernetzt werden. Weiterhin werden die KV’en verpflichtet, durchgängig eine telemedizinische Versorgung und einen ärztlichen Fahrdienst bereitzustellen. Gerade in der Telemedizin kann hier ein entscheidender Faktor zur Entlastung liegen.
Es ist geplant, dass die Akut- und Rettungsleitstellen künftig mit einem standardisierten digitalen Ersteinschätzungsinstrument arbeiten, um bundeseinheitlich mit hoher Qualität die Lenkung der Patientinnen und Patienten vornehmen zu können. Nach den ersten Eindrücken der Reaktionen auf den Referentenentwurf könnte dies einen der Hauptstreitpunkte der Reform darstellen, da mit dem Gesetz die Kompetenzen zur notfallmedizinischen Ersteinschätzung überarbeitet werden sollen.
Außerdem sollen sogenannte Integrierte Notfallzentren (INZ) etabliert werden, in denen zugelassene Krankenhäuser und KV‘en zusammenarbeiten. Hierunter versteht man ein sogenanntes „Ein-Tresen-Modell“, wie es schon in Nordrhein-Westfalen üblich ist. Die Patientinnen und Patienten suchen das Notfallzentrum auf, werden an einem gemeinsamen Tresen gesichtet und dann entweder der stationären oder ambulanten Versorgung zugeteilt. Künftig soll in solchen Notfallzentren auch eine vereinfachte Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Arzneimitteln und Medizinprodukten stattfinden, damit nach der Behandlung in der Praxis nicht erst noch der Umweg über eine Notdienstapotheke notwendig wird.
Offen ist noch, in welcher Form auch die Neustrukturierung des Rettungsdienstes mit dem Gesetzesvorhaben verknüpft wird. Der Referentenentwurf schweigt hierzu, allerdings ließ der Bundesgesundheitsminister jüngst verlauten, die Novelle des Rettungsdienstes doch noch in das jetzige Gesetzesvorhaben zu integrieren. Dadurch soll der Rettungsdienst zu einem eigenständigen Leistungsbereich im SGB V werden. Diese Änderung birgt großen Konfliktstoff aufgrund der traditionellen Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Rettungsdienst als Teil der Gefahrenabwehr.
Ob mit einer Verabschiedung des Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode zu rechnen ist, ist mehr als fraglich, insbesondere auch angesichts des sonstigen Gesetzesstaus im Gesundheitsministerium. Das Ministerium zeigte sich dennoch optimistisch und verkündete, dass die Reform – wie die meisten anderen Gesetzesvorhaben des Ministers – Anfang 2025 in Kraft treten soll.
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