Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat sich im Rahmen eines Urteils vom 25. Oktober 2024 (Az.: 26 K 2072/23) mit der Frage nach der rechtlichen Einordnung von CBD-Mundpflegesprays als Lebensmittel, Kosmetika oder Arzneimittel befasst.
Mit Bekanntmachung vom 1. Juli 2020 hatte die Stadt Düsseldorf eine Allgemeinverfügung erlassen, mit der sie das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die Cannabidiol (im Folgenden: „CBD“) enthalten, im Stadtgebiet untersagte. Mit Bescheid vom Februar 2023 drohte sie der Klägerin, einem im Stadtgebiet ansässigen Unternehmen, das CBD-haltige Produkte in Form von Lebensmitteln, Kosmetika und pharmazeutischen Anwendungen herstellte und vertrieb, ein Zwangsgeld für den Fall der nicht bzw. nicht vollständigen Beachtung der Allgemeinverfügung an, wogegen sich die Klägerin gerichtlich wehrte.
Während die beklagte Stadt die streitgegenständlichen Produkte als Lebensmittel einstufte und deshalb den Anwendungsbereich ihrer Allgemeinverfügung als eröffnet sah, war die Klägerin der Auffassung, dass es sich bei ihren Produkten aufgrund der Anwendungsempfehlung („Je nach Belieben bis maximal 3 Sprühstöße täglich in den Mundraum sprühen. Nach 30 Sekunden ausspucken und nicht herunterschlucken.“) um Kosmetika handeln würde, die der Allgemeinverfügung nicht unterfallen würden.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied daraufhin, dass die streitgegenständlichen Produkte der Klägerin, die als „Kosmetisches Mundpflegespray mit Hanfblattextrakt“ deklariert und mit einem CBD-Gehalt von 5 bzw. 10 Prozent verfügbar sind, der Allgemeinverfügung der Stadt Düsseldorf unterfielen. Nach Auffassung des Gerichts handele es sich bei diesen Produkten – trotz gegenteiliger subjektiver Zweckbestimmung der Klägerin – aufgrund ihrer objektiven Aufmachung sowie der gefestigten Verbrauchererwartung um Lebensmittel im Sinne des Artikel 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 178/2002, so dass auch die gegenüber der Klägerin ergangene Zwangsgeldandrohung rechtmäßig sei.
Für die Frage der Einordnung eines Produkts als Lebensmittel sei auf die Legaldefinition des Art. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 178/2002 abzustellen. Danach sind „Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.“
Nach der Rechtsprechung wird die Tatbestandsalternative der „Erwartbarkeit“ immer dann relevant, wenn die subjektive Zweckbestimmung des Herstellers objektiv korrigiert werden muss. So darf ein Produkt nicht Kraft der subjektiven Zweckbestimmung der Anwendbarkeit des Lebensmittelrechts entzogen werden, wenn nach vernünftigem Ermessen die Aufnahme des Produkts durch Menschen erwartet werden kann. Für die Frage, was nach vernünftigem Ermessen erwartbar ist, ist wiederum abzustellen auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher.
Vorliegend war nach Auffassung des Gerichts eine solche Korrektur vorzunehmen. Nach der subjektiven Zweckbestimmung des streitgegenständlichen Produkts, die sich insbesondere aus den Anwendungshinweisen und der Kennzeichnung des Produkts als „Kosmetisches Mundpflegespray“ ergebe, könne nach Ansicht des Gerichts nicht von einem Lebensmittel ausgegangen werden, da dies eine Aufnahme über Mund/Nase mit anschließendem Durchlaufen des Magen-Darm-Traktes erfordere. Nach Auffassung des Gerichts stehe dies allerdings im Widerspruch zu der objektiven Verkehrsauffassung des Produkts. So bestehe die gefestigte Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, dass CBD-Öle als „Lifestyle“-Produkte für die orale Einnahme vorgesehen seien, von der sich Konsumenten positive gesundheitliche Wirkungen erhofften. Für die Ermittlung dieser objektiven Verkehrsauffassung stützte sich das Gericht insbesondere auf die Aufmachung der Produkte, ihre Beschreibung im Webshop, ihre Nähe zu CBD-Produkten, die nach subjektiver Zweckbestimmung zum Verzehr bestimmt sind sowie auf den Umstand, dass die streitgegenständlichen Produkte nicht geschmacklich verändert wurden, um ein Verschlucken zu verhindern. Weiterhin bezog sich das Gericht auf die Ergebnisse einer Studie, nach der Verbraucher CBD-Produkten beinahe ausschließlich Eigenschaften zuschreiben, die keinen Bezug zu einer kosmetischen Verwendung aufweisen, sondern allein durch Verzehr erreicht werden.
Im Übrigen seien die streitgegenständlichen Produkte nach der Auffassung des VG Düsseldorf auch nicht als Arzneimittel im Sinne des Art. 1 Nr. 2 RL 2001/83/EG zu qualifizieren. Für eine Qualifizierung als Funktionsarzneimittel fehle – jedenfalls bei der streitgegenständlichen geringen Dosierung – die erforderliche wissenschaftliche Feststellung einer erheblichen pharmakologischen Wirkung. Eine Einordnung als Präsentationsarzneimittel sei schon deshalb abzulehnen, weil sich die streitgegenständlichen Produkte aufgrund ihrer Verpackung und der beigefügten Produktinformationen für Verbraucher nicht als Arzneimittel darstellten.
Fazit
Das Urteil des VG Düsseldorf verdeutlicht, dass Hersteller ihre Produkte nicht durch ihre subjektive Zweckbestimmung dem Anwendungsbereich des Lebensmittelrechts entziehen können, wenn dies nicht in Einklang mit der objektiven Erwartung eines „Durchschnittsverbrauchers“ steht. In diesem Fall ist die subjektive Zweckbestimmung objektiv zu korrigieren.
Co-Autorin: Farina Simon