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7. Dezember 2022

Newsletter Marke-Design-Wettbewerb Dezember 2022 – 2 von 6 Insights

Ernsthafte Benutzung einer 3D-Marke: Taylor Wessing obsiegt vor dem EuG

  • Briefing
Die „ernsthafte Benutzung“ einer Marke ist immer wieder Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen, insbesondere in Fällen, in denen – häufig durch einen Mitbewerber - ein Antrag auf Erklärung des Verfalls der Marke gestellt wird. In einer aktuellen Entscheidung des EuG (Urteil vom 26.10.2022, Rs. T-273/21, Bazooka (Topps)) ist ein Team von Taylor Wessing erfolgreich gegen eine Entscheidung der Beschwerdekammer vorgegangen, die eine 3D-Marke in Form einer Babyflasche für Süßwaren wegen Nichtbenutzung für verfallen erklärt hatte.
Der nun entschiedene Fall hat weitreichende Folgen für die Inhaber von 3D-Marken und den Nachweis der ernsthaften Benutzung.

Kurz zusammengefasst: Worum ging es?

  • Die angefochtene Marke ist als schwarz-weiße Darstellung in der Form einer Babyflasche eingetragen. Die tatsächlich benutzte Marke weist zwar die gleiche Form auf, enthält aber zusätzliche Wort-/Bildelemente, die auf dem Produkt in der Form der eingetragenen Marke aufgebracht sind:

  • Markenregister Babyflasche
  • Das Unionsmarkenrecht sieht vor, dass eine im Unionsmarkenregister eingetragene Marke auf Antrag beim EUIPO für verfallen erklärt wird, „wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist“ (Art. 58 Abs. 1 Buchst. a UMV). Eine „ernsthafte Benutzung“ in diesem Sinn ist auch die Benutzung in einer abweichenden Form, wobei die abweichenden Bestandteile die Unterscheidungskraft der Marke in der Form, in der diese eingetragen ist, nicht verändern dürfen.
  • Die Beschwerdekammer vertrat in ihrer Entscheidung die Auffassung, dass es sich bei der von der Markeninhaberin nachgewiesenen tatsächlichen Benutzung (Bild oben rechts) weder um eine Benutzung der angefochtenen Marke in der eingetragenen Form noch um eine Benutzung in einer Form handele, die die Unterscheidungskraft der Marke nicht verändere. Nach Meinung der Kammer sei die angefochtene Marke in der eingetragenen Form mit den zusätzlichen Bild- und Wortelementen zu einem anderen Zeichen verschmolzen, so dass die eingetragene Marke (Bild oben links) nicht als eigenständige Marke wahrgenommen werden könne.
  • Das Europäische Gericht (EuG) bestätigte hingegen mit Urteil vom 26. Oktober 2022, dass die Kombination einer 3D-Marke mit Bild-/Wortelementen die Unterscheidungskraft dieser Marke nicht verändert. Das Gericht stellte fest, dass Waren in den seltensten Fällen ausschließlich in ihrer Form, also ohne weitere Wort- oder Bildelemente bzw. Markierungen auf der Oberfläche benutzt würden. Die im vorliegenden Fall hinzugefügten Elemente, die die angefochtene Marke in der benutzten Form größtenteils überdecken, dominierten nach Meinung des Gerichts den Gesamteindruck nicht. Sie könnten die Bestimmung der betrieblichen Herkunft der beanspruchten Waren erleichtern, veränderten aber nicht die Unterscheidungskraft der angefochtenen Marke. Die eingetragene Marke sei deswegen trotz der Hinzufügung weiterer grafischer Elemente auf der Oberfläche rechtserhaltend benutzt worden.

  • Der Fall im Einzelnen:

    Im Dezember 2018 wurde gegen die oben abgebildete 3D-Marke ein Antrag auf Erklärung des Verfalls wegen Nichtbenutzung gestellt. Die Marke ist eingetragen in Klasse 30 für „confectionary [Süßwaren]; sugar confectionary [Zuckerkonfekt]; candy [Bonbons]; sweets [Bonbons]; sherbet [Brausepulver]".

    Die Nichtigkeitsabteilung gab dem Antrag auf Erklärung des Verfalls in Bezug auf alle von der angefochtenen Marke erfassten Waren im Mai 2020 statt. Im März 2021 bestätigte die Beschwerdekammer die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung. Sie stellte fest, dass die Unterscheidungskraft der angefochtenen Marke, die aus einer in üblicher Weise geformten Babyflasche bestehe, gering sei. Die als Benutzungsnachweis vorgelegten Formen unterschieden sich von der durch die angefochtene Marke geschützten Form erheblich. Die hinzugefügten Wort- und Bildelemente seien für sich unterscheidungskräftig und daher nicht zu vernachlässigen. Die nachgewiesene Benutzung sei daher weder eine Benutzung der angefochtenen Marke in der eingetragenen Form noch eine Benutzung in einer Form, die in Bestandteilen abweiche, die die Unterscheidungskraft der Marke nicht veränderten

    Das EuG prüfte zwei Hauptfragen:

    1. Zur Unterscheidungskraft der angefochtenen Marke

    Die Beschwerdekammer sprach der angefochtenen Marke eine nur geringe Unterscheidungskraft zu, da es sich um ein gewöhnliches Behältnis handele und die Form einer Babyflasche für die in Klasse 30 geschützten Waren nicht ungewöhnlich sei. Das EuG schloss sich in seinem Urteil demgegenüber dem Vorbringen der Markeninhaberin an, dass die angefochtene Marke für Süßwaren eingetragen worden sei, die nichts mit Waren zu tun hätten, die für die Ernährung von Babys mit Milch verwendet würden. Es könne daher nicht der Schluss gezogen werden, dass die angefochtene Marke nur deshalb eine geringe Unterscheidungskraft habe, weil sie aus einer in üblicher Weise geformten Babyflasche bestehe.

    Weiter, so das Gericht, sei die Eintragung der angefochtenen Marke als Unionsmarke zulässig gewesen, die Marke also nicht entgegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b UMV (fehlende Unterscheidungskraft) eingetragen worden. Zum Zeitpunkt der Eintragung war das EUIPO der Ansicht, dass die Marke erheblich von den Normen oder Gepflogenheiten der betreffenden (Süßwaren-)Branche, abweiche.

    Aus den im Laufe des Verfahrens vor dem EUIPO vorgelegten Unterlagen gehe zudem hervor, dass die angefochtene Marke regelmäßig als Süßigkeit in Form einer Babyflasche beschrieben wurde und die Betonung der Form einer Ware – hier der Babyflasche – in der Süßwarenbranche selten sei. Schließlich habe, so das Gericht, eine Babyflasche in der allgemeinen Wahrnehmung keinen anderen Zweck als die Aufbewahrung von Milch oder eines Babygetränks.

    Das EuG stellte daher zusammenfassend fest, dass die angefochtene Marke eine durchschnittliche (nicht geringe) originäre Unterscheidungskraft besitzt.

    2. Zur Frage, ob die Kombination einer 3D-Marke mit Bild-/Wortelementen die Unterscheidungskraft der Marke verändert und den Gesamteindruck dominiert

    Das EuG widerspricht der Ansicht der Beschwerdekammer, dass die Benutzung der Marke in der dargestellten Form weder eine Benutzung der angefochtenen Marke in der eingetragenen Form noch eine Benutzung in einer Form sei, die in ihren Bestandteilen abweiche und die Unterscheidungskraft der Marke nicht verändere. Die angefochtene Marke in der eingetragenen Form sei entgegen der Ansicht der Beschwerdekammer nicht mit den zusätzlichen Bild- und Wortelementen zu einem anderen Zeichen verschmolzen.

    Dazu stellte das Gericht in seiner Urteilsbegründung fest:
  • Eine ernsthafte Benutzung könne auch vorliegen, wenn eine Marke in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt werde, sofern die Marke weiterhin als Hinweis auf die Herkunft der fraglichen Ware wahrgenommen werde. Im vorliegenden Fall verändere die Hinzufügung der Marke „BIG BABY POP!“ sowie der anderen Bild-/Wortelemente die Form der eingetragenen 3D-Marke nicht, da der Verbraucher die Form weiterhin erkennen könne.
  • Dass die Aufbringung der Marke BIG BABY POP! die Bestimmung der betrieblichen Herkunft der Bonbons erleichtert haben könnte, stehe nicht im Widerspruch zu der Annahme, dass die zusätzlichen grafischen Elemente die Unterscheidungskraft der 3D-Marke nicht beeinträchtigt haben. Andernfalls würde die relativ übliche Hinzufügung eines Wortelements zu einer 3D-Marke zwangsläufig eine Veränderung der Unterscheidungskraft dieser Marke bedeuten.
  • In der Süßwarenbranche ist die Kombination einer 3D-Form mit zusätzlichen Wort-/Bildelementen üblich. Aus kommerzieller und rechtlicher Sicht sei es undenkbar, die fraglichen Waren ohne ein Etikett auf ihrer Oberfläche zu verkaufen.
  • Die Wort-/Bildbestandteile seien weniger auffällig und unterscheidungskräftig als die Form der Ware. Die Marke „BIG BABY POP!“ spiele auf die Form einer Babyflasche an. Das stilisierte "i" in der Form der Babyflasche erinnere an diese Form, das Wort "Baby" verweise auf die Benutzer von Babyflaschen und die Verwendung einer Babyfigur auf Babys.
  • Im Ergebnis stellt das Gericht fest, dass die Bild-/Wortelemente die Unterscheidungskraft der angefochtenen Marke in Gestalt der Form des vertriebenen Produktes nicht veränderten, auch wenn sie die Bestimmung der betrieblichen Herkunft der Waren hätten erleichtern können. Die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, dass die angefochtene Marke mit den zusätzlichen Bild- und Wortelementen zu einem anderen Zeichen verschmolzen sei. Die Form, aus der die Marke bestehe, werde von den maßgeblichen Verkehrskreisen weiterhin als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren wahrgenommen.

    Praxishinweis:

    Der Fall hat erhebliche Auswirkungen auf die Inhaber von 3D-Marken. Produkte werden in den seltensten Fällen nur als Form, also ohne Hinzufügung weiterer Wort-/Bildelemente auf der Oberfläche verwendet. Hätte das EuG die Entscheidung des EUIPO bestätigt, hätte es für Markeninhaber zukünftig sehr schwierig werden können, die ernsthafte Benutzung ihrer 3D-Marken nachzuweisen.

    Die Markeninhaberin wurde von einem deutsch-englischen Team von Taylor Wessing beraten (EUIPO: Roland Mallinson und Simon Jupp; Prozessvertretung EuG: Dr. Dirk Wieddekind und Daniel Wiemann).
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