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18. März 2022

Catch-All-Klauseln unwirksam = eine große Gefahr für das unternehmenseigene Know-how

  • Briefing

Prüfung der Know-how-Schutz Klauseln in Arbeitsverträgen dringend erforderlich

Das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) gilt nun seit fast drei Jahren – und stellt noch immer viele Unternehmen vor große Herausforderungen.

Klar ist, wer sich auf Geheimnisschutz berufen möchte, muss darlegen und beweisen können, dass die Informationen durch objektive und angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt sind. Dabei gilt, nicht für jede Information ist ein maximaler Schutz notwendig. Das Gesetz verlangt keinen „perfekten Schutz“ (OLG Düsseldorf, 11.03.2021 GRUR-RS 2021, 17483). Als Faustregel gilt: Je wichtiger das Geheimnis und je höher die Risiken, desto größere Anstrengungen müssen zum Schutz des Geheimnisses unternommen werden.

Zum unverzichtbaren „Basisschutz“ gehören aber wirksame Geheimhaltungsklauseln in Arbeitsverträgen. Austrittstor für Geschäftsgeheimnisse sind nämlich in den ganz überwiegenden Fällen Arbeitnehmer, insbesondere in Konflikt- und Trennungssituationen oder zur Vorbereitung einer Selbständigkeit. Ohne wirksame Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag können Unternehmen rechtlich einen Abfluss ihres Know-how durch „abtrünnige“ Arbeitnehmer nicht verhindern.

Immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen waren dabei zuletzt sog. „Catch-All-Klauseln“, also Klauseln, die den Arbeitnehmer verpflichten, alle im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis erlangten Informationen unbeschränkt und für immer geheim zu halten. Wir hatten bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass diese äußerst kritisch zu bewerten sind.

Diese Einschätzung bestätigt erneut eine jüngst ergangene Entscheidung des Arbeitsgerichts Aachen. Dieses hat in seinem Urteil vom 13. Januar 2022 (ArbG Aachen, 13.01.2022, BeckRS 2022, 1697) festgestellt, dass eine solche Klausel keine angemessene Geheimhaltungsmaßnahme im Sinne von § 2 Nr. 1 b) GeschGehG darstellt und die Klage des Arbeitsgebers wegen Geschäftsgeheimnisverletzung abgewiesen. 

Insbesondere „Alt-Verträge“ gehören also dringend auf den Prüfstand – andernfalls droht der (unwiederbringliche) Verlust des unternehmenseigenen Know-hows!

Sachverhalt

Das Arbeitsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob einem Unternehmen gegen einen ehemaligen Mitarbeiter Unterlassungsansprüche aufgrund der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen zustehen. Noch während seiner Tätigkeit für das klagende Unternehmen hatte dieser mehrere E-Mails nebst Anlagen unter einem Pseudonym an die damaligen Gesellschafter einer potentiellen Konkurrentin der Klägerin versandt. Darin erblickte die Klägerin, nachdem ihr der Versand der E-Mails zur Kenntnis gelangt war, einen Verstoß gegen die arbeitsvertraglich vereinbarte Geheimhaltungsklausel sowie §§ 4, 6 GeschGehG, weshalb sie den ehemaligen Mitarbeiter zunächst (erfolglos) abmahnte und sodann den Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Aachen beantragte, die im schriftlichen Verfahren zunächst erlassen, nach Verweisung vom Arbeitsgericht Aachen aber wieder aufgehoben wurde. Auch die Berufung der Klägerin beim Landesarbeitsgericht Köln blieb erfolglos, da auch das Landesarbeitsgericht Köln die arbeitsvertragliche Geheimhaltungsklausel für zu weitgehend und damit für unwirksam erachtete. Die Klägerin erhob sodann Hauptsacheklage beim Arbeitsgericht Aachen, mit der sie ebenfalls scheiterte.

Begründung des Arbeitsgerichts

In seiner Entscheidung führte das Arbeitsgericht aus, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 6 S. 1 GeschGehG nicht bestehe, weil die Klägerin nicht dargelegt habe, dass es sich bei den in Rede stehenden Informationen um ihre Geschäftsgeheimnisse handele. Es fehle u.a. an der Darlegung angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen.

