Autorin: Ina Kamps
„Milck“ – als Marke eingetragen, Werbung damit aber wettbewerbswidrig
Wer „Milck“ liest, stellt sich ein Produkt tierischen Ursprungs vor – so könnte man eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Stuttgart zusammenfassen. Das Gericht untersagte einem Stuttgarter Startup, seine pflanzlichen Milchersatzprodukte aus Hanfsamen mit den Bezeichnungen „Pflanzenmilck“, „Milckprodukte“ und „hemp milck“ zu bewerben, weil die Bezeichnung irreführend sei (Urteil vom 10.02.2022, Az. 11 O 501/21, nicht rechtskräftig). Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale, die in dem von der Beklagten kreierten Kunstwort „Milck“ eine klare Anlehnung an den geschützten Begriff „Milch“ und damit einen Verstoß gegen den absoluten Bezeichnungsschutz für Milchprodukte nach der EU-Marktorganisationsverordnung sah.
Das Landgericht folgt der Auffassung der Wettbewerbszentrale. Grundlage der Entscheidung ist Art. 78 Abs. 1 lit. c), Abs. 2 i.V.m. Anh. VII Teil III Nr. 6 Abs. 1 EU-Marktorganisationsverordnung: Danach dürfen die Bezeichnungen „Milch“ und „Milcherzeugnisse“ in der EU grundsätzlich nur für Produkte tierischen Ursprungs verwendet werden. Es darf nicht (z.B. durch das Etikett, Handelsdokumente, Werbematerial, Werbung oder die Aufmachung) behauptet oder der Eindruck erweckt werden, dass es sich bei der so gekennzeichneten Ware um ein Erzeugnis tierischen Ursprungs handelt.
So liege es nach Meinung der Stuttgarter Richter aber hier: Entgegen der Auffassung des Startups sei das Kunstwort „milck“ gerade keine Fantasiebezeichnung. Vielmehr erkenne der Durchschnittsverbraucher darin eine Kombination aus dem deutschen Wort „Milch“ und dem englischen „milk“. Dies sei irreführend und damit liege ein Wettbewerbsverstoß vor. Auch die Tatsache, dass die Bezeichnung „Milck“ als Wortmarke eingetragen sei, ändere daran nichts.
Praxishinweis: Vor Eintragung einer Marke für ein bestimmtes Produkt (hier „Milck“ u.a. für „Milchersatz“) ist es ratsam, die gewählte Bezeichnung auch auf andere Risiken wie beispielsweise den Bezeichnungsschutz zu überprüfen.
Von Moon Boots und Kult-Campern: Von den Schwierigkeiten einer 3D-Marke
Dreidimensionale Marken, auch Formmarken genannt, sind dreidimensionale Formen und Gestaltungen jeder Art, einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung. Prominente Beispiele sind die Coca Cola-Flasche, das Lego-Männchen oder die Form der Toblerone-Schokolade. Der Schutz einer 3D-Form als Marke war schon immer eine Herausforderung. Meist scheitert eine Eintragung im Register an der fehlenden Unterscheidungskraft, an die der EuGH hohe Anforderungen stellt: Unterscheidungskraft einer dreidimensionalen Form besteht nach dessen Rechtsprechung erst dann, wenn sich die angemeldete Form eindeutig von der Norm oder der Branchenüblichkeit abhebt und daher als Herkunftshinweis dienen kann.
Zwei Beispiele aus der jüngeren Entscheidungspraxis des EuG und der Beschwerdekammern des EUIPO veranschaulichen die Schwierigkeiten, denen die Eintragung dreidimensionale Marken begegnen kann.
So hat das EuG im Januar (Urteil vom 19.01.2022, T-483/20) eine zuvor ergangene Entscheidung der Beschwerdekammer bestätigt, nach der die dreidimensionale Marke zum Schutz des berühmten „Moon Boot“ für die Warenklasse 25 (insbes. Schuhe) aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft aus dem Register gelöscht werden muss.
