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21. September 2021

Tech M&A (dt./eng) – 3 von 7 Insights

“SPAC” - Special Purpose Acquisition Company

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Autor

Alexander R. Roth, M.Jur. (Oxford)

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Zugang zum Kapitalmarkt via SPAC Transaktion

Unternehmen aus den Bereichen Technologie und Life Sciences, die an die Börse streben, werden häufig vom US-amerikanischen Kapitalmarkt angezogen, für gewöhnlich in der Hoffnung auf höhere Bewertungen im Vergleich zu Europa.

Ein IPO war bisher der herkömmliche Weg, dies umzusetzen, doch SPACs sind in jüngster Vergangenheit zu einer mit offenbar weniger Hürden verbundenen Alternative geworden. Seit Beginn des Jahres 2020 sind über 650 SPACs aufgelegt worden, die über 200 Milliarden US-Dollar an Kapital eingeworben haben. Mit 248 US SPACs im Jahr 2020, die über 80 Milliarden US-Dollar einwarben, zog der Markt im Vergleich zum Jahr 2019 bereits enorm an. Im Jahr 2019 warben lediglich 59 US SPACS ca. 14 Milliarden US-Dollar ein. Im Jahr 2021 setzt sich dieser Trend fort. Bis September 2021 haben mehr als 410 US SPACs über 120 Milliarden US-Dollar eingeworben, weit mehr als im gesamten Jahr 2020, sowohl gemessen an der Anzahl der Transaktionen als auch an der Höhe des eingeworbenen Kapitals.

Während der Trend Europa erreicht hat (eine vergleichsweise geringe Anzahl an SPACs sind in Paris, Amsterdam und Frankfurt an die Börse gegangen und Großbritannien hat seine Zulassungsvoraussetzungen für die Börsennotierung von SPACs im August 2021 angepasst), notiert die große Mehrzahl von SPACs an US-amerikanischen Börsen.   

SPAC: Was ist ein SPAC und warum gibt es derzeit so viele?

“SPAC” steht für Special Purpose Acquisition Company (zuvor auch bekannt als “Blank-check Company”), und beschreibt eine Mantelgesellschaft, die über keinen operativen Geschäftsbetrieb verfügt und von einem Finanzinvestor (sog. Financial Sponsor) allein für den Zweck aufgesetzt wird, um über einen IPO an der Börse Kapital einzuwerben. Die Finanzinvestoren bzw. Gründer erbringen Kapitaleinlagen in das SPAC und erhalten dafür Verbundwertpapiere (sog. Units) bestehend aus Stammaktien und günstig bepreisten Optionsscheinen zum Bezug weiterer Aktien (sog. Founding oder Sponsor Shares und Warrants); diese Rechte erhalten auch die weiteren anfänglichen Investoren, aber im Fall der weiteren Investoren zu einem höheren Preis (typischerweise 10 US-Dollar in den USA oder 10 Euro in der EU). Das von der SPAC eingeworbene Kapital wird auf einem zinstragenden Treuhandkonto verwahrt und ist innerhalb einer bestimmten Zeit (üblicherweise zwei Jahre) zu dem Erwerb einer existierenden, operativ tätigen Gesellschaft („Zielgesellschaft“) zu verwenden.

Der Erwerb der Zielgesellschaft durch die SPAC (sog. “de-SPAC“ Transaktion) wird durch Kauf oder Verschmelzung (oder vergleichbare Transaktion) umgesetzt und bedarf der Zustimmung der Investoren. Infolge der de-SPAC Transaktion wird die fortbestehende, börsennotierte SPAC zur rechtlichen Einheit, die das operative Geschäft der Zielgesellschaft führt. Gelingt es der SPAC nicht, ihr Kapital innerhalb des vorgegebenen zeitlichen Rahmens zu allokieren, hat sie es an die Investoren zurückzugeben. Auch wenn die Investoren der de-SPAC Transaktion nicht zustimmen, haben sie das Recht, auszusteigen und die Rückzahlung ihres Kapitals gegen Einziehung ihrer Aktien zu verlangen. Selbst wenn der Transaktion von der Mehrheit der Aktionäre zugestimmt wird, sind ablehnende Aktionäre ggf. berechtigt, aus der SPAC gegen eine Zahlung auszutreten, die ihrer Investitionssumme zuzüglich Zinsen entspricht.

SPAC Transaktionen traten erstmals in den 80er Jahren auf und kennzeichneten die Dotcom Periode um das Jahr 2000. Sie haben aufgrund verschiedener Faktoren in den letzten Jahren wieder stark zugenommen: eine reifende “SPAC Industrie”, hohe Liquidität im Markt bei gleichzeitigem Mangel an Investitionsgelegenheiten und vor allem extreme Volatilität im Markt, die die globale Pandemie in 2020 ausgelöst hat, und die einige Unternehmen veranlasst hat, ihre IPOs zu verschieben, während andere den Weg über die SPAC als weniger riskanten Weg an die Börse wählten. Einige europäische Börsen erlauben die Notierung von SPACs, obwohl es wenig SPAC spezifische Regulierung gibt. Gleichwohl hat sich die Anzahl der SPACs am stärksten in den USA vermehrt. Diese Situation hat nun einen Wettbewerb zwischen SPACs ausgelöst, der durch die zeitliche Vorgabe, das Kapital innerhalb von zwei Jahren zu verwenden, verschärft wird. Eine attraktive und gut positionierte Zielgesellschaft, kann sich daher in einer Lage wiederfinden, in der sie von gleich mehreren SPACs hofiert wird.   

Für und Wider einer SPAC TransaktionVorteile 

im Vergleich zum IPO hat die SPAC Transaktion folgende Vorteile:

(a) Aus Sicht der Zielgesellschaft:

  • Abschlusssicherheit

    • Im Vergleich mit dem längeren IPO Prozess, der von einer erfolgreichen Roadshow abhängig ist, tendiert das sog. Business Combination Agreement, welches die de-SPAC Transaktion regelt, dazu, für eine höhere Sicherheit eines erfolgreichen Vollzugs (Closing) der Transaktion zu sorgen.

  • Preissicherheit

    • Statt von dem Ergebnis der IPO Roadshow abhängig zu sein, wird der Preis der de-SPAC Transaktion so sein, wie er zwischen der SPAC und den Gesellschaftern der Zielgesellschaft verhandelt wird

  • Auswahl des richtigen SPAC Sponsors

    • Zunehmender Wettbewerb zwischen den SPACs erlaubt es der Zielgesellschaft, einen SPAC Sponsor auszuwählen, der strategisch gut passt und für Folgendes sorgt:

      • Mehrwert für die Zielgesellschaft und ihr Management;
      • Angleichung der Interessen der Managementteams von SPAC und Zielgesellschaft;
      • Vorteilhafte Assoziierung mit dem guten Ruf des Sponsors in der Investorengemeinschaft.


(b) Aus Sicht des Sponsors und der weiteren Investoren:

  • Mögliche hohe Gewinne

    • Die Sponsoren übernehmen üblicherweise die Kosten für das Aufsetzen der SPAC. Im Gegenzug erhalten sie (i) Stammaktien (sog. Founding oder Sponsor Shares) zum Nominalwert von bis zu 20 Prozent der nach der de-SPAC Transaktion börsennotierten rechtlichen Einheit (sog. Sponsor Promote), plus (ii) separat handelbare Optionsscheine (sog. Founding oder Sponsor Warrants), die sie wirtschaftlich zusätzlich am etwaigen Anstieg des Aktienkurses partizipieren lassen.

  • Guter Investitionsschutz

    • Investoren erhalten eine Kapitalanlage, die mit Private Equity vergleichbar ist, jedoch verbesserte Investitionsschutzmechanismen aufweist, zuzüglich zusätzlicher wirtschaftlicher Vorteile, wenn sie ihre Optionsscheine ausüben.

  Herausforderungen
  • Komplexität kann auf die reale Bewertung durchschlagen

    • Die komplexen Kapitalstrukturen von SPACs – einschließlich der verwässernden Effekte der Sponsor Aktien und Optionsscheine – können die aufgerufene Bewertung (“headline” valuation) erheblich beeinflussen.

  • Verfügbarkeit erforderlicher Jahresabschlüsse

    • Im Fall einer US SPAC muss die Rechnungslegung der Zielgesellschaft den Anforderungen des US Public Company Accounting Oversight Boards genügen. Das kann die erneute Prüfung von Jahresabschlüssen vergangener Geschäftsjahre erforderlich machen und dies kann, je nach bisheriger Rechnungslegungspraxis der Zielgesellschaft, mehrere Monate dauern.

  • Erwägung, ob die Zielgesellschaft bereit dafür ist, börsennotiert zu sein („IPO/SPAC Readiness“)

Anforderungen an die Zielgesellschaft umfassen u.a.:
  • gesetzeskonforme und angemessene Corporate Governance Strukturen (z.B. hinsichtlich der Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat);

  • Vorhalten von angemessenen Risikomanagement, Investor Relations und Compliance Abteilungen;

  • Finanzberichtswesen, insbesondere hinsichtlich der Quartalsergebnisse;

  • Einhalten anwendbarer Abschlussprüfungsstandards und Controlling;

  • Einhalten der für börsennotierte Unternehmen geltenden Meldepflichten und

  • Verständnis der Auswirkungen ggf. sog. “Foreign Private Issuer” und sog. “Emerging Growth Company” zu sein, und ob der Status jeweils aufrechterhalten werden soll und kann.

  Umsetzung Zusätzlich im Rahmen der Umsetzung der SPAC Transaktion:
  • Berücksichtigung von Zeitdruck:

    • SPACs werden oft als Abkürzung zum IPO Prozess wahrgenommen.

    • Allerdings sind die Schritte der Vorbereitung auf die de-SPAC Transaktion mit denen der Vorbereitung für einen herkömmlichen IPO vergleichbar, was das Team der Zielgesellschaft unter Zeitdruck bringen kann.

    • Zusätzlich sollte die Zielgesellschaft für die Due Diligence durch die SPAC als Erwerberin vorbereitet sein, und dieser Due Diligence Prozess muss mit dem Fortschritt der Verhandlungen mit der SPAC Schritt halten.

  • Kosten und Risiken der Transaktion und einer Börsennotierung sind nicht zu unterschätzen:

    • SPAC Transaktionskosten können substantiell sein.

    • Marketingrisiken bestehen auch in de-SPAC Transaktionen.

    • Umfassende steuerliche Beratung zu den steuerlichen Auswirkungen der Transaktion wird erforderlich werden.

    • Kosten der kapitalmarktrechtlichen Compliance sind typischerweise in den USA höher als in Europa.

    • Führungskräfte von in den USA börsennotierten Unternehmen sind im Vergleich zu ihren europäischen Kollegen tendenziell höheren Haftungsrisiken ausgesetzt.

    • D&O Versicherung wird erforderlich werden und kann kostenintensiv sein.

Fazit

Für jedes operative Unternehmen, das bestrebt ist, Kapital aufzunehmen und börsennotiert zu werden, ist der Weg über eine SPAC eine echte Alternative. Das gegenwärtige Marktumfeld ist angesichts der Anzahl der SPACs, die nach einer Investitionsgelegenheit suchen, für diese operativen Unternehmen günstig. Allerdings wird es für die Erzielung eines erfolgreichen Ergebnisses erforderlich werden, umsichtig durch die hier geschilderten Herausforderungen zu steuern.

Authors: Alexander R. Roth M.Jur. Partner @ Taylor Wessing, Silicon Valley
Steven V. Bernard Partner @ Wilson Sonsini Goodrich & Rosati, Palo Alto
Michael C. Labriola Partner @ Wilson Sonsini Goodrich & Rosati, London 
Daniel Glazer Partner @ Wilson Sonsini Goodrich & Rosati, London

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