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16. Februar 2022

Veröffentlichungsreihe "Recht: nachhaltig" – 4 von 5 Insights

ESG – Überlegungen für Private Equity- und Venture Capital-Fonds

  • In-depth analysis

Einleitung

Das Interesse der Finanzdienstleistungsbranche an Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten (environmental, social and governance; ESG) hat in den letzten Jahren stark zugenommen, was vor allem auf die rasanten regulatorischen Entwicklungen und das wachsende Bewusstsein der Anleger für die Klima- und Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Investments zurückzuführen ist. Die EU-Kommission war besonders bestrebt, in diesem Bereich international eine Vorreiterrolle zu übernehmen und hat den ersten umfassenden Regulierungsrahmen für nachhaltige Finanzwirtschaft geschaffen, der für die Mehrheit der im EU-Binnenmarkt tätigen Finanzinstitute gelten wird. Im Mittelpunkt des Anwendungsbereichs dieses neuen Rahmens stehen Vermögensverwalter, die als einer der am besten geeigneten Finanzintermediäre angesehen werden, um zusätzliche Bemühungen hinsichtlich der Finanzierung nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten sicherzustellen.

Auswirkungen der ESG-Regulierung auf Private Equity- und Venture Capital-Fonds

In der EU tätige Private Equity- und Venture Capital-Fonds, die nach dem geltenden Recht ihres Herkunftsmitgliedstaates als Organismus für gemeinsame Anlagen gelten, fallen im Allgemeinen unter die Definition alternativer Investmentfonds (AIF) gemäß der Richtlinie über die Verwaltung alternativer Investmentfonds (AIFMD). Dasselbe gilt für Investmentfonds, die überwiegend in Start-ups investieren und die, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, qualifizierte Venture Capital-Fonds im Sinne der EU-Verordnung über Venture Capital-Fonds (EuVECA) darstellen können.

Sowohl die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) als auch die Verwalter von EuVECA-Fonds unterliegen den neuen, mit der Verordnung (EU) 2019/2088, besser bekannt als Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), eingeführten Offenlegungspflichten in Bezug auf Nachhaltigkeit. Im Rahmen der SFDR sind Fondsmanager verpflichtet, bestimmte Informationen darüber offenzulegen, wie sie Nachhaltigkeitsrisiken (ESG-Ereignisse oder -Bedingungen, die sich negativ auf den Wert der Anlage auswirken) in ihre Anlageentscheidungen und ihre Vergütungspolitik integrieren. Darüber hinaus müssen die Fondsmanager eine Due Diligence-Richtlinie ausarbeiten, in der sie darlegen, wie sie bei ihren Anlageentscheidungen die wichtigsten negativen Auswirkungen der Unternehmen, in die sie investieren, auf die Nachhaltigkeitsindikatoren berücksichtigen.

Um die Einhaltung der neuen Anforderungen zu gewährleisten, müssen die Fondsmanager nicht nur ihre Fondsprospekte, Websites, Jahresberichte und Marketingunterlagen aktualisieren, sondern auch ein bedeutendes Hindernis überwinden, das für ihr Tagesgeschäft unverzichtbar zu werden verspricht: Sie müssen belastbare ESG-Daten über ihre Investments beschaffen, die die Grundlage für ihre Offenlegungen im Rahmen der SFDR bilden.

Herausforderungen für die Private Equity- und Venture Capital-Branche

Trotz ihrer Erfahrung mit der Beschaffung von Finanzdaten können Private Equity- und Venture Capital-Fondsmanager bei der Beschaffung von ESG-Daten über kleinere und nicht börsennotierte Unternehmen, die in der Regel ihre Zielunternehmen sind, auf einige neue Herausforderungen stoßen.
Während eine beträchtliche Anzahl von Großunternehmen bereits jetzt der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß der Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD) unterliegt, gibt es in der EU keinen ähnlichen Rahmen für kleinere und mittlere Unternehmen. Dies bringt die Verwalter von Private Equity- und Venture Capital-Fonds in eine schwierige Lage im Vergleich zu den Verwaltern von OGAW-Fonds, die sich in der Regel auf die Nachhaltigkeitsberichte oder ESG-Ratings ihrer Zielunternehmen verlassen können, sowie zu größeren Unternehmen, die in der Lage sind, detailliertere Informationen über die ESG-Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit zu sammeln und aufzubereiten.

Im April 2021 hat die EU-Kommission eine neue Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive; „CSRD“) vorgeschlagen, die diese Lücke schließen soll, indem sie den Kreis der Unternehmen, die der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung unterliegen, erweitert. Doch selbst wenn die neue Regelung in Kraft tritt, werden viele Unternehmen, vor allem im Bereich Venture Capital, nicht in den Anwendungsbereich fallen, und viele Private Equity- und Venture Capital-Fondsmanager werden weiterhin vor der "Datenherausforderung" stehen.

Beschaffung von relevanten ESG-Daten über Zielunternehmen

Angesichts der oben genannten Herausforderungen stellt sich die Frage, wie Private Equity- und Venture-Capital-Fondsmanager an relevante ESG-Daten über ihre Zielunternehmen gelangen können, die nicht den bestehenden oder künftigen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen unterworfen sind. Zu diesem Zweck können Fondsmanager im Allgemeinen eine oder mehrere verschiedene Methoden anwenden, von denen einige wie folgt zusammengefasst werden können:

Freiwillige Angaben der Zielunternehmen

Unternehmen, die daran interessiert sind, Finanzierungen von ESG-orientierten Investoren zu erhalten und die nicht der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung unterliegen, können sich dennoch dazu entschließen, freiwillige Offenlegungen mit relevanten ESG-Daten über ihr Unternehmen zu erstellen. Diese können im Einklang mit anerkannten internationalen Standards (wie den OECD-Leitlinien für verantwortungsbewusstes Handeln in der Wirtschaft für multinationale Unternehmen, ISO 26000 usw.) erstellt werden. Für die Verwalter von Private Equity- und Venture Capital-Fonds kann die freiwillige Offenlegung als die einfachste Methode angesehen werden, die insbesondere in der Screening-Phase bei der Vorauswahl potenzieller Zielunternehmen hilfreich sein kann.

Fondsmanager, die in ein bestimmtes Unternehmen investieren wollen, können sich jedoch kaum ausschließlich auf freiwillige Angaben verlassen, die von den Unternehmen, in die sie investieren wollen, selbst erstellt werden, da diese möglicherweise nicht alle relevanten ESG-Daten enthalten, die sie für die Einhaltung der geltenden Offenlegungsvorschriften benötigen. Daher ist ein gewisses Maß an Aufwand auf Seiten des Fondsmanagers erforderlich, wenn es um die Überprüfung der in den freiwilligen Angaben enthaltenen ESG-Daten geht, die auf eine der unten beschriebenen Arten erfolgen kann.

Selbst durchgeführte ESG-Due Diligence

In den letzten Jahren berücksichtigen immer mehr Investoren ESG-Aspekte ihrer potenziellen Zielunternehmen im Rahmen des Due Diligence-Prozesses. Im Allgemeinen umfasst die ESG-Due Diligence eine Überprüfung der Einhaltung der geltenden Umwelt-, Bestechungs-, Korruptions-, Lieferketten- und Arbeitsgesetze und -vorschriften sowie der Menschenrechte durch das Unternehmen, in das investiert wird. Der Umfang der ESG-Daten, die für die Einhaltung der ESG-Vorschriften durch die Fondsmanager erforderlich sind, geht jedoch in der Regel über den Umfang der Überprüfung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch das Zielunternehmen hinaus. Zu diesem Zweck müssen Fondsmanager in der Regel interne Richtlinien zur ESG-Due Diligence entwickeln, die von angemessenen Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators; KPIs) begleitet werden, anhand derer relevante ESG-Aspekte der Geschäftstätigkeit des Zielunternehmens angemessen bewertet werden können. Zu diesem Zweck müssen die Fondsmanager eng mit den Unternehmen, in die sie investieren, zusammenarbeiten und glaubwürdige Informationen über die ESG-Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit einholen.

Berichte von Dritten

Das steigende Interesse von Unternehmen aller Branchen an Klimawandel und nachhaltiger Entwicklung hat zu einem raschen Anstieg der Zahl von Umwelt- und technischen Beratern geführt, die externe ESG-Due Diligence-Dienstleistungen anbieten. Externe Berater dieser Art müssen in der Regel sehr eng mit dem Zielunternehmen, zusammenarbeiten, um relevante Informationen zu erhalten, auf deren Grundlage sie einen externen ESG-Due Diligence-Bericht oder eine ESG-Prüfung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens erstellen können. Daher kann diese Methode recht zeit- und kostenaufwendig sein. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der selbst durchgeführten ESG-Due Diligence-Prüfung oder den Informationen in den freiwilligen Offenlegungen der Unternehmen, in die investiert wird, können die von externen Beratern erstellten Berichte jedoch ein höheres Maß an Sicherheit für Fondsmanager bieten, die sich lieber auf das Fachwissen Dritter in diesem speziellen Bereich verlassen.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass die ESG-Standards von Branche zu Branche sehr unterschiedlich sind und dass es keine „Einheitslösung“ gibt, die in jedem Fall angewendet werden kann. Bestimmte Start-ups, die auf erneuerbare Energien oder grüne Finanzierungen ausgerichtet sind, können beispielsweise über relevantere Daten zu den Umweltauswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit verfügen, während andere Unternehmen in ihren Offenlegungen gegebenenfalls mehr Gewicht auf soziale oder Governance-Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit legen. Daher ist es wichtig, bei der Bewertung der ESG-Aspekte der Geschäftstätigkeit jedes potenziellen Unternehmens, in das investiert werden soll, die relevanten Faktoren im Zusammenhang mit seiner Branche, seiner Größe und seinem Standort gebührend zu berücksichtigen.

ESG-Überlegungen in der Transaktionsdokumentation

Bei der Strukturierung der Transaktionsdokumentation kann für ESG-orientierte Fondsmanager ein Anreiz bestehen, zusätzliche vertragliche Bestimmungen aufzunehmen, die sicherstellen, dass die ESG-Profile der Unternehmen, in die sie investieren, in der Vergangenheit mit ihren Bedürfnissen und Erwartungen in Einklang standen und über den Investmentzeitraum in Einklang stehen wird.

Um sicherzustellen, dass ein Unternehmen, in das investiert wird, in der Vergangenheit die entsprechenden Anforderungen erfüllt hat, gibt es vertragliche Garantien, die im Einzelfall um spezifische ESG-bezogene Garantien erweitert werden können. Zu diesem Zweck können Unternehmen, in die investiert wird, Garantien abgeben, dass sie in der Vergangenheit bestimmte international anerkannte Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards eingehalten haben und/oder derzeit einhalten, die über die üblichen Garantien zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (wie Umwelt-, Arbeits-, Anti-Korruptions- und Anti-Geldwäsche-Gesetze) hinausgehen.

Eine unzureichende Anpassung der Geschäftstätigkeit des Zielunternehmens an die ESG-Standards, die in einem frühen Stadium beziehungsweise im Rahmen der Due Diligence festgestellt wird, kann auch durch die Aufnahme bestimmter Verpflichtungen für den Zeitraum nach dem Abschluss der Transaktion (Covenants/Undertakings) in die Transaktionsdokumentation adressiert werden. Das Unternehmen, in das investiert wird, kann sich beispielsweise verpflichten, interne Richtlinien zu entwickeln (z.B. zur Bekämpfung von Bestechung, zur Gleichstellung der Geschlechter oder zu einer umweltfreundlichen Büropolitik) oder Vereinbarungen mit Dritten einzugehen (z.B. den Stromabnahmevertrag mit dem Lieferanten von Strom aus erneuerbaren Energiequellen), die sein ESG-Profil verbessern würden. Dies kann jedoch nur in Fällen geschehen, in denen der betreffende Fondsmanager nicht durch die geltende(n) Fondsvereinbarung(en) darauf beschränkt ist, das Fondsvermögen ausschließlich in Unternehmen zu investieren, die bereits vor Abschluss einer Investments die relevanten ESG-Standards erfüllen.

Darüber hinaus kann die Transaktionsdokumentation ausdrücklich die Verpflichtung des Zielunternehmens vorsehen, den Fondsmanagern bestimmte Informationen zur Verfügung zu stellen, damit diese ihre ESG-bezogenen Berichtspflichten erfüllen können.

Fazit

Das steigende Interesse der Anleger an nachhaltigkeitsorientierten Anlagen und die sich rasch entwickelnden Vorschriften für nachhaltige Finanzen versprechen, dass ESG in den kommenden Jahren ganz oben auf der Prioritätenliste der europäischen Fondsmanager stehen wird. Bei der Sicherstellung der Einhaltung der neuen ESG-Vorschriften in der EU werden Private Equity- und Venture Capital-Fondsmanager mit einigen offensichtlichen, bereits erwähnten Hindernissen konfrontiert sein, von denen das größte sicherlich die „Datenherausforderung“ bleiben wird, die kaum allein durch ein größeres Engagement der Fondsmanagementbranche gelöst werden kann. Da jedoch die gesamte Finanzdienstleistungsbranche nach einem Weg suchen wird, die steigenden Erwartungen der europäischen Regulierungsbehörden in diesem Bereich zu erfüllen, werden die Verwalter von Private Equity- und Venture Capital-Fonds bei diesem Prozess keineswegs allein sein. Diese „gemeinsame Anstrengung“ könnte auch zur Entwicklung einiger gemeinsamer bewährter Praktiken führen, die Private Equity- und Venture Capital-Fondsmanager nutzen können, um in Zukunft leichter durch das komplexe regulatorische Umfeld und die steigenden Erwartungen der Anleger in Bezug auf ESG zu navigieren.

In dieser Serie

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Nachhaltigkeit, Klimawandel, Umwelt und Kreislaufwirtschaft

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