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Dr. Markus Böhme, LL.M. (Nottingham)

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29. April 2019

Elektroroller stehen im Bereich E-Mobility in den Startlöchern

In deutschen Städten steht noch dieses Jahr eine weitere Mobilitätsoffensive bevor, die als Alternative zum motorisierten Individualverkehr angesehen werden kann. Hierbei handelt es sich um Elektroroller als besondere Fortbewegungsform im Bereich E-Mobility. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an den rechtlichen Rahmenbedingungen, um für Städte und Anbieter entsprechende Spielregeln zu schaffen:

1. Aktueller Regierungsentwurf zur Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV)

Die Bundesregierung hat am 03. April 2019 die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung beschlossen und dem Bundesrat, der sich mit dem Thema voraussichtlich Mitte Mai 2019 beschäftigen wird, zugeleitet. Sollte die eKFV noch im Mai 2019 angenommen werden, sind Elektroroller endlich auch im deutschen Straßenverkehr zugelassen. Hiermit wird das derzeit größte rechtliche Hemmnis ausgeräumt, so dass Deutschland bezüglich dieser Form der E-Mobility zu anderen europäischen Mitgliedstaaten aufschließen kann. Insbesondere zeigt die Erfahrung in anderen europäischen Großstädten, dass Elektroroller – trotz rechtlicher und tatsächlicher Bedenken – ein großer Erfolg sind und von den Nutzern intensiv nachgefragt werden. In Wien bewegen sich die Anbieter sogar recht kurz nach dem Markteintritt an der Höchstzahl der maximal zugelassenen Anzahl der Elektroroller. Das Angebot trifft dort demnach auf eine entsprechende Nachfrage, wobei das Befahren von Bürgersteigen oder Fußgängerzonen tabu ist. Ein Blick auf das europäische Ausland belegt somit, dass Elektroroller bzw. E-Scooter das am schnellsten wachsende Mobilitätssegment sind.

Die nunmehr von der Bundesregierung beschlossene eFKV erfasst Fahrzeuge, die die folgenden Merkmale aufweisen:

  • Lenk- oder Haltestange
  • Mindestens sechs bis maximal 20 km/h bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit
  • Leistungsbegrenzung auf 500 Watt (1.400 Watt bei selbstbalancierenden Fahrzeugen)
  • Erfüllung „fahrdynamischer“ Mindestanforderungen, d.h. das Fahrzeug muss bremsen können, steuerbar und verkehrssicher sein

Darüber hinaus wird hinsichtlich der insgesamt zulassungsfreien, aber versicherungspflichtigen Elektroroller nochmals nach den folgenden zwei Kategorien unterschieden:

  • Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als zwölf km/h dürfen aufgrund ihrer geringen Geschwindigkeit auf Gehwegen, gemeinsamen Fuß- und Radwegen sowie in Fußgängerzonen fahren. Sie sind vergleichbar mit Fahrrädern und Tretrollern und ab dem zwölften Lebensjahr freigegeben
  • Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als zwölf km/h müssen grundsätzlich auf Radwegen und Radfahrstreifen fahren. Ihre Fahreigenschaften ähneln am stärksten denen des Fahrrads beziehungsweise des Elektrofahrrads (Pedelecs). Das Mindestalter beträgt 14 Jahre.

Ob der Bundesrat aufgrund der zahlreich eingegangenen Stellungnahmen nochmals Änderungen am Entwurf der eKFV vornehmen wird, wird sich erst im Laufe des kommenden Monats zeigen.

2. Welche Punkte sind weiterhin offen?

Aus Sicht der Städte sollen sich die negativen Erfahrungen, die einige Großstädte mit Fahrradverleihsystemen gesammelt haben, für Elektroroller nicht wiederholen. Im Zusammenhang mit Fahrradverleihsystemen wurde beispielsweise das Problem aufgeworfen, dass stationsbasierte Systeme eine genehmigungspflichtige Sondernutzung darstellen. Hier konnten die Städte daher auf Basis des jeweiligen Landesrechts regulierend eingreifen und Anbietern Regeln und Standplätze für die einzelnen Verleihstationen vorgeben. Stationslose Systeme werden auf Basis der bisherigen Rechtsprechung jedoch als Gemeingebrauch und nicht als Sondernutzung angesehen, so dass den Städten hier kaum rechtliche Eingriffsbefugnisse zustehen. Argumentiert wird insofern damit, dass das Abstellen einem normalen Parkvorgang gleichkommt, der im Straßenverkehr ohne Weiteres üblich sei. Diese Sichtweise ist dabei nicht nur für Fahrräder, sondern auch für Elektroroller einschlägig. Das bekannte Abgrenzungsproblem Gemeingebrauch vs. Sondernutzung stellt sich somit auch für Elektroroller. Seitens der Kommunen wird im Zusammenhang mit der eKFV daher beständig auf das Erfordernis einer entsprechenden Steuerungs- oder Eingriffsmöglichkeit verwiesen.

Nichtsdestotrotz sind Kommunen und Anbieter regelmäßig an einem guten und partnerschaftlichen Verhältnis zueinander interessiert und setzen sich daher üblicherweise im Vorfeld zusammen, um gemeinsam „Spielregeln“ für den Betrieb eines stationslosen Verleihsystems zu definieren. So ist beispielsweise zu beobachten, dass das Abstellen in bestimmten Straßen technisch bedingt ausgeschlossen wird, weil der Verleihvorgang dort nicht beendet werden kann. So soll verhindert werden, dass hochfrequentierte Innenstadtbahnhöfe oder U-Bahn-Stationen geradezu überrannt werden. Die Nutzer werden daher derart gelenkt, dass ein Abstellen bzw. eine Beendigung des Verleihvorgangs nur an gemeinsam mit der Stadt definierten Orten und Straßen möglich ist. Ferner sind seriöse Anbieter regelmäßig bestrebt, die Einhaltung dieser „Spielregeln“ durch eigenes Personal zu überwachen, um ein harmonisches Miteinander der unterschiedlichen Verkehrsmittel sicherzustellen. So werden übermäßig angefahrene und besonders beliebte Abstellorte regelmäßig von den Anbietern betreut, um eine gleichmäßige Verteilung des Verleihsystems über den gesamten Radius des Verleihsystems sicherzustellen.

3. Wie geht es weiter?

Der Bundesrat könnte die neuen Regelungen bereits am 17. Mai 2019 beschließen, so dass die eKFV noch in diesem Frühjahr in Kraft treten könnte. Eine Vielzahl von Anbietern bereitet sich derzeit auf den Markteintritt vor, wobei der Adressatenkreis nicht nur auf Großstädte, sondern auch auf Klein- und Mittelstädte gerichtet ist. Das Überwinden der „letzten Meile“ vom Bahnhof zum Zielort stellt bei Nutzung des ÖPNV typischerweise das größte Hindernis dar und könnte durch eine stärkere Verbreitung von Elektrorollern zu Lasten eines Rückgangs des Autoverkehrs überwunden werden. Die Zahlen aus anderen europäischen Mitgliedstaaten belegen nachdrücklich, dass Elektroroller dort für Strecken von bis zu 5 km auf große Nachfrage stoßen. Hierbei geben die Nutzer nicht nur an, dass sie – im Unterschied zum Fahrrad – ohne Anstrengung am Zielort ankommen und die Nutzung der Elektroroller auch mit einem gewissen „Spaßfaktor“ an dieser Art der E-Mobility verbunden ist.

Ungeachtet der noch offenen rechtlichen Punkte ist daher angesichts der Marktentwicklung in anderen europäischen Ländern davon auszugehen, dass Elektroroller in kürzester Zeit eine erhebliche Marktdurchdringung erfahren werden. Für Anbieter dürfte es dabei maßgeblich sein, durch entsprechend schnelles Wachstum rasch einen Größenvorteil gegenüber Wettbewerbern zu erhalten und dem Kunden durch eine einfach zu bedienende App einen entsprechenden Nutzungskomfort zu verschaffen. Gleichzeitig kann durch eine verlässliche Zusammenarbeit mit den entsprechenden Kommunen ein gutes Arbeitsklima hergestellt werden, um auf etwaige Probleme durch lokale Ansprechpartner rasch reagieren zu können.

 

Sollten Sie Rückfragen zu diesem Thema haben, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Wir haben in der Vergangenheit eine Vielzahl von E-Mobility Anbietern bezüglich ihres Markteintritts in Deutschland und der Umsetzung der regulatorischen Vorgaben beraten.

Zur PDF-Version: Elektroroller stehen im Bereich E-Mobility in den Startlöchern

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