29. November 2024
Veröffentlichungsreihe "Recht: nachhaltig" – 3 von 8 Insights
Die europäische Gesetzgebung im Bereich Umwelt, Soziales und Governance (ESG) hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Dynamik entwickelt. Dies ist insbesondere auf den European Green Deal und die damit einhergehenden rechtlichen Verpflichtungen zurückzuführen. In diesem Kontext sieht sich die Logistikbranche als bedeutendes Element globaler Lieferketten mit den erhöhten rechtlichen Anforderungen sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene konfrontiert. Im Folgenden werden die wesentlichen ESG-Anforderungen an die Transport- und Logistikbranche dargestellt.
Zu den treibenden Kräften der Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit zählt die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und das nationale Umsetzungsgesetz (noch nicht in Kraft). Die CSRD ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten und erweitert die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD). Ihr Ziel ist die umfassende, vergleichbare und transparente Gestaltung von Nachhaltigkeitsberichten von Unternehmen. Obgleich die CSRD Kritik aufgrund des erheblichen Dokumentationsaufwands erfährt, bietet die Richtlinie in wichtigen Aspekten Klarheit.
Die Berichterstattung folgt dem Prinzip der Doppelten Wesentlichkeit, das sowohl die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Nachhaltigkeitsaspekte als auch die Einflüsse dieser Aspekte auf das Unternehmen berücksichtigt. Die Berichte müssen den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) entsprechen und von unabhängigen Stellen, zunächst mit dem Ergebnis begrenzter und später mit dem Ergebnis hinreichender Prüfungssicherheit, überprüft werden. Die Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sind in Artikel 29 der Richtlinie festgelegt. Danach sind wesentlicher Inhalt der Nachhaltigkeitsberichte die Beschreibung von Nachhaltigkeitszielen, die Rolle der Unternehmensleitung in der ESG-Strategie und die Integration von ESG-Faktoren in Vergütungssysteme.
Die CSRD wird schrittweise auf verschiedene Unternehmensgrößen angewandt. Das Umsetzungsgesetz befindet sich aktuell jedoch noch in Abstimmung, obwohl die CRSD bereits bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht umgesetzt werden sollte. Neben den auch in der CSRD enthaltenen Pflichten regelt das Umsetzungsgesetz in seiner aktuellen Fassung zusätzlich konkrete Sanktionen bei Verstößen, von Bußgeldern bis zur persönlichen Haftung von Geschäftsführung und Aufsichtsrat, etwa bei falschen oder unzureichenden Angaben.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, verpflichtet Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mind. mindestens 1.000 Beschäftigten zu umfangreichen Sorgfaltspflichten, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße entlang ihrer Lieferketten zu vermeiden. Relevante Anforderungen für die Logistikbranche umfassen in § 2 Abs 2 und 3 LkSG insbesondere:
Daneben stellt das LkSG allgemeine Anforderungen auf, etwa die Einführung eines Risikomanagements, Präventions- und Abhilfemaßnahmen, die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens. Zur Sicherstellung der Transparenz sind Unternehmen zudem verpflichtet, ihre Maßnahmen fortlaufend zu dokumentieren und jährlich dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Bericht zu erstatten. Bei Verstößen drohen erhebliche Bußgelder sowie der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen für bis zu drei Jahre.
Im Juni 2024 wurde eine EU-weite Sorgfaltspflichtenrichtlinie, die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), verabschiedet. Sowohl der persönliche Anwendungsbereich, etwa die Berücksichtigung von Zeitarbeitnehmern, als auch der sachliche Anwendungsbereich der CSDDD unterscheidet sich von und erfordert eine zukünftige Anpassung des LkSG. Während das LkSG primär die unmittelbaren Geschäftsbeziehungen in den Fokus rückt, eröffnet die CSDDD die Möglichkeit, auch mittelbare Geschäftsbeziehungen umfassend einzubeziehen. Insoweit müssen Unternehmen der Transport- und Logistikbranche im Einzelfall prüfen, ob sie zukünftig die Vorgaben dieser Richtlinie einhalten müssen, auch wenn sie aktuell nicht unter den Adressatenkreis des LkSG fallen. Die Richtlinie ist bis Mitte 2026 in nationales Recht umzusetzen.
Der im Mai 2023 in Kraft getretene Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) dient der Schaffung eines CO2 Grenzausgleichssystems. Seit Januar 2024 gelten für Importeure umfassende Berichtspflichten über die bei der Warenherstellung entstandenen CO2 Emissionen. Dabei müssen diese Daten von den Herstellern bzw. Lieferanten bereitgestellt werden. Zudem gilt ab 2026 die Verpflichtung zum Erwerb von sogenannten CBAM-Zertifikaten (Art. 33 CBAM). Für die Logistik und Transportbranche erhöht die Richtlinie die regulatorischen Anforderungen beim Import bestimmter Güter wie Stahl oder Aluminium etwa bei der Herstellung oder dem Kauf von Transportmitteln.
Ab Dezember 2024 gilt die Entwaldungsverordnung (EU-Deforestation Regulation - EUDR) für alle großen und mittleren Unternehmen und ab Juni 2025 auch für Klein- und Kleinstunternehmen. Die Verordnung verbietet das Inverkehrbringen, Bereitstellen und den Export bestimmter Rohstoffe (Rind, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz), sowie Produkte aus diesen Rohstoffen, etwa Förderbänder und Treibriemen aus vulkanisiertem Kautschuk (HS Code 4010), Luftreifen aus Kautschuk (HS Codes 4011 und 4012) sowie weitere Formen wie Stäbe, Stangen, Rohre und Profile oder Waren wie Scheiben und Ringe aus nicht vulkanisiertem Kautschuk (HS Code 4006). Unternehmen, die betroffene Güter beispielsweise als Ersatzteile exportieren, müssen nachweisen, dass diese nachhaltig produziert wurden.
Unternehmen, die unter die CSRD fallen, sind ebenfalls verpflichtet, gemäß EU-Taxonomie Bericht zu erstatten. Die EU-Taxonomie-Verordnung, die seit dem 1. Januar 2022 in Kraft ist, bildet einen zentralen Baustein der europäischen Nachhaltigkeitspolitik. Sie definiert einheitliche Kriterien, um den Begriff der Nachhaltigkeit für wirtschaftliche Aktivitäten klar und rechtlich verbindlich zu bestimmen. Ziel ist es, die Vergleichbarkeit von Investitionen und Berichten zu fördern und gleichzeitig Greenwashing – die irreführende Darstellung von Produkten oder Unternehmen als nachhaltig – effektiv zu verhindern. Logistikunternehmen, insbesondere solche mit einem Fokus auf emissionsarme Technologien oder nachhaltige Lieferketten, profitieren von der klaren Abgrenzung zwischen nachhaltigen und nicht nachhaltigen Investitionen.
Die ESG-Anforderungen, angeführt durch die CSRD und das LkSG, stellen Logistikunternehmen vor signifikante Herausforderungen. So führt die Implementierung der Maßnahmen des LkSG und die Berichterstattungspflicht der CSRD zweifellos zu einem erhöhten administrativen Aufwand und Kosten für die Branche. Allerdings droht Unternehmen bei Nichteinhaltung der Vorschriften neben Buß- und Zwangsgeldern im schlimmsten Falle der Abbruch von Geschäftsbeziehungen.
Um die unternehmerischen Sorgfaltspflichten nachhaltig umzusetzen, ist es essenziell, dass sowohl die entsprechenden Gesetze als auch die betroffenen Unternehmen die komplexen Subunternehmerbeziehungen berücksichtigen. Für Transport- und Logistikunternehmen besteht daher neben der Berichterstattungspflicht der Auftrag, ihre Lieferketten emissionsärmer zu gestalten, über den gesamten Geschäftszyklus hinweg die maßgeblichen umweltrechtlichen Anforderungen einzuhalten und Mitarbeiterschutzsysteme zu stärken. Dies ist besonders relevant, da die Branche häufig für ihre hohen Emissionen und Arbeitsbedingungen kritisiert wird.
Die Reihe im Überblick: "Recht: nachhaltig"
von mehreren Autoren
2. December 2024
von Felipe Villena
29. November 2024
14. November 2024
26. August 2022
Veröffentlichungsreihe: "Recht: nachhaltig"
14. February 2022
16. February 2022
von mehreren Autoren