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3. August 2022

Newsletter Marke-Design-Wettbewerb August 2022 – 4 von 4 Insights

TW Newsflash Marke Design Wettbewerb: Von Marken für virtuelle Waren und NFTs, der „ernsthaften Benutzung“ und einem EU-Rezept für Pizza Napoletana

  • Briefing

EUIPO zu virtuellen Waren, Non-Fungible Tokens (NFT) und Metaverse

Angesichts der rasanten Entwicklungen des sog. Metaverse stellt sich Markeninhabern immer drängender die Frage, ob der Schutz bereits bestehender Marken ausreicht oder explizit um „virtuelle Waren“ erweitert werden bzw. Marken ggf. sogar neu angemeldet werden sollten. Sowohl im Hinblick auf die Ausweitung der eigenen Tätigkeit in virtuelle Welten, als auch zur Abwehr von Markenverletzungen in Welten wie Decentraland, The Sandbox, Roblox & Co. muss der Schutzumfang der eigenen Marken überdacht werden.

Bis vor kurzem war allerdings nicht klar, welchen Ansatz die Markenämter bei der Einordnung virtueller Waren verfolgen würden. Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) hat sich hierzu nun erstmals offiziell geäußert. Als Reaktion auf die steigende Zahl von Anmeldungen für „virtuelle Waren“ hat es angekündigt, wie es bei der Klassifizierung derartiger Waren sowie sog. Non-Fungible-Tokens (NFT) vorgehen will (zur offiziellen Meldung hier). Danach verfolgt das EUIPO folgenden Ansatz für Klassifizierungszwecke:

  • „Virtuelle Waren gehören in Klasse 9, weil sie als digitale Inhalte oder Bilder behandelt werden. Dem Begriff virtuelle Waren in Alleinstellung mangelt es jedoch an Klarheit und Genauigkeit; daher muss er durch Angabe des Inhalts, auf den sich die virtuellen Waren beziehen, näher spezifiziert werden (z.B. herunterladbare virtuelle Waren, nämlich virtuelle Kleidung).“
  • „In die 12. Ausgabe der Nizzaer Klassifikation wird der Begriff herunterladbare, durch Non-Fungible-Tokens authentifizierte digitale Dateien in Klasse 9 aufgenommen. NFT werden als in einer Blockchain registrierte eindeutige digitale Zertifikate behandelt, die digitale Artikel authentifizieren, sich aber von diesen digitalen Artikeln unterscheiden. Für das Amt ist der Begriff Non-Fungible-Tokens allein nicht zulässig. Die Art des digitalen Artikels, der durch ein NFT authentifiziert wurde, muss angegeben werden.“

Das EUIPO führt weiter aus, dass Dienstleistungen, die sich auf virtuelle Güter und NFTs beziehen, gemäß den etablierten Grundsätzen der Klassifizierung von Dienstleistungen klassifiziert werden. Dies bedeutet, dass z.B. Einzelhandelsdienstleistungen für virtuelle Güter in Klasse 35 fallen würden. Der Ansatz des EUIPO ist im Entwurf der Richtlinien für 2023 dargelegt, zu dem Interessengruppen noch bis zum 3. Oktober 2022 Stellung nehmen können.

Praxishinweis:

Inhaltlich ist die Einordnung „virtueller Güter“ in Klasse 9 keine Überraschung. Erfreulich ist, dass das EUIPO recht zügig auf die Anmeldeflut reagiert hat und die Leitlinien Markeninhabern nun eine „offizielle“ Orientierung geben. Zugleich bieten sie Anlass für neue z.T. heikle Fragestellungen - wer kann schon sagen, ob "virtuelle Turnschuhe" und "virtuelle Burger" ähnlich sind? Zudem lassen sie wichtige Fragen offen: So ist z.B. nicht klar, wie nicht herunterladbare virtuelle Güter klassifiziert werden oder wie mit NFTs umgegangen wird, die an „physische“, also real existierende Waren gebunden sind. Wir verfolgen die Entwicklungen für Sie und beraten Sie gerne – siehe dazu auch unsere Updates „Filing strategies for brands in the Metaverse“  sowie „Brands and NFTs“.  Auch mit unserem Metaverse Update bleiben Sie diesbezüglich immer up to date.

 

THINK DIFFERENT – but use it as a trade mark!

Immer wieder werden Marken – häufig auf Antrag eines Mitbewerbers – wegen Nichtbenutzung für verfallen erklärt. Besonders ärgerlich ist dies, wenn die Marke zwar auf den Produkten des Markeninhabers aufgebracht, also faktisch genutzt wurde, dies aber nicht als Herkunftshinweis, sondern als (bloße) Werbeaussage oder Zusatz zur Produktbeschreibung. Eine solche Verwendung der Marke reicht, wie das EuG in einem Urteil vom 8. Juni 2022  (verb. Rs. T-26/21-T-28/21, Urteil nur in englischer Sprache verfügbar) (wieder einmal) festgestellt hat, für eine „ernsthafte“ und damit rechtserhaltende Benutzung i.S.d. Art. 58 Abs. 1 lit. a Unionsmarkenverordnung (UMV) allerdings nicht aus.

In dem Fall ging es um die Wortmarke „THINK DIFFERENT“ von APPLE. Der Uhrenhersteller SWATCH hatte beantragt, die Marke für verfallen zu erklären, da diese „innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist“ (Art. 58 Abs. 1 lit. a UMV). Das Amt und die Beschwerdekammer gaben SWATCH recht und erklärten die Marke wegen Nichtbenutzung für verfallen.

Die dagegen gerichtete Klage von APPLE hat das EuG nun zurückgewiesen. APPLE sei es nicht gelungen, die ernsthafte Benutzung der geschützten Wortfolge „THINK DIFFERENT“ als Marke nachzuweisen. Die Art der Verwendung der Wortfolge auf der Verpackung von iMac-Computern lenke die Aufmerksamkeit der Verbraucher nicht besonders auf sich. Sie werde daher nicht als Herkunftshinweis, sondern vielmehr als (bloße) Werbeaussage wahrgenommen. So seien die auf der Verpackung von iMac-Computern befindlichen Etiketten mit den Wortelementen "THINK DIFFERENT" nicht in einer Weise angebracht, die die Aufmerksamkeit des Verbrauchers besonders auf sich ziehe. Vielmehr befänden sich diese unter den technischen Daten der iMac-Computer und unmittelbar über dem Strichcode in relativ kleiner Schriftgröße. Zudem würden sie von dem Wort "macintosh" begleitet, das die gleiche Größe hat und in der gleichen Schriftart geschrieben ist.

Das EuG stellt daher fest (Rn. 94): „It must therefore be concluded that the way in which the contested marks are used on iMac computer packaging does not ground the conclusion that they have been used as trade marks, that is to say, in accordance with their essential function of giving an indication of the commercial origin of the goods concerned.

Praxishinweis:

Nicht jede Verwendung einer Marke ist zugleich eine „ernsthafte“ und damit rechtserhaltende Benutzung im Sinne der Unionsmarkenverordnung. Es ist daher wichtig darauf zu achten, dass Marken als Herkunftshinweis, d.h. Hinweis darauf, von wem die gekennzeichneten Waren stammen, benutzt werden. Wir helfen Ihnen gerne bei Fragen dazu!

 

Fun Fact: EU-Verordnung „Pizza Napoletana“

Wussten Sie, dass Sie ein Rezept für die traditionsreiche Pizza Napoletana in einer EU-Verordnung finden? Die „VERORDNUNG (EU) Nr. 97/2010 DER KOMMISSION vom 4. Februar 2010 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Register der garantiert traditionellen Spezialitäten [Pizza Napoletana (g.t.S.)]“  beschreibt in ihrem Anhang II detailliert, wie eine Pizza Napoletana hergestellt wird bzw. werden muss, um eine „echte“ Pizza Napoletana zu sein - inklusive z.B. der exakten Gehtemperatur des Teigs, der genauen Beschreibung des Belags („80 – 100 g in Streifen geschnittene Mozzarella di Bufala Campana g.U.“) sowie Anweisungen für den Pizzabäcker: „Der Pizzabäcker schiebt die belegte Pizza mit Hilfe von etwas Mehl mit einer Drehbewegung auf einen Holz- oder Aluminiumschieber, dann lässt er sie mit einer schnellen Bewegung des Handgelenks auf die Ofensohle gleiten, ohne dass der Belag überschwappt.“

Was das alles mit geistigem Eigentum zu tun hat? Die Pizza Napoletana ist als sog. „garantiert traditionelle Spezialität (g.t.S.)“ geschützt. Die „garantiert traditionelle Spezialität (g.t.S.)“ ist eine offizielle Qualitätsregelung der EU, ebenso wie die „geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)“ sowie die „geschützte geografische Angabe (g.g.A.)“. Diese Qualitätsbezeichnungen bieten Schutz für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel sowie Spirituosen und Weine und haben zum Ziel, die Namen bestimmter Erzeugnisse zu schützen, um ihre mit ihrem geografischen Ursprung sowie traditionellem Know-how verbundenen einzigartigen Eigenschaften herauszustellen. Das Recht dieser geografischen Herkunftsangaben wird dem geistigen bzw. gewerblichen Eigentum zugeordnet. Einzelheiten wie z.B. das Verhältnis zum Marken- und Wettbewerbsrecht sind umstritten und führen immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten und höchstrichterlichen Entscheidungen – Beispiele sind die umfangreiche „Champagner-Rechtsprechung“ sowie der langjährige Streit um die Bezeichnung „Glen“ für nicht schottischen Whisky (siehe hierzu „Taylor Wessing gewinnt Rechtsstreit um die Whisky-Bezeichnung „Glen“ in zweiter Instanz“  

Bei der „geschützten geografische Angabe“ (g.g.A.) (z.B. Thüringer Rostbratwurst, steirisches Kürbiskernöl) muss eine spezifische, bei der „geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.)“ eine enge Verbindung zu dem Ort bestehen, an dem die so benannten Erzeugnisse hergestellt wurden (die bekanntesten Beispiele sind wohl Champagner sowie Parmaschinken). „Garantiert traditionelle Spezialitäten (g.t.S.)“ heben traditionelle Herstellungsmethoden oder Erzeugnisse hervor, die – oft unter schwierigen natürlichen Gegebenheiten – z.B. in Berggebieten oder auf Inseln hergestellt werden, wie z.B. Mozzarella, das Kalamata Olivenöl aus Griechenland oder das aus Brüssel stammende, traditionelle Bier „Gueuze“.

Die so geschützten Produkte werden in Qualitätsproduktregistern aufgeführt, die auch geografische und Produktionsspezifikationen für jedes Produkt enthalten. Erkannt werden können die Produkte an den offiziellen Logos der EU:




Mitunter werden diese Logos auch in Marken integriert wie das Beispiel „steirisches Kürbiskernöl“ zeigt:


Durch die Anerkennung als geistiges Eigentum spielen geografische Angaben eine immer wichtigere Rolle z.B. in Handelsverhandlungen zwischen der EU und anderen Staaten. Da sie nicht ganz leicht voneinander zu unterscheiden sind (was genau wird jeweils geschützt?), empfiehlt es sich, sich vorab genau zu informieren bzw. beraten zu lassen.

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