In Bezug darauf führte das Arbeitsgericht zunächst aus: „Die vom Inhaber des Geschäftsgeheimnisses getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen müssen angemessen sein. Die konkreten Geheimhaltungsmaßnahmen hängen von der Art des Geschäftsgeheimnisses im Einzelnen und von den konkreten Umständen der Nutzung ab. Bei der Wertung der Angemessenheit der Schutzmaßnahmen können insbesondere der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten, die Natur der Informationen, die Bedeutung für das Unternehmen, die Größe des Unternehmens, die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen in dem Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen und vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern berücksichtigt werden (OLG Stuttgart 19.11.2020 - 2 U 575/19, Rn. 169; LAG Baden-Württemberg 18.08.2021 - 4 SaGa 1/21, Rn. 33; OLG Hamm 15.09.2020 - I-4 U 177/19, Rn. 162 f.; LAG Düsseldorf 03.06.2020 - 12 SaGa 4/20, Rn. 81; BT-Drucksache 19/4724, S. 24 f.).“ 

Darlegungs- und beweisbelastet für das Ergreifen „angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen“ sei dabei die Klägerin als Anspruchstellerin. Dieser Verpflichtung sei die Klägerin nicht nachgekommen. Insbesondere sei die arbeitsvertragliche Geheimhaltungsklausel keine geeignete Maßnahme, denn die betreffende Klausel gehe über das berechtigte Interesse des Arbeitgebers weit hinaus und trage der besonderen Situation des Arbeitnehmers, der in Wahrnehmung seiner grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit (Art. 12 GG) den Arbeitgeber unter Verwertung seines Fachwissens wechseln können müsse, nicht ausreichend Rechnung. Insbesondere für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses enthalte eine Catch-all-Klausel eine übermäßige Vertragsbindung, weshalb diese gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und somit unwirksam sei.

Praxishinweis 

Die vorstehend besprochene Entscheidung betont noch einmal die Bedeutung, die objektiven und angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen zukommt. Fehlt es daran, besteht kein Geheimnisschutz! 

Wer erfolgreich Schutz nach dem GeschGehG beanspruchen möchte, sollte daher nachweislich ein Schutzkonzept implementiert haben und dieses auch fortlaufend überprüfen und anpassen. Dabei gilt es zu beachten, dass sich die konkret zu ergreifenden Maßnahmen an dem konkret zu schützenden Geheimnis zu orientieren haben. 

Je nach Schutzbedarf sind dabei mehr oder weniger weitreichende technische (z. B. sichere Passwörter, Verschlüsselung der Kommunikation, eindeutige Kennzeichnung von geheimhaltungsbedürftigen Informationen), organisatorische (z. B. Einführung eines strikten „need-to-know“-Prinzips, Zugangs- und Zugriffsbeschränkungen, Installation von Alarmanlagen, Firewalls, Verbot zur Nutzung privater Speichermedien; Implementierung eines Compliance-Systems) sowie vertragliche Maßnahmen (z. B. Vertraulichkeitsvereinbarungen mit Mitarbeitern und Vertragspartnern; Allgemeine Richtlinien und Anweisungen) zum Schutz der betreffenden
Geheimnisse zu implementieren.

Das nützt aber alles nichts, wenn nicht einmal wirksame Geheimhaltungsklauseln im Arbeitsvertrag vereinbart wurden. Es ist daher nicht nur auf eine sorgsame, möglichst schriftliche Dokumentation der ergriffenen Maßnahmen zu achten.  Unternehmen ist in Anbetracht dieser Entscheidung  dringend zu raten, die im Unternehmen verwendeten arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitsklauseln zu überprüfen und ggf. anzupassen. Geschäftsgeheimnisse und sonstige schützenswerte Informationen sind im Arbeitsvertrag hinreichend zu konkretisieren, damit diese für die Arbeitnehmer:innen transparent sind. Ohne eine entsprechende Prüfung und ggf. Anpassung dürften erhebliche Schutzlücken für Unternehmen bestehen und somit auch ein Haftungsrisiko für das Unternehmen und die Unternehmensleitung begründen. Dieses ist jedoch durch eine entsprechende Compliance im Know-how-Bereich in den Griff zu bekommen.

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