Abweichungen vom Bebauungsplan
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Behörde, bei Bauvorhaben Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes zu genehmigen (§ 69 Wiener Bauordnung), wurden in der Wiener Bauordnungsnovelle erweitert:
Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes dürfen jedenfalls nur dann bewilligt werden, wenn diese das örtliche Stadtbild nicht störend beeinflussen, diese dem Erhalt und der Sanierung eines Gebäudes, das in einer Schutzzone liegt oder vor dem 01.01.1945 errichtet wurde, dient und keine Beeinträchtigung von UNESCO-Welterbestätten in ihrem außergewöhnlichen universellen Wert erfolgt. Andererseits sind Abweichungen vom Bebauungsplan nunmehr auch unter der Voraussetzung möglich, dass diese in dauerhafter Weise dem Klimaschutz oder der Klimawandelanpassung dienen.
Genehmigungsvereinfachungen
Mit der Bauordnungsnovelle 2023 wurde zudem die Liste der Bauführungen, die keiner Baubewilligung und keiner Bauanzeige bedürfen, erweitert („bewilligungsfreie Bauführungen“):
- Fotovoltaikanlagen (allerdings mit Ausnahmen, etwa wenn sie sich im Grünland-Schutzgebiet oder in Gebieten mit Bausperre befinden)
- Abschattungsvorrichtungen wie Markisen und dergleichen samt allenfalls vorhandener stützenartiger Unterkonstruktionen außerhalb von Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre
- Erdwärmesonden und dazugehörige Leitungen außerhalb von Grünland-Schutzgebieten und Gebieten mit Bausperre
- Ladepunkte mit einer Leistung von bis zu 22 kW für Elektrofahrzeuge auf Stellplätzen, auf Parkdecks sowie in Garagen und Garagengebäuden
Zum 31.12.2027 wird § 71a der Wiener Bauordnung, mit dem Bauten, die seit mehr als 30 Jahren ohne Baubewilligung bestanden und die auch nicht als Bauten vorübergehenden Bestandes bewilligt werden können, ersatzlos aufgehoben.
Förderung alternativer Energieträger und Bodenentsiegelung
Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, die Fotovoltaik-Leistung innerhalb des Stadtgebietes von 50 MWp im Jahre 2021 auf 800 MWp im Jahre 2030 zu steigern. In diesem Sinne sind nunmehr solare Energieträger oder andere technische Systeme zur Nutzung umweltschonender Energieträger mit gleicher Leistung mit einer Spitzen-Nennleistung von mindestens 1 kWp auf der Liegenschaft
- bei Neubauten von Wohngebäuden pro charakteristischer Länge des Gebäudes sowie für je 150 m² konditionierter Brutto-Grundfläche und bei Zubauten für je neu geschaffene 150 m²
- bei sonstigen Neubauten für je 100 m² konditionierter Brutto-Grundfläche und bei Zubauten für je neu geschaffene 100 m²
zum Einsatz zu bringen.
Zur Ermöglichung der Versickerung müssen bei Bauplätzen, die mehr als 500 m² groß sind, nunmehr 15 % der Fläche von jeglicher Bebauung frei bleiben und dürfen nicht versiegelt werden. Wenn dies für die Gewährleistung der zweckmäßigen Nutzung der Liegenschaft nicht möglich ist, ist im Ausmaß der Unterschreitung des genannten Prozentsatzes der Fläche ein begrüntes Dach mit einer mindestens 30 cm hohen durchwurzelbaren Substratschicht auszuführen.
Bei Vorgärten, Abstandsflächen und sonstigen gärtnerisch auszugestaltenden Flächen müssen zwei Drittel der Fläche unversiegelt bleiben und haben eine bodengebundene Begrünung und Bepflanzung aufweisen.
Fazit zur Wiener Bauordnungsnovelle 2023
Mit der Bauordnungsnovelle 2023 wurden Neuerungen im Bereich Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, Sicherung von Wohnraum sowie Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung umgesetzt. Unter diesen Zielvorgaben wurde insbesondere versucht, die gewerbliche Kurzzeitvermietung im gesamten Stadtgebiet zu steuern und zu beschränken sowie den Altbaubestand besser gegen Abrisse zu schützen. Ob insbesondere die letztgenannten Zielsetzungen erreicht werden, muss sich aber erst noch weisen.