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24. August 2022

Licht aus und Türe zu – Vorsorge-Appell für mehr Energiesicherheit

  • Briefing

Der Sommer geht zu Ende – und die Politik will auf die sich nun weiter verschärfende Energieknappheit reagieren. Mit der Kurzfrist-Energiesicherungsverordnung, deren Entwurf seit dem 15. August 2022 vorliegt, soll der Eintritt einer Notfallsituation möglichst vermieden werden. Die neue Verordnung möchte in ausgewählten Bereichen offensichtlich unnötige Energieverschwendung untersagen und gleichzeitig einen Anstoß zu weiteren Sparmaßnahmen setzen. Was bedeutet die geplante Verordnung im Einzelnen? 


Wie lange gilt die geplante Verordnung?

Die geplante Verordnung soll ab dem 1. September 2022 auf sechs Monate begrenzt bis Ende Februar 2023, also für die Haupt-Heizperiode, gelten. Sie wird durch die auf zwei Jahre angelegte, ebenfalls geplante Verordnung über Effizienz- und Energieeinsparmaßnahmen ergänzt. Beide Verordnungen sollen rund 20 Terawattstunden oder zwei Prozent des jährlichen Gasverbrauchs einsparen. Dies ist aber nur eine Schätzung auf ungewisser Tatsachengrundlage. 

Wen betrifft die geplante Verordnung?

Die geplante Verordnung wendet sich an Privathaushalte, Nutzer öffentlicher Gebäude, Unternehmen, insbesondere auch an den Handel, Gaslieferanten und Wohnungsvermieter.

Was gilt für Privathaushalte?

Für Privathaushalte enthält die Verordnung wenige Bestimmungen, etwa zum Verbot von Vereinbarungen über Mindesttemperaturen in vermieteten Wohnräumen oder zur Beheizung privater Innen- oder Außenpools. Letztere Regelung ist öffentlichkeitswirksam. Gleichwohl enthält die Verordnung auch für Poolbesitzer Ausnahmen: Poolanalagen dürfen etwa weiter beheizt werden, wenn dies zwingen für therapeutische Zwecke notwendig ist oder Schäden von der Poolanlage abwendet. Nach der Begründung soll – anstatt das Wasser im Winter abzulassen – eine Beheizung aus Gründen des Frostschutzes möglich sein. Wichtig: Für gewerbliche Pool-Anlagen, also etwa Thermalbäder oder Kurhäuser, Reha-Zentren oder Hotels- und Freizeiteinrichtungen, gilt diese Vorschrift nicht. 

Welche Regelungen sieht die geplante Verordnung für öffentliche Gebäude vor?

Die geplante Verordnung schreibt grundsätzlich vier Energiesparmaßnahmen vor: Keine Beheizung von Gemeinschaftsflächen, kein Warmwasser, keine Beleuchtung der Außenfassade oder von Denkmälern sowie die verpflichtende Absenkung der Temperatur in Arbeitsräumen. Auch hier gibt es Ausnahmen, so z.B. für medizinische Einrichtungen, Pflegeeinrichtungen oder Kindertagesstätten. Wenn zudem die Beheizung zur Abwehr von Substanzschäden am Gebäude notwendig ist oder die Nichtbeheizung in anderen Bereichen einen höheren Energieverbrauch nach sich zieht, kann es weiterhin beim Beheizen bleiben. Die Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden ist nur dann gestattet, wenn dies zur Verkehrssicherheit oder Gefahrenabwehr notwendig ist. 

Welche Pflichten sollen Gaslieferanten treffen? 

Gaslieferanten sind zur Information über den Energieverbrauch und -kosten des Gebäudes in der vergangenen Heizperiode, zu den voraussichtlichen Energiekosten für die Heizperiode 2022/2023 und zum Einsparpotenzial bei durchgängiger Reduktion der Temperatur um 1 Grad Celsius aufgefordert. Zwar bietet diese Information gewisse Kalkulationssicherheit. Jedoch ist diese Information angesichts der volatilen Preise kaum mehr als der Appell, sich auf höhere Rechnungen einzustellen. 

Was soll für Vermieter gelten?

Nach derzeitiger Planung soll jeder Eigentümer von Wohngebäuden den Nutzern Informationen und Internetadressen von Verbraucherorganisationen, Energieagenturen und sonstigen Einrichtungen mit Informationen zur Energieeffizienzverbesserung, Endnutzer-Vergleichsprofilen und objektiven technischen Spezifikationen für energiebetriebene Geräte zur Verfügung stellen. Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten mit Gasanschluss für Heizung und Warmwasser sollen ähnliche Pflichten wie Gaslieferanten treffen, auch sie sollen also die Nutzer (in der Regel die Wohnungsmieter) über die zu erwartenden Mehrkosten sowie über den spezifischen Verbrauch der Wohneinheit informieren. Nicht im Blick hat der Verordnungsentwurf augenscheinlich Vermieter von Wohnungen mit eigener Gastherme. Hier schließt der Mieter typischerweise direkt mit dem Gasversorger einen Versorgungsvertrag ohne Beteiligung des Vermieters. Der Vermieter hat in diesem Fall keine Kenntnis vom spezifischen Verbrauch der Wohnung und ist nicht in der Lage, dem Mieter hierzu Informationen zukommen zu lassen. Der Gesetzesentwurf verpflichtet den Vermieter gleichwohl zur Erteilung umfassender Auskünfte. Hier besteht noch Nachbesserungsbedarf.