Schon die Beschwerdekammer hatte argumentiert, die hier maßgeblichen Verkehrskreise seien nicht der Ansicht, dass die Marke deutlich von der Masse der auf dem Markt befindlichen Après-Ski-Schuhe abweiche. Sie besitze daher nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Das EuG stimmt dem mit Urteil vom 19.01.2022 zu und stellt fest, dass "die Form der angefochtenen Marke der üblichen Form von Skischuhen entspricht, die im Allgemeinen aus einem hohen Schaft, oft aus leichtem synthetischem Material, mit Sohlen und Schnürsenkeln bestehen". Obwohl die Schuhe selbst ikonisch sein könnten, weise die Form nicht die erforderliche Unterscheidungskraft auf und könne daher nicht als Herkunftshinweis dienen. Der Markenschutz ist für die Herstellerfirma damit verloren. Interessantes Detail: Zivilgerichte in Italien, dem Sitz der Herstellerfirma des „Moon Boot“, haben in der Vergangenheit entschieden, dass die ikonischen Boots urheberrechtlichen Schutz genießen.
Anders als beim „Moon Boot“ fiel die Entscheidung im Hinblick auf eine mindestens ebenso, wenn nicht noch bekanntere „Ikone“ aus: Die Erste Beschwerdekammer des EUIPO hat dem VW „Bulli“ aufgrund seiner besonders herausragenden Form den Formmarkenschutz zuerkannt.
Das EUIPO hatte die Eintragung der Marke zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass die Form des „Bulli“ keine Unterscheidungskraft für Fahrzeuge aufweise. Demgegenüber hat die Erste Beschwerdekammer (Entscheidung vom 29.11.2021 - R 2421/2020-1) nun entschieden, dass die Form aufgrund der auffälligen Merkmale von den maßgeblichen Verkehrskreisen sehr wohl als unterscheidungskräftig angesehen werde: Dort, wo man normalerweise einen Kühlergrill – ein wesentliches Element des Aussehens eines Fahrzeugs – erwarten würde, sei eine V-förmige Vertiefung (Sicke) angebracht, die zusammen mit den runden Scheinwerfern wie beim VW „Käfer“ an den Kopf eines Insekts erinnere. Dieses auffällige Merkmal sei in der Lage, wesentlich auf den herkunftshinweisenden Gesamteindruck einzuwirken. Auch die weiteren Merkmale – geteilte Frontscheibe, trapezförmige Heckfenster, die acht Seitenfenster sowie die rundliche Form – seien in ihrer Gesamtheit so außergewöhnlich, dass die maßgeblichen Verbraucher in der angemeldeten Fahrzeugform einen Herkunftshinweis erkennen können.
Dies werde durch eine Internetrecherche und den Vergleich mit anderen Kleintransportern bestätigt: Die Form des "Bulli" sei bereits in den 50er Jahren besonders einprägsam gewesen und weiche auch zum Anmeldezeitpunkt der Marke wesentlich von der Branchenüblichkeit ab. Dem VW „Bulli“ wurde der Formmarkenschutz daher gewährt und die Marke im Register eingetragen.
Praxishinweis: Formmarken sind besonders schwierig zu schützen, da es entscheidend auf die wesentliche Abweichung der anzumeldenden Form von dem branchenüblichen Formenschatz ankommt. Vor der Anmeldung einer dreidimensionalen Form als Marke sollte daher das Marktumfeld nach bereits vorhandenen Formen gründlich beleuchtet und die Formen miteinander verglichen werden. Der Fall „Moon Boots“ zeigt überdies, dass Formmarken im Laufe der Zeit üblich werden und in der Folge den Schutz als ein-getragene Marke verlieren können. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, recht-zeitig gegen die Verwendung verwechslungsfähiger Formen durch Dritte vorzugehen, um zu verhindern, dass die eigene Form mit der Zeit „üblich“ wird.
Design – Internationaler Designschutz nun auch in China
China ist der Genfer Akte des „Haager Abkommens über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle“ (kurz Haager Musterabkommen HMA), das von der WIPO verwaltet wird, beigetreten. Die Genfer Akte wird in China am 5. Mai 2022 in Kraft treten. Designinhabern ist es damit ab diesem Zeitpunkt möglich, durch internationale Hinterlegung ihrer Muster oder Modelle auch Schutz in China zu erhalten.