Autoren

Dr. Oliver Bertram

Partner

Read More

Karolina Lange-Kulmann, LL.M. (Medizinrecht)

Partnerin

Read More
Autoren

Dr. Oliver Bertram

Partner

Read More

Karolina Lange-Kulmann, LL.M. (Medizinrecht)

Partnerin

Read More

6. Juli 2022

Gesellschafter-Geschäftsführer eines MVZ sozialversicherungspflichtig?

  • Briefing

Folge neuer Rechtsprechung des BSG: Auch Gesellschafter-Geschäftsführer eines MVZ können beitragspflichtig zur Sozialversicherung sein

Eine neue Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 28. Juni 2022 (Aktenzeichen B 12 R 4/20 R) gibt Anlass zur Besorgnis, dass Gesellschafter-Geschäftsführer eines MVZ der Sozialversicherungspflicht unterliegen und Beiträge an die jeweiligen Zweige der Sozialversicherung zu entrichten haben. Für die Vergangenheit drohen dadurch Nachzahlungen nebst hohen Säumniszuschlägen. Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten zur Gestaltung, um eine Beitragspflicht zu vermeiden.


Entscheidung

Konkret entschieden hat das Bundessozialgericht, dass Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft, also einer besonderen Form der GmbH, gem. § 7 SGB IV abhängig beschäftigt und somit beitragspflichtig zur Sozialversicherung sein können. Jedenfalls die besondere berufliche Unabhängigkeit von Rechtsanwälten – die wie Ärzte und Zahnärzte einen Freien Beruf ausüben – stünde dem nicht entgegen, so das Gericht. Auch wenn die Urteilsgründe noch nicht veröffentlicht wurden, ist wahrscheinlich, dass Selbiges auch für Gesellschafter-Geschäftsführer eines MVZ gelten wird. Analog zur Unabhängigkeit von Rechtsanwälten wird auch die ärztliche Unabhängigkeit bei der Behandlung von Patienten nicht vor der möglichen Annahme einer abhängigen Beschäftigung bei Ausübung der Geschäftsführerfunktion schützen. 

Bereits die Vorinstanz (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2019 – L 13 R1216/17) trennte die Tätigkeit als Rechtsanwalt mit der berufsrechtlich garantierten Unabhängigkeit von derjenigen als Geschäftsführer, die gerade nicht unter das Berufsrecht fällt. Auch in der zuletzt ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat die berufsrechtliche Unabhängigkeit von Ärzten in Bezug auf den sozialversicherungsrechtlichen Status keine Rolle gespielt. So hat das Bundessozialgericht bereits 2019 entschieden, dass Honorarärzte im Krankenhaus (Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 11/18 R) in der Regel eine abhängige Beschäftigung ausüben. 

Besonders brisant: Selbst die erfolgte Zahlung von Beiträgen zum Versorgungswerk des jeweiligen Arztes schützt nicht vor Beitragsnachzahlungen zur Deutschen Rentenversicherung für zurückliegende Zeiträume. Die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung entfällt nur, wenn zuvor ein Befreiungsbescheid für die jeweilige Tätigkeit ergangen ist.


Risiken für die Praxis

Für Gesellschafter-Geschäftsführer von MVZ bedeutet dies, dass ein erhebliches Risiko einer Nachzahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung besteht. Schlimmstenfalls kommen noch Säumniszuschläge gem. § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 1% des nachzuzahlenden Beitrags pro Monat seit Auszahlung des zu verbeitragenden Entgelts hinzu. Denn die Deutsche Rentenversicherung geht bereits bei einer Kenntnis von den zugrundeliegenden Tatsachen davon aus, dass der Bestand eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erkennbar war und das MVZ sich im Zweifel an einen Anwalt hätte wenden müssen.

Die Verjährung ist dabei denkbar lang – selbst im günstigen Fall beträgt sie gem. § 25 Abs. 1 SGB IV vier Jahre, wobei bis zum Beginn des Kalenderjahres zurückgerechnet wird. Liegt Vorsatz vor, erhöht sich die Verjährung auf 30 Jahre. Und schlimmstenfalls droht gar eine strafrechtliche Verfolgung wegen der Vorenthaltung von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB.


Was tun?

Die sozialversicherungsrechtlich abhängige Beschäftigung – und damit das Risiko einer Zahlungspflicht an die Sozialversicherungsträger – hängt von der gesellschaftsrechtlichen und personellen Strukturierung des MVZ ab. Es kommt auf die Rechtsform der zugrundeliegenden Gesellschaft (GmbH, PartG, GbR) sowie auf die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages und der Umstände der Geschäftsführung (insbesondere Vorliegen einer kaufmännischen Leitung) an. Gerne beraten wir Sie zu den Risiken und zeigen Lösungen zur Gestaltung auf.

Für zurückliegende Zeiträume ist es besonders wichtig, reinen Tisch zu machen, um ein Aufsummieren der Säumniszuschläge zu stoppen und einem möglichen strafrechtlichen Vorwurf frühzeitig zu begegnen. Dies gilt umso mehr, als dass ein entsprechendes Strafverfahren die vertrags(zahn)ärztliche Zulassung oder die Approbation in Frage stellen kann.

Sprechen Sie uns bei Fragen gerne an.

Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren