7. Januar 2021
Ein wirklich außergewöhnliches Jahr liegt hinter uns, das auch mit Blick auf das Arbeitsrecht insbesondere durch die Corona-Pandemie und die Brexit-Verhandlungen geprägt worden ist. Bereits im Jahre 2020 sind wesentliche Änderungen im Arbeitsrecht erfolgt, die uns teilweise auch noch im Jahre 2021 erhalten bleiben. Für einen guten Start in das neue Jahr informieren wir Sie mit diesem Beitrag über die wichtigsten arbeitsrechtlichen Neuerungen.
Die nachfolgenden Neuerungen bleiben uns auch im Jahre 2021 erhalten.
Die aufgrund der Corona-Pandemie etablierten Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld sind bis Ende des Jahres gültig. Das heißt konkret:
Geändert hat sich zum Jahreswechsel hingegen die großzügige Handhabung der Bundesagentur für Arbeit (BA) betreffend die vorrangige Einbringung von Urlaubsansprüchen der Beschäftigten zur Vermeidung von Kurzarbeit. Sah die BA von einer solchen Forderung noch bis Ende 2020 ab, muss fortan übertragener Resturlaub aus 2020 sowie Urlaub aus 2021 für die Beantragung von Kurzarbeitergeld vorrangig eingebracht werden. Die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer sollen jedoch weiterhin vorgehen.
Die Möglichkeit zur Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen für Betriebsräte gemäß § 129 BetrVG ist bis zum 30. Juni 2021 verlängert worden. Der Betriebsrat darf daher weiterhin virtuell tagen und beschließen. Mit der virtuellen Betriebsratsarbeit haben sich bereits unsere Experten Marc André Gimmy im Newsletter Juli 2020 und Dr. Friedrich Goecke im Newsletter September 2020 beschäftigt.
Die nachfolgenden Regelungen sind bereits zum Jahresbeginn in Kraft getreten oder werden im Laufe des Jahres wirksam.
Seit Jahresbeginn beträgt der gesetzliche Mindestlohn 9,50 Euro (brutto) je geleisteter Arbeitsstunde. Er wird ab dem 1. Juli 2021 erneut, nämlich auf 9,60 Euro (brutto), erhöht. Arbeitgeber müssen daher beachten, dass Minijobber nur noch rund 47 Stunden im Monat arbeiten dürfen, um die 450-Euro-Grenze nicht zu überschreiten.
Zu Jahresbeginn ist das noch kurz vor Ende der Brexit-Übergangsfrist an Heiligabend abgeschlossene Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich vorläufig in Kraft getreten. Danach erhalten britische Staatsangehörige, die in diesem Jahr nach Deutschland einreisen, einen erleichterten Arbeitsmarktzugang. Sie benötigen zur Einreise kein Visum, wenn sie einen längerfristigen Aufenthalt zu Erwerbszwecken in Deutschland planen. Das Europäische Parlament muss dem Abkommen noch zustimmen.
Ein eher überraschendes Gesetz wurde – ausgelöst von der Corona-Pandemie – noch im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht: das Arbeitsschutzkontrollgesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie. Es ist zum Jahresbeginn in Kraft getreten und verbietet zunächst den Einsatz von Fremdpersonal im Wege von Werkverträgen beim Schlachten, Zerlegen und beim Verarbeiten von Fleisch. Ab April 2021 wird dann auch die Zeitarbeit in diesen Bereichen weitgehend unzulässig sein. Arbeitnehmerüberlassung ist dann nur noch in der Fleischverarbeitung und nur in Höhe von maximal 8% des betrieblichen Arbeitszeitvolumens zulässig, wenn dies im Rahmen eines Tarifvertrages vorgesehen ist. Zum 1. April 2024 soll dann ein vollständiges Verbot der Leiharbeit in Kraft treten. Mehrere Eilanträge vor dem Bundesverfassungsgericht wurden noch kurz vor Jahresschluss abgewiesen. Eine ausführliche Begründung durch das Gericht steht noch aus.
Trotz der aktuellen Entwicklung in der Fleischindustrie halten wir ein flächendeckendes Verbot von Werkverträgen für nahezu ausgeschlossen. Sehen Sie hierzu auch unseren Videobeitrag von Dr. Robert Bauer und Jan-Patrick Vogel.
Insgesamt liegt der Fokus der Prüfbehörden wieder deutlich auf den Werkverträgen. Daher sollte jedes Unternehmen, das Werkvertragsleistungen erbringt, – auch außerhalb der Fleischindustrie –sorgfältig prüfen, ob alle bestehenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften eingehalten werden.
Im November 2020 veröffentlichte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Eckpunktepapier zur Plattformarbeit. Das Ministerium möchte im Kern die rechtliche Stellung von Plattformarbeitern verbessern. Diese sollen neben anderen Maßnahmen vor allem Zugang zu arbeits- und sozialrechtlichen Schutzmechanismen erhalten. Plattformbetreiber sollen demgegenüber stärker in die Verantwortung genommen werden, indem sie etwa zur Entrichtung von Renten- und Sozialversicherungsbeiträge für Plattformarbeiter verpflichtet werden sollen.
Es bleibt abzuwarten, ob es auf Grundlage des Eckpunktepapiers noch in dieser Legislaturperiode zu Gesetzesänderungen kommen wird. Jedenfalls mittelfristig ist damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber die Plattformarbeit mehr als bisher regulieren wird. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines Urteils des BAG aus Dezember 2020, wonach Plattformarbeiter nicht in jedem Fall als Selbständige, