In seiner Entscheidung vom 19. Januar 2023 (Az.: 312 O 256/21) hatte sich das Landgericht Hamburg mit der Zulässigkeit verschiedener Aussagen zur Bewerbung eines Energy-Drinks auseinanderzusetzen, in welchen dem Getränk eine Steigerung der Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit zugeschrieben wurde. Es stellte sich die Frage, ob solche Angaben einen Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EG) NR. 1924/2006 („HCVO“) begründen können, zumal dieser im Grundsatz die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben grundsätzlich verbietet, was das Landgericht Hamburg im Ergebnis bejahte.
Der Kläger ist ein nach § 4 UklaG eingetragener Verband. Die Beklagte ist Herstellerin und Vertreiberin eines Getränkepulvers zur Zubereitung von Energy-Drinks, welcher insbesondere in „Gamer“-Kreisen beliebt ist. Die Beklagte bewarb das Pulver auf ihrer Internetseite mit dem Versprechen, es steigere Power, Leistung, Konzentration, Reaktionsfähigkeit, Fokus und Energie, wobei dies „gerade im Gaming Bereich entscheidend“ sei. Der Kläger war der Ansicht, dass derartige Werbeaussagen einen Verstoß gegen § 2 UKlaG i.V.m. Art. 10 HCVO und §§ 8, 3, 3a UWG i.V.m. Art. 10 HCVO darstellten. Die Angaben seien spezielle gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 10 HCVO, die wissenschaftlich erst nachgewiesen werden müssten. Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, dass es sich bei den in Frage stehenden Werbeaussagen lediglich um unspezifische (und somit zulässige) Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO handele.
Das Landgericht Hamburg folgte in seiner Entscheidung der Argumentation des Klägers und ordnete die streitgegenständlichen Werbeaussagen gemäß § 2 UKlaG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 HCVO als unzulässig ein. Es begründete dies damit, dass die Werbeaussagen spezielle gesundheitsbezogene Angaben enthielten, zumal zwischen dem Verzehr des Produkts und der Leistungsfähigkeit sowie den kognitiven Funktionen des Körpers ein Zusammenhang hergestellt werde, was unter die verbotenen Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. 1 HCVO falle. Hinsichtlich der Aussage in Bezug auf die Reaktionsfähigkeit ergebe sich der Gesundheitsbezug aus dem Umstand, dass dem Getränk eine positive Wirkung auf die Konzentration zugeschrieben werde. Die Aussage in Bezug auf die Reaktionsfähigkeit stelle zudem eine spezifische gesundheitsbezogene Aussage dar, da es sich bei der Reaktionsfähigkeit um eine konkret messbare Körperfunktion handele. Derartige Aussagen seien jedoch nicht in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß Art. 13 Abs. 3 HCVO aufgenommen worden und darüber hinaus auch nicht nach der Übergangsregelung des Art. 28 Abs. 5 HCVO zulässig. Gesundheitsbezogene Aussagen dürften sich zudem lediglich auf den Nährstoff beziehen, für welchen sie zugelassen sind, während sich die streitgegenständliche Werbung nicht auf das im Getränk enthaltene Koffein, sondern allgemein auf das Getränk bezogen. Die Aussagen seien somit insgesamt unzulässig.
Co-Autorin: My Anh Cao