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7. Mai 2020

OECD - Internationale Besteuerung in Zeiten der Corona-Krise

Am 3. April 2020 veröffentlichte das Sekretariat der Organisation for Economic Cooperation and Development („OECD“) anlässlich geäußerter Bedenken mehrerer Staaten einen Leitfaden im Hinblick auf die Anwendbarkeit von internationalen Steuerabkommen vor dem Hintergrund der Corona-Krise. Konkret geht die OECD in steuerrechtlichen Analyse auf Bedenken ein, die im Zusammenhang mit dem Ansässigkeitsstatus eines Unternehmens (Änderung des Ortes der effektiven Geschäftsführung) sowie natürlichen Personen, der Begründung einer Betriebsstätte und dem Besteuerungsrecht bei sog. „Grenzpendlern“ geäußert wurden.

Ansässigkeitsstatus eines Unternehmens

Aufgrund der Ausgangs- und Reisebeschränkungen in vielen Ländern, aufgrund derer sich u.a. leitende Angestellte von Unternehmen zurzeit in Ländern aufhalten, in denen sie üblicherweise nicht ihrer Arbeit nachgehen würden, wurden Bedenken geäußert, ob dies den Ort der effektiven Geschäftsführung beeinflusst und damit eine doppelte steuerliche Ansässigkeit des Unternehmens verursacht.

Aus Sicht der OECD ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine doppelte steuerliche Ansässigkeit eines Unternehmens aufgrund der Corona-Krise entsteht, relativ gering. Denn zum einen ist der Fall, dass ein Unternehmen nach dem jeweiligen nationalen Steuerrecht zweier Staaten in beiden Staaten als steuerlich ansässig gilt, ohne auch in den Zeiten der Corona-Krise selten. Und zum anderen beinhalten die Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“) zwischen den Staaten in der Regel sog. „Tie-breaker-Regelungen“, die für den Fall der doppelten Ansässigkeit Kriterien festlegen, mithilfe derer die Ansässigkeit nur einem der beiden Staaten zugeordnet wird. Beispielsweise enthalten DBA, die sich am Musterabkommen der OECD von 2017 („OECD-MA“) orientieren (konkret Art. 4 Abs. 3), die Regelung, dass die beiden Staaten eine Verständigung im Hinblick auf die steuerliche Ansässigkeit treffen sollen, wobei z.B. berücksichtigt werden soll, wo die leitenden Angestellten ihre Tätigkeiten üblicherweise ausüben oder wo üblicherweise die Vorstandssitzungen abgehalten werden. Die aktuellen außergewöhnlichen Umstände aufgrund der Corona-Krise dürften demnach bei der Festlegung der Ansässigkeit keine Berücksichtigung finden.

Ansässigkeitsstatus einer natürlichen Person

Im Hinblick auf natürliche Personen und die Frage ihrer steuerlichen Ansässigkeit in Zeiten der Corona-Krise nennt die OECD zwei Szenarien, in denen eine Änderung der Ansässigkeit aufgrund der Auswirkungen der Pandemie denkbar ist:

  1. Eine Person befindet sich aktuell im Ausland (anlässlich eines Urlaubs oder aus beruflichen Gründen) und ihre steuerliche Ansässigkeit wird aufgrund des dort geltenden Steuerrechts möglicherweise in diesem Land begründet.
  2. Eine Person arbeitet regelmäßig in einem bestimmten Land im Ausland und gilt deshalb als dort steuerlich ansässig. Aufgrund der Corona-Pandemie kehrt diese Person nun in ihr Heimatland zurück und ihre steuerliche Ansässigkeit wird aufgrund des dort geltenden Steuerrechts möglicherweise in diesem Land (erneut) begründet.

In beiden Szenarien ist laut OECD die Wahrscheinlichkeit, dass sich die steuerliche Ansässigkeit der Person – wie oben geschildert – ändert relativ gering. Denn für beide Fällen dürften DBA zwischen den Staaten, die sich in dieser Hinsicht in der Regel an dem Musterabkommen orientieren, Tie-breaker-Regelungen für natürliche Personen i.S.d. Art. 4 Abs. 2 OECD-MA enthalten. Die Anwendung dieser dürfte regelmäßig dazu führen, dass nach den Ansässigkeitsmerkmalen des Art. 4 Abs. 2 OECD-MA (z.B. ständige Wohnstätte, Mittelpunkt der Lebensinteressen) die steuerliche Ansässigkeit der Person durch die aktuellen Umstände aufgrund der Corona-Krise nicht tangiert wird.

Begründung einer Betriebsstätte

Des Weiteren hat sich die OECD bezüglich der Begründung einer Betriebsstätte Bedenken geäußert, ob durch die Angestellten eines Unternehmens, die zurzeit aufgrund der Corona-Krise von zuhause aus arbeiten und dort auch beispielsweise Verträge im Namen des Unternehmens abschließen, anstatt in dem Land, in dem sie üblicherweise arbeiten würden, im Heimatland des Angestellten eine Betriebsstätte für das Unternehmen begründen würden.

Eine Betriebsstätte aufgrund des Home Office eines Angestellten dürfte nach Ansicht der OECD bereits deshalb nicht anzunehmen sein, weil dafür ein gewisser Grad der Dauerhaftigkeit und eine freie Verfügbarkeit zugunsten des Unternehmens erforderlich ist. Diese Voraussetzungen dürften jedoch im Falle eines Home Office, das von einem Angestellten zeitlich begrenzt zwangsläufig aufgrund der aktuellen Situation ausgeübt wird, kaum gegeben sein.

Eine Vertreter-Betriebsstätte i.S.d. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA dürfte ebenfalls nicht infrage kommen, da es an dem erforderlichen Merkmal der gewöhnlichen Tätigkeit fehlt, wenn der Angestellte aktuell ausnahmsweise und deshalb zeitlich begrenzt von zuhause aus arbeitet.

Eine Baustellen-Betriebsstätte wird gem. Art. 5 Abs. 3 OECD-MA üblicherweise begründet, wenn die Baustelle in einem Land mehr als 12 Monate besteht. Die Unterbrechung der Arbeit aufgrund der Corona-Krise wirkt sich nicht auf die Existenz der Betriebsstätte aus, da die Baustelle in diesem Fall als weiterhin bestehend angesehen werden dürfte.

Von den obigen Ausführungen zu den Betriebsstätten ungeachtet, bestehen je nach nationalem Steuerrecht ggfs. unterschiedliche Grenzwerte im Hinblick auf die Präsenz eines Steuerpflichtigen in einem Staat und sich daraus ergebende Pflichten (z.B. Registrierungspflichten bzgl. der Körperschaftssteuer). Außerdem werden nicht immer alle Einkommenssteuern von anzuwendenden DBA erfasst (z.B. state income taxes in den USA). Die OECD appelliert deshalb an die jeweiligen nationalen Behörden, Leitlinien aufzustellen, wie in diesem Zusammenhang die aufgrund der Corona-Krise von zuhause aus arbeitenden Steuerpflichtigen steuerlich zu behandeln sind.

Grenzpendler

Im Falle von Konjunkturpaketen („stimulus packages“) die seitens einer Regierung geleistet werden, um Arbeitnehmern in Zeiten von Corona weiterhin ein Gehalt zahlen zu können, betrachtet die OECD diese als Abfindungszahlungen, die i.S.d. Art. 15 OECD-MA dem Staat zugeordnet werden, wo der Arbeitnehmer vor der Corona-Krise gearbeitet hat.

Das Arbeiten aus dem Home Office aufgrund der Corona-Krise kann im Falle eines Grenzpendlers außerdem nach dem anzuwendenden DBA entsprechend Art. 15 OECD-MA ein Wechsel des Besteuerungsrecht zugunsten des Staates, in dem der Arbeitnehmer lebt, auslösen. Die OECD arbeitet deshalb mit den Staaten zusammen, damit diese sich auf eine Lösung verständigen, um die ungewollten steuerlichen Folgen abzuschwächen. Ein Beispiel für eine Vereinbarung bietet die Verständigungsvereinbarung Deutschlands mit Luxemburg im Hinblick auf die deutschen Grenzpendler, die üblicherweise in Luxemburg arbeiten (siehe dazu unseren Newsletter vom 14.04.2020).

Zur PDF-Version: OECD - Internationale Besteuerung in Zeiten der Corona-Krise

Wir haben für Sie umfassende Informationen und Handlungsempfehlungen zu zahlreichen rechtlichen Implikationen im Kontext der Coronavirus-Pandemie zusammengestellt: Coronavirus - Antworten zu rechtlichen Implikationen

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