Autor

Ina Kamps, M.A.

Knowledge Lawyer

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7. Juni 2023

Newsletter Marke Design Wettbewerb Juni 2023

Von Kuckucksuhren, Emmentaler & Streit ums Eis – und einem Kochbuch der besonderen Art

TW Newsflash Marke Design Wettbewerb

In unserem TW Newsflash Marke Design Wettbewerb dreht sich heute (fast) alles ums Essen – von Emmentaler Käse über Eis bis hin zu einem Kochbuch der Europäischen Union für Produkte, die durch geografische Angaben geschützt sind. Und mit letzteren haben auch die Schwarzwälder Kuckucksuhren zu tun.

1. Schwarzwälder Kuckucksuhren und Solinger Messer: EU-Gesetzgeber einigen sich auf Schutz von regionalen Handwerksprodukten

Jeder kennt sie, die regionalen Handwerksprodukte, die einen europa- oder sogar weltweiten Ruf genießen: Porzellan aus Limoges, Schwarzwälder Kuckucksuhren, Solinger Messer oder das Murano-Glas sind nur einige Beispiele. Bislang gab es jedoch keine Möglichkeit, diese Produkte – anders als Weine, Spirituosen und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel - durch eine EU-Kennzeichnung schützen zu lassen. Das soll sich nun ändern: Das Europäische Parlament und der Rat haben über einen entsprechenden Verordnungsentwurf der EU-Kommission eine politische Einigung erzielt (zur Pressemitteilung hier).

Die neue Verordnung soll es regionalen Herstellern in der EU ermöglichen, auch handwerkliche und industrielle Produkte und ihr traditionelles Know-how in Europa und darüber hinaus zu schützen, auch im Online-Handel. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen die Qualität der geschützten regionalen Produkte leichter erkennen und damit fundiertere Kaufentscheidungen treffen können. Im Ergebnis sollen traditionelle handwerkliche und industrielle Erzeugnisse den geschützten geografischen Angaben gleichgestellt werden, die es im landwirtschaftlichen Bereich schon seit 1992 gibt – man denke nur an Nürnberger Lebkuchen, Bayerisches Bier, Aceto Balsamico di Modena oder Gruyère. Der neue Rahmen ist vorgesehen für Produkte wie Glas, Textilien, Porzellan, Besteck, Keramik, Kuckucksuhren, Musikinstrumente und Möbel, sodass zukünftig auch Schwarzwälder Kuckucksuhren oder Solinger Messer einen Schutz durch eine geografische Angabe nach EU-Recht erhalten können.

Die vorläufige politische Einigung, die das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission erzielt haben, muss nun noch vom Europäischen Parlament und vom Rat formell bestätigt werden.

2. Alles Käse: „Emmentaler“ kann nicht als Unionsmarke geschützt werden

„Emmentaler“ ist nach Auffassung der hier „maßgeblichen deutschen Verkehrskreise“ eine Käsesorte, mithin beschreibend – und damit nicht als Unionsmarke im Register eintragbar. Das ist zumindest die Auffassung des Europäischen Gerichts (EuG), das mit Urteil vom 24. Mai 2023 die Eintragung des Wortes „Emmentaler“ als Unionsmarke abgelehnt hat (Rs. T-2/21). Beantragt hatte den Schutz der Schweizer Branchenverband „Emmentaler Switzerland“, der mit der Markeneintragung erreichen wollte, dass nur Emmentaler, der aus der Schweiz kommt, als solcher bezeichnet werden darf. Das EUIPO und die Beschwerdekammer lehnten einen Schutz jedoch ab, da die Bezeichnung „Emmentaler“ rein beschreibend sei. Der Schweizer Branchenverband klagte vor dem EuG – und verlor nun auch dort.

Auch das EuG ist der Ansicht, dass die für den Fall maßgeblichen deutschen Verkehrskreise das Wort „Emmentaler“ unmittelbar als Bezeichnung für eine Käsesorte verstehen, das Zeichen habe daher (zumindest) in Deutschland rein beschreibenden Charakter. Da es genüge, dass dieses Eintragungshindernis nur in einem Teil der Union besteht, der gegebenenfalls auch aus einem einzigen Mitgliedstaat bestehen kann, sei das Zeichen vom Schutz bzw. von der Eintragung ins Markenregister ausgeschlossen.

Eingetragen ist hingegen der „Allgäuer Emmentaler“ – nämlich seit 1997 als „geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)“ im EU-Register der geografischen Angaben eAmbrosia. Wie sich diese Eintragung zu einer Unionsmarke verhalten würde, wäre einen eigenen Beitrag wert und soll an dieser Stelle daher nicht vertieft werden. 

3. Sommer, Sonne, Meer – und Eis! Eis in der (markenrechtlichen) Rechtsprechung

Auch (Speise-)Eis wird manchmal zum Gegenstand der Rechtsprechung – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Nachfolgend haben wir eine kleine Auswahl aus der „Eis-Rechtsprechung“ für Sie zusammengestellt:

  • „Eiscreme“, „Milcheis“ oder „Eis“? 

Zunächst ein kurzer Ausflug ins Lebensmittelrecht: Wussten Sie, dass „Eis“ nicht gleich „Eis“ ist und man an den Bezeichnungen schon erkennen kann, wie hoch beispielsweise der Milchanteil im Eis ist? So darf Speiseeis nur dann als „Eiscreme“ bezeichnet werden, wenn das verwendete Fett zu mindestens 10% aus Milch stammt. „Milcheis“ hingegen muss zu mindestens 70% aus Milch bestehen, „Rahm-“ oder „Sahneeis“ mindestens 18 % Milchfett aus der bei der Herstellung verwendeten Sahne (Rahm) enthalten. Wird Eis unter Verwendung pflanzlicher Fette hergestellt, darf es lediglich als „Eis“ bezeichnet werden. Auch für die Bezeichnungen „Sorbet“, „Fruchteis“, „Wassereis“ oder „Erdbeereis“ hat die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission in ihren Leitsätzen „Speiseeis“ genaue Vorgaben gemacht. Wenn Sie also im Sommer genau wissen wollen, was Sie da eigentlich essen, lohnt sich ein Blick in die Leitsätze.

  • „Champagner Sorbet“

Sicherlich der bekannteste „Eis-Fall“ der jüngeren Rechtsprechung, der nicht nur den BGH, sondern auch den EuGH beschäftigt hat, dreht sich um das „Champagner Sorbet“. Kurz zum Hintergrund: Im Jahre 2012 hatte das „Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne“, ein Verband französischer Hersteller von Champagner, vor dem Landgericht München gegen die Verwendung der Bezeichnung „Champagner Sorbet“ für Speiseeis geklagt. Bei „Champagne“ handele es sich um eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.), die durch die Bezeichnung eines Eises als „Champagner Sorbet“ verletzt werde. Der Streit ging bis vor den BGH, der dem EuGH mehrere Fragen zum Schutzumfang von Ursprungsbezeichnungen vorlegte (Beschluss vom 2. Juni 2016, I ZR 268/14). Der EuGH beantwortete die Vorlagefragen dahingehend, dass ein unberechtigtes Ausnutzen der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne“ nur dann vorliege, wenn das als „Champagner Sorbet“ bezeichnete Speiseeis nicht „als wesentliche Eigenschaft“ einen hauptsächlich durch die Zutat Champagner hervorgerufenen Geschmack aufweise. Anders ausgedrückt: Schmeckt das Produkt nach Champagner und ist dieser Geschmack auch tatsächlich auf Champagner als Zutat zurückzuführen (nicht also etwa auf ein Aroma), wird die geschützte Ursprungsbezeichnung nicht unberechtigt ausgenutzt (EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017, Rs. C-393/16). 

Mit Urteil vom 19. Juli 2018 verwies der BGH die Sache im Anschluss an das OLG München zurück und gab diesem auf, zunächst Feststellungen zur geschmacksbestimmenden Eigenschaft der Zutat Champagner im streitgegenständlichen „Champagner Sorbet“ zu treffen. Das OLG München schließlich urteilte am 1. Juli 2021 (Az. 29 U 1698/14), dass im konkreten Fall eine Irreführung vorlag, weil das „Champagner Sorbet“ gerade nicht nach Champagner schmeckte. Interessanter verfahrensrechtlicher Aspekt: Weil das Produkt zum Zeitpunkt der Beweiserhebung über diese Frage nicht mehr existierte, wurde dieser Beweis geführt durch Einvernahme eines Zeugen über seinen Verkostungseindruck.

  • Plombir

Um eine Löschungsklage ging es in dem vom Europäischen Gericht (EuG) im Dezember 2018 entschiedenen Fall PLOMBIR (Rs. T-830/16). Ein Wettbewerber hatte auf Löschung der Marke PLOMBIR, eingetragen u.a. für Milch und Milchprodukte sowie Speiseeis, geklagt. Letztlich war er vor dem EuG erfolgreich: „PLOMBIR“ bedeute auf Russisch „Sahneeis“. Weil auf das Verkehrsverständnis derjenigen Verkehrskreise innerhalb der EU, die des Russischen mächtig sind, abzustellen sei, sei der Begriff rein beschreibend und daher aus dem Register zu löschen.

  • Ozmo Cornet

Und dass auch Marken und Designs miteinander kollidieren können, zeigt der dritte „Eis-Fall“, entschieden vom EuG am 7. Februar 2018 (T 794/16).
Es ging u.a. um dieses Gemeinschaftsgeschmacksmuster unter der Bezeichnung „Bobo Cornet“:



Gegen dessen Eintragung klagte der Inhaber der Wort-Bild-Marke „Ozmo Cornet“. Das Europäische Gericht (EuG) gab ihm recht: Zwischen dem Geschmacksmuster und der (älteren) Marke bestehe Verwechslungsgefahr: Die Wortbestandteile „bobo“ und „ozmo“ seien in sowohl in der Länge, als auch in Klang und Schriftbild sehr ähnlich und folgten zudem demselben Sprechrhythmus. Es bestehe außerdem eine konzeptionelle Ähnlichkeit, da der hier maßgebliche Verkehrskreis – bulgarische Verbraucher - den Begriff „cornet“ als Hinweis auf das Musikinstrument „Kornett“ verstehe, dessen Form derjenigen des Produktes ähnlich sei. Das (jüngere) Gemeinschaftsgeschmacksmuster wurde daher aus dem Register gelöscht.

Apropos Eis: Kennen Sie sich aus mit Eismarken? Machen Sie in unserem Sommer-Marken-Quiz hier den Test!

Sommer-Eismarken-Quiz


4. SENSATIONAL! Kochen mit Produkten mit geografischen Angaben

Sollten Sie in den Ferien Zeit haben und Lust aufs Kochen verspüren: Kochen Sie doch mal mit Produkten, die in der EU durch geografische Angaben geschützt sind! In dem Kochbuch SENSATIONAL!, das die Europäische Kommission herausgegeben hat, verraten europäische Spitzenköchinnen und -köche, wie Erzeugnisse mit geografischen Angaben aus ihren Ländern ein Gericht verfeinern können und berichten über ihre Leidenschaft für diese Produkte, mit denen sie aufgewachsen sind und die zu ihrem kulinarischen Erfolg beigetragen haben. Das Kochbuch kann auf dieser Seite der Kommission in verschiedenen Sprachen herunter geladen werden. Hier wird außerdem erklärt, was geografische Angaben sind und wie sie geschützt werden – und so schließt sich auch der Kreis zu den Schwarzwälder Kuckucksuhren.

Wir wünschen Ihnen einen tollen Sommer mit viel Eis und sonstigen Köstlichkeiten!

In dieser Serie

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Auch Banken werben für ihre Finanzprodukte immer häufiger mit umweltbezogenen Aussagen, sog. „Green Claims“. Das LG Stuttgart hat nun einem Fonds die Werbung mit einer „messbaren ökologischen Wirkung“ untersagt. Wie passt ein solches wettbewerbsrechtliches Verbot zusammen mit den Offenlegungspflichten der Banken?

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von Dr. Verena Ritter-Döring, Dr. Wiebke Baars, LL.M.

Marken & Werbung

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TW Newsflash Marke Design Wettbewerb

7. June 2023

von Ina Kamps, M.A.

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