Gilt bald Leuchtreklame aus und Ladentüren zu? 

Im Prinzip ist das richtig. Der Einzelhandel muss grundsätzlich Ladentüren geschlossen halten – außer bei Fluchtwegen oder Notausgängen. Und von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages bleibt die Leuchtreklame aus, es sei denn, dass dies wiederum aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aufgrund anderer Rechtsvorschriften bzw. behördlicher Anordnung vorgeschrieben ist. Der Einzelhandel hat bereits Sicherheitsbedenken geäußert und vor dunklen Innenstädten gewarnt. Diese Regelung adressiert nicht nur Ladeninhaber, sondern auch z.B. Betreiber von Einkaufscentern oder Shoppingmalls. Auch diese müssen sicherstellen, dass die Eingangstüren nicht unnötig geöffnet bleiben.

Muss man sich demnächst „warmarbeiten“?

Die Temperatur am Arbeitsplatz ist derzeit in den sogenannten Technischen Regeln für Arbeitsstätten festgelegt. Nunmehr soll die Temperatur am Arbeitsplatz grundsätzlich um 1 Grad Celsius abgesenkt werden. Zukünftig soll die Lufttemperatur zum Beispiel bei leichter, überwiegend sitzender Tätigkeit auf 19 Grad Celsius (statt bisher 20 Grad Celsius) abgesenkt werden, bei körperlich schwerer Arbeit gelten sogar nur 12 Grad Celsius. Für Arbeitsräume in öffentlichen Gebäuden ist dies verpflichtend. Die vorgenannten Temperaturen sind Höchstwerte, die in Arbeitsräumen in öffentlichen Gebäuden nicht überschritten werden dürfen (Festlegung einer Höchstheiztemperatur). In anderen Gebäuden sollen die vorgenannten Werte jedenfalls nicht unterschritten werden (Absenkung der Mindesttemperatur an Arbeitsstätten). 
Die gesetzliche Absenkung der Mindesttemperatur an Arbeitsstätten ist auch für Vermieter von Gewerberäumen interessant, weil damit zumindest mittelbar eine Aussage zu der Frage getroffen wird, welche Temperaturen in einem Mietobjekt, das als Arbeitsstätte genutzt wird, zur Verfügung zu stellen sind. Abweichende mietvertragliche Regelungen können hier allerdings vorrangig sein.
Ausnahmen hinsichtlich der Höchstheiztemperatur gelten wiederum für Kliniken, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Schulen und Kindertagessstätten oder ähnlichen Gebäuden mit gesundheitlich vulnerablen Personen. Hier darf es wärmer sein. Von den Höchstheiztemperaturen kann auch dann eine Ausnahme erfolgen, wenn bestimmte Personengruppen in der Gesundheit gefährdet und andere Schutzmaßnahmen unmöglich bzw. nicht ausreichend sind.

Zwar könnte man vertreten, dass die Beschäftigten ein Grad mehr oder weniger aushalten können. Andererseits beruhen die bisherigen Mindesttemperaturen auf gesicherten arbeitswissenschaftlichen Kenntnissen. Zu erwarten ist auch, dass Betriebsräte eine geplante Temperaurabsenkung zum Anlass nehmen, Energieverschwendung am Arbeitsplatz grundsätzlich zu thematisieren (siehe hier zum Energiesparen am Arbeitsplatz), selbst wenn man mit guten Gründen ein Mitbestimmungsrecht bei der geplanten Temperaturabsenkung verneinen wird können.

Fazit

Zwar ist das Ziel der Verordnung, Energie einzusparen, zu loben – nicht nur mit Blick auf die Klimakrise und den Ukrainekrieg. Die Verordnung dürfte jedoch primär nur ein Appel sein, zumal die Verordnung keine klaren Rechtsfolgen bei Nichtbefolgung enthält und der Normvollzug jedenfalls fraglich erscheint. 

Die Begründung zeigt auch, dass in den meisten der geplanten Regelungsbereichen Unklarheit herrscht, welches Energieeinsparpotenzial damit verbunden ist. Gleichzeitig fällt auf, dass die Verordnung in einigen – zugegeben liebgewonnenen – Bereichen keine Impulse zum Energiesparen setzt, etwa bei der Weihnachts-, Garten- und Gebäudebeleuchtung gerade im privaten Bereich. 

Einiges an der Verordnung wirkt eher bürokratie-vermehrend, so insbesondere die Informationspflichten. Daher dürfte zu befürchten sein, dass diese statt Kurzfrist-Energieeinsparung primär Rechtsunsicherheit und zusätzliche Bürokratiekosten bei eher ungewissem Nutzen nach sich zieht.

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