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Antonia Deml

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2. August 2022

Newsletter Marke-Design-Wettbewerb August 2022 – 2 von 4 Insights

BGH zu Irreführungspotential bei Werbung mit Konsumentenbefragung

  • Briefing

In der jüngst ergangenen Entscheidung „Webshop Awards“ über das Irreführungspotential einer Werbung mit dem Ergebnis einer Kundenumfrage zu entscheiden. Der BGH verneinte im Ergebnis eine Irreführung. Er tat dies aber ganz maßgeblich aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Falls und zwar insbesondere aufgrund fehlender Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen. Eine grundsätzliche Abkehr von der generell sehr strengen Rechtsprechung zur Werbung mit Testergebnissen ist in diesem Urteil daher wohl nicht zu erblicken.


Zum Sachverhalt

Die beklagte Versandapotheke warb in Werbespots mit dem Slogan „S.-Apotheke – Die beste Online-Apotheke Deutschlands“. Eingeblendet wurde das im folgenden abgebildete Logo „Webshop Awards Germany 2018 - 2019 Online Apotheke“:

Logo Shopapotheke Awards Germany 2018 - 2019 Online Apotheke
Ebenfalls eingeblendet wurde der optisch kleinere Hinweis „Online-Verbraucher-Befragung in Deutschland im Zeitraum 15.05. bis 03.09.2018, durchgeführt von „Q“, insgesamt 87.650 Bewertungen in 20 Kategorien. Mehr Informationen unter www.webshopawards.de".

Auf der verlinkten Webseite war außerdem folgende Erläuterung zu finden:
Um den Titel ‚Händler des Jahres Deutschland‘ und/oder ‚Webshop Awards Germany‘ zu tragen, muss Ihr (Online-)Geschäft nominiert sein. Sie brauchen hierfür 380 Beurteilungen. Diese Beurteilungen bekommen Sie durch Ihre Kunden. Natürlich helfen wir Ihnen dabei.
Darum stellen wir Ihnen die folgenden Werbematerialien zur Verfügung: Gold 1.500 Euro, Silber 750 Euro, Bronze Gratis.


Zur Entscheidung

Das Landgericht Stuttgart hatte der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb weitestgehend ohne Erfolg, auch das OLG Stuttgart hielt die vorliegende Werbung für irreführend und damit für unlauter i.S.d. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 2 Nr. 1 UWG, da der falsche Eindruck erweckt werde, das Wahlergebnis beruhe auf einer objektiven und neutralen Konsumentenbefragung. Im Wesentlichen wurden die Entscheidungen der Vorinstanzen damit begründet, dass die gegenständliche Befragung nicht objektiv und neutral durchgeführt worden sein könne. Aufgrund des Verkaufs der Werbepakete durch den Veranstalter der Kundenbefragung an die teilnehmenden Unternehmen sei eine Unabhängigkeit des Testergebnisses nicht gewährleistet. Insbesondere gingen die Käufer der Werbepakete davon aus, durch den Kauf „bessere Chancen“ zu haben. Zudem könne mit der Werbung für die Werbepakete das Abstimmungsverhalten der Kunden und damit das Ergebnis der Verbraucherbefragung beeinflusst werden. Mittelbar sei dies ein Anreiz für den Veranstalter der Kundenbefragung, diejenigen Unternehmen zu bevorzugen, die mehr Werbepakete gekauft hätten, damit der Kaufanreiz auch bei der nächsten Aktion wieder bestehe.

Dieser Ansicht folgte der BGH in der Revisionsinstanz allerdings nicht. Die Feststellungen des Berufungsgerichtes trügen nach seiner Auffassung die Annahme einer unwahren und irreführenden Tatsachenbehauptung i.S.v § 5 Abs.1 UWG nicht.

Zunächst bestätigte der BGH losgelöst von der eigentlichen Thematik seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine geschäftliche Handlung, die eine i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG unwahre Angabe enthält, unabhängig davon, ob diese Angabe einen der in § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG aufgeführten Umstände betrifft, i.S.v. § 5 Abs. 1 UWG irreführend sein kann.

Hinsichtlich der vermeintlichen Irreführung hielt der BGH eine fehlende Unabhängigkeit oder Neutralität des Veranstalters der Kundenbefragung zumindest auf Basis der Feststellungen der Vorinstanzen für nicht ausreichend begründet. Eine solche Annahme könne nicht (allein) schon daraus gefolgert werden, dass die Veranstalter den teilnehmenden Unternehmen Werbematerialien zur Verfügung stellen. Dienten die Werbematerialien lediglich dazu, Kunden zur Nominierung eines Unternehmens aufzurufen, sei nicht erkennbar, dass und in welcher Weise sich der Kauf dieser Materialien auf den Umgang des Testveranstalters mit den teilnehmenden Unternehmen auswirken könne. Die Folgerung des Berufungsgerichts, ein Anreiz zur Bevorzugung ergebe sich daraus, dass die Unternehmen „selbstverständlich“ davon ausgingen, ihre Chancen durch den Kauf der Werbematerialien zu verbessern, werde von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen nicht getragen. Der BGH führt hierzu aus, dass bereits unklar sei, welche Chancen das Berufungsgericht hierbei im Blick gehabt habe. Auch erschließe sich nach Ansicht des BGH nicht hinreichend, woraus sich der vom Berufungsgericht hergestellte Zusammenhang zwischen einer Erwartung der teilnehmenden Unternehmen, etwaige Chancen durch den Kauf der Werbematerialien zu verbessern, und einem Anreiz für den Veranstalter zur Bevorzugung derjenigen Unternehmen, die mehr (oder größere) Werbepakte erwerben, ergeben soll. Das Berufungsgericht habe insofern zwar ausgeführt, es gebe einen Anreiz zur Bevorzugung, „damit der Kaufanreiz auch bei der nächsten Aktion wieder besteht“. Diese Annahme habe das Berufungsgericht aber nicht näher begründet. Der BGH bemängelte überdies, dass das Berufungsgericht auch nicht erläutert habe, um was für eine „nächste Aktion“ es sich handeln könnte.


Praxishinweis

Grundsätzlich ist bei Werbung mit Kundenumfragen, wie auch ganz generell bei Werbung mit Testergebnissen, weiterhin Vorsicht geboten. Zweifel an der Objektivität und Neutralität einer Verbraucherbefragung können sich in einer solchen Konstellation weiterhin insbesondere dann ergeben, wenn Werbematerialien geeignet sind, die Bewertung der Unternehmen durch den Kunden oder das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen. Wann dies der Fall ist, hat der BGH in der vorliegenden Entscheidung offengelassen. Der BGH bemängelte in aller Deutlichkeit, dass die Vorinstanzen hierzu keinerlei relevante Feststellungen getroffen hatten. Möglicherweise wäre die Entscheidung daher anders ausgefallen, hätten sich die Vorinstanzen damit detaillierter auseinandergesetzt und relevante Tatsachenfeststellungen getroffen. Hierauf sollte man daher im Verfahren als darlegungs- und beweisbelasteter Kläger stets besonders achten.

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