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20. November 2023

Zukunftsfinanzierungsgesetz: Was sich ändert, was bleibt – unsere Experten beantworten die drängendsten Fragen

  • Briefing

Am vergangenen Freitag, den 17. November 2023, hat der Deutsche Bundestag das sog. Zukunftsfinanzierungsgesetz („ZuFinG“) beschlossen. Mit dem Gesetz werden die Möglichkeiten zu Mitarbeiterkapitalbeteiligung deutlich gestärkt und der Zugang zum Kapitalmarkt wird vereinfacht. Was sich ändert, was bleibt – unsere VC-, Arbeitsrechts- und Steuerexperten geben erste Antworten zu den drängendsten Fragen.

1. Gilt der durch das ZuFinG erneuerte § 19a EStG auch für mein Unternehmen?

Der Anwendungsbereich des erst 2021 eingeführten § 19a EStG wird durch das ZuFinG stark erweitert.

1.1 Zum einen können zukünftig die KMU-Schwellenwerte um ein Mehrfaches überschritten sein, ohne dass die Anwendbarkeit ausgeschlossen ist.

(a) Bislang gilt, dass nur Unternehmen (i) mit weniger als 250 Beschäftigten und (ii) einem Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro oder einer Jahresbilanzsumme von weniger als 43 Millionen Euro von dem Steueraufschub des § 19a EStG profitieren können (reguläre KMU-Schwellenwerte).

(b) Zukünftig soll das Gesetz für Unternehmen gelten, die (i) weniger als die vierfache Anzahl an Mitarbeitern beschäftigen und (ii) einen Jahresumsatz von weniger als dem Doppelten des KMU-Schwellenwertes oder eine Jahresbilanzsumme von weniger als dem Doppelten des KMU-Schwellenwertes haben.

1.2 Auch in zeitlicher Hinsicht werden eine Vielzahl neuer Unternehmen in den Anwendungsbereich einbezogen.

(a) Zukünftig können von dem Steueraufschub solche Unternehmen Gebrauch machen, die die neuen, höheren Schwellenwerte im Jahr der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder in den vergangenen sechs Kalenderjahren zumindest einmal nicht überschritten hatten; insgesamt also sieben Jahre.

(b) Im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung darf die Gründung des Unternehmens bis zu 20 Jahre zurückliegen.

1.3 Falls es sich bei der Vermögensbeteiligung um vinkulierte Anteile handelt, werden sie jedenfalls als zugeflossen gelten. Damit greift das Gesetz Bedenken auf, dass vinkulierte und verbilligt zugewendete Anteile dem Begünstigten steuerlich nicht zufließen würden.

2. Welchen großen Vorteil hat § 19a EStG für die Mitarbeiterbeteiligung?

Ein großer Vorteil des Gesetzes ist die Verhinderung einer Dry-Income-Besteuerung. Der geldwerte Vorteil aus der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung ist zu versteuern. Um zu verhindern, dass der Arbeitnehmer bereits dann mit der Steuer belastet ist, bevor ihm Geld zufließen, hält der Gesetzesentwurf an der Methode des Steueraufschubs fest. Gewährt wird anstatt der bisherigen 12 Jahre ein Steueraufschub von bis zu 15 Jahren. Der Dry-Income-Besteuerung wird auch im Falle eines Leaver-Events vorgebeugt. Denn der Arbeitgeber kann die vom Arbeitnehmer einst erworbenen Gesellschaftsanteile zurückerwerben. Für die Besteuerung maßgeblich ist dann nicht der Verkehrswert der Anteile im Zeitpunkt der Übertragung, sondern die tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlte Vergütung. Nach wie vor vorteilhaft ist, dass im Rahmen des § 19a EStG der Verkehrswert der Anteile im Zeitpunkt der Übertragung an den Mitarbeiter für die Einkommenssteuer relevant ist, auch wenn die Besteuerung um bis zu 15 Jahre aufgeschoben wird.

Wichtig zu beachten ist aber, dass das Gesetz eine Nachversteuerung grundsätzlich zwingend vorsieht (i) nach Ablauf von 15 Jahren (siehe zuvor) oder (ii) bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Gerade die letztgenannte Regel dürfte viele davon abgehalten haben, die aufgeschobene Besteuerung ernsthaft zu erwägen. Nach der Neuregelung kann nicht nur der Arbeitgeber zurückerwerben (siehe zuvor), sondern es lässt sich auch die drohende Nachversteuerung in den beiden Fallgruppen ausschließen. Das gibt es nicht umsonst – der Arbeitgeber muss nämlich für die spätere Lohnsteuer bei Exit (genauer: bei jeder Übertragung gemäß § 19a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG) einstehen und seine Haftungsübernahme verbindlich erklären. Einfach ausgedrückt, muss er das Risiko tragen, dass die entsprechenden Beträge vom Mitarbeiter nicht entrichtet werden oder nicht erstattet werden.

3. Wie funktioniert die Haftungsübernahme?

§ 19a EStG entlastet den begünstigten Arbeitnehmer von der ggf. erheblichen Steuerlast nach Ablauf der 15 Jahre oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitgeber unwiderruflich erklärt, im Falle einer Übertragung der Gesellschaftsanteile für die anfallende Lohnsteuer zu haften. Erklärt der Arbeitgeber die Haftungsübernahme, führt dies zu einem zeitlich unbegrenzten Steueraufschub bis zum Exit durch den Begünstigten. Während damit kurzfristig ein Problem gelöst wird (Mitarbeiter muss keine Angst haben, bei Arbeitgeberwechsel Steuern auszulösen), entsteht ein neues. Der die Haftung tragende Arbeitgeber muss diese drohende Verbindlichkeit wirtschaftlich tragen und ggf. auch passivieren.

4. Werden jetzt ESOP Programme der neue Standard?

Anders als bei der virtuellen Mitarbeiterbeteiligung (VSOP) erwirbt der Arbeitnehmer bei ESOP schuldrechtlich die Option, nach einer Ansparphase, eine zuvor festgelegte Anzahl an Gesellschaftsanteilen zu erwerben. Erst wenn die Option ausgeübt wird und der Geschäftsanteil übertragen wird, kommt der neue § 19a EStG zum Tragen. Erst dann greifen die beschriebenen Mechaniken des Steueraufschubes und der ggf. erklärten Haftungsübernahmen.

Freilich denkbar ist die Ausgestaltung eines ESOP, im Rahmen dessen die erworbene Option bereits vor einem Exit ausgeübt werden kann. Üblich ist jedoch eine Ausübung der Option nur im Exit-Falle, also wenn es zu einer Veräußerung des Unternehmens kommt.

Der Hintergrund ist regelmäßig gesellschaftsrechtlicher Natur. Um bei einer Vielzahl an beteiligten Mitarbeitern mit Teilnahme-, Stimm- und Informationsrechten nicht Gefahr zu laufen, dass die Gesellschaft handlungsunfähig und die Geschäftsführung unpraktikabel wird, wird die Ausübung der Option regelmäßig an ein Exit-Ereignis geknüpft.

Eine andere Möglichkeit ist eine Beschränkung der Gesellschafterrechte. Dies geschieht entweder durch eine schuldrechtliche Pooling-Vereinbarung oder durch die Zwischenschaltung einer Mitarbeiterbeteiligungs-Gesellschaft (Pooling-Vehicle) in Form einer Personengesellschaft.

5. Kann ich ein bestehendes VSOP-Modell auch in ein ESOP-Modell umwandeln?

Wurde in einem Unternehmen bereits ein VSOP etabliert, könnte dies in ein ESOP umgewandelt werden. Ein solcher Wechsel der Beteiligungsart ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn die vom Arbeitnehmer erworbene Option auf Erwerb der Gesellschaftsanteile nicht erst im Falle eines Exits ausgelöst werden kann, sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt in der Aufbauphase des Unternehmens. Denn ansonsten bestünden steuerlich für den beteiligten Arbeitnehmer keine Vorteile gegenüber der Beteiligung durch virtuelle Anteile, bei dem der Mitarbeiter anteilig einen Teil des Veräußerungserlöses erhält. Denn wird die Option erst im Falle eines Exits ausgeübt, bietet der neue § 19a EStG keinerlei Vorteil. Es käme dann auf den Verkehrswert des übertragenen Anteils im Zeitpunkt des Exits an. Die Besteuerung anhand des Verkehrswertes führt hier dann dazu, dass letztlich der Kaufpreis je Geschäftsanteil zu Grunde zu legen ist. Der Exit-Erlös unterläge dann vereinfacht der vollen individuellen Einkommenssteuer, ein Aufschieben der Besteuerung ist in diesem Fall nicht möglich. Insoweit aber bestünde dann kein steuerlicher Unterscheid zur virtuellen Beteiligung.

Eine andere Frage ist, ob ein VSOP in echte Anteile umgewandelt werden kann. Das ist grundsätzlich möglich. Der aktuelle Wert der Anteile würde dann als Arbeitslohn – nachgelagert, s.o. – versteuert. Die zukünftige Wertsteigerung würde steuerlich günstiger realisiert werden können. Voraussetzung ist, dass der Swap nicht als Realisation des VSOP gesehen wird; das ist ggf. mit der Finanzverwaltung zu klären. Auch ist darauf hinzuweisen, dass das Zwischenschalten einer individuellen Holding nicht möglich ist. Derartige Optimierungen schließt das Gesetz aus.  

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