Autor

Johannes Loch, LL.M. (Cape Town)

Associate

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22. September 2022

Covid-19-Update: Aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

  • Briefing

Die Corona-Pandemie beschäftigt weiterhin das Bundesarbeitsarbeitsgericht (BAG). In drei aktuellen Entscheidungen befasste sich das Gericht mit der Vergütungspflicht im Zusammenhang mit Betretungsverboten, den Auswirkungen einer Quarantäne während des Urlaubs und der Pfändbarkeit von Corona-Prämien. Diese Urteile und die prognostizierten hohen Fallzahlen für den kommenden Winter zeigen: Die Covid-19-Pandemie stellt die Unternehmen weiterhin vor umfangreiche (rechtliche) Herausforderungen. Um die betrieblichen Risiken in den kommenden Monaten zu minimieren, sollten Arbeitgeber frühzeitig unter Beachtung der jüngst vom Gesetzgeber beschlossenen Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung ihre Hygienekonzepte aktualisieren und passende Notfallpläne entwickeln.

Freitesten im Betrieb? Vergütungspflicht bei unberechtigtem Betretungsverbot

In seinem Urteil vom 25. August 2022 (AZR 14/22; siehe Pressemitteilung des Gerichts) sprach das BAG einem Arbeitnehmer einen Vergütungsanspruch zu, dem trotz Vorlage eines negativen Corona-Tests der Zutritt zum Betrieb nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet verwehrt wurde.

Das Hygienekonzept des beklagten Arbeitgebers sah für Arbeitnehmer, die aus einem vom Robert-Koch-Institut eingestuften Risikogebiet zurückkehrten, eine 14-tägige Quarantänepflicht mit Betretungsverbot des Betriebs ohne Entgeltanspruch vor. Als der Kläger aus einem solchen Risikogebiet zurückkehrte, wurde ihm der Zugang zum Betrieb für zwei Wochen verwehrt und das Entgelt in dieser Zeit nicht gezahlt. Der Kläger klagte erfolgreich auf Zahlung der unterlassenen Vergütung. Nach dem BAG seien die Voraussetzungen einer Vergütung wegen Annahmeverzuges (§ 615 S. 1 BGB) erfüllt. Der Kläger sei zur Leistung fähig gewesen. Vielmehr habe der Arbeitgeber die nicht erbrachte Arbeit des Arbeitnehmers verursacht. Das Betretungsverbot ohne Entgeltzahlung sei eine unbillige Weisung (§ 106 GewO). Stattdessen hätte der Arbeitgeber von dem Mitarbeiter einen negativen PCR-Test fordern können, um die Gesundheit der Belegschaft (§ 619 Abs. 1 BGB) zu sichern und den Betriebsablauf nicht zu gefährden. Dass ein Arbeitnehmer Corona-Tests einseitig anordnen kann, entschied das BAG bereits in seinem Urteil vom 01. Juni 2022 (5 AZR 28/22).

Vor diesem Hintergrund sollten Arbeitgeber ihre Hygienekonzepte überprüfen und an die aktuellen Entwicklungen der Pandemie anpassen. Maßnahmen, die in den vergangenen zwei Jahren nötig waren, können sich mittlerweile als unverhältnismäßig erweisen. Eine pauschale Quarantäne – Weisung ohne die Möglichkeit des „Freitestens“ wird in der jetzigen Situation nicht mehr haltbar sein.

Gutschrift von Urlaubstagen bei einer Quarantäne-Anordnung während des Urlaubs?

Hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf die Gutschrift seiner Urlaubstage, wenn er sich während des Urlaubs in einer behördlich angeordneten Quarantäne befand? Diese Frage legte das BAG in einem Vorabentscheidungsersuchen dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vor (BAG, Beschluss vom 16. August 2022 – 9 AZR 76/22 ; zur Pressemitteilung).

Ein Arbeitnehmer, der sich im gesamten Urlaub in einer behördlich angeordneten Quarantäne befand, klagte auf Gutschrift dieser Tage. § 9 BurlG sieht eine solche Gutschrift bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vor. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass eine behördliche Quarantäneanordnung einen vergleichbaren Grund für eine Gutschrift darstelle.

Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH aus Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union eine Pflicht zur Gutschrift von Urlaubstagen während einer behördlich angeordneten Quarantäne ableiten wird. Die herrschende Auffassung der Landesarbeitsgerichte lehnt eine analoge Anwendung des § 9 BurlG in solchen Fällen ab (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 16. Februar 2022 – 10 Sa 62/21). Dem Arbeitnehmer entstünden typischerweise nicht die mit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit einhergehenden Beeinträchtigungen. Anders als bei einer Erkrankung führe die Absonderung nicht in jedem Fall zu einer Befreiung von der Arbeitspflicht. Denn Mitarbeiter im Home-Office sind allein durch eine Anordnung einer Quarantäne nicht in ihrer Arbeitsleistung beschränkt. Entsprechend falle eine Quarantäneanordnung während des Urlaubs in den Risikobereich des Arbeitnehmers.

Unpfändbarkeit einer Corona-Sonderzahlung

Eine Corona-Sonderzahlung des Arbeitsgebers ist nicht pfändbar, sofern sie eine besondere Erschwernis bei der Arbeitsleistung kompensieren soll (BAG Urteil vom 25. August 2022 – AZR 14/22 – siehe Pressemitteilung).

Die Insolvenzverwalterin einer Mitarbeiterin des Beklagten begehrte zusätzlich zur Pfändung des Nettoverdienstes die Pfändung einer der Mitarbeiterin zugesprochenen Corona-Prämie in Höhe von 400 Euro. Die Pfändbarkeit der Corona-Sonderzahlung verneinte das BAG. Eine Corona-Prämie, die eine besondere Belastung bei der Arbeitsleistung ausgleichen solle, sei nicht Teil des Einkommens, sondern stelle eine unpfändbare Erschwerniszulage dar (§ 850a Nr. 3 ZPO).

Damit bestimmt das BAG einen branchenübergreifenden Pfändungsschutz von Corona-Sonderzahlungen, den der Gesetzgeber lediglich für Beschäftigte im Pflegebereich (§ 150a Abs. 8 S. 4 SGB XI) ausdrücklich normierte. Der Pfändungsschutz wird in der Höhe begrenzt, indem die Zulage im „Rahmen des Üblichen“ liegen muss. Dies sei laut Vorinstanz aus gesetzgeberischer Wertung zumindest bis zu einem Betrag von 1.500 Euro der Fall. Sonderzahlungen des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sind in dieser Höhe steuer- und abgabenfrei (vgl. § 3 Nr. 11 a EstG).

Ausblick: Aktualisierung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung

Auch wenn der Gesetzgeber die Maßnahmen der vergangenen Jahre zur Eindämmung der Pandemie teilweise aufhob oder einschränkte, sind in den kommenden Monaten weiterhin eine Vielzahl von Schutzbestimmungen im Betrieb zu beachten Die von der Bundesregierung am 24. August 2022 verabschiedete Änderung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung regt an, dass die betriebsbedingten Kontakte eingeschränkt, Home-Office-Arbeit ermöglicht und Testmöglichkeiten im Betrieb angeboten werden. Arbeitgeber sollten daher frühzeitig ihre Betriebsabläufe für die Wintermonate unter Beachtung der geltenden Bestimmungen anpassen. Hierbei ist insbesondere die Konzeption eines betrieblichen Notfallplans hilfreich. Dieser legt die wichtigsten Schritte bei Beeinträchtigungen durch das Corona-Virus im Unternehmen fest. So können Mitarbeiter geschützt und der fortlaufende Betrieb gesichert werden.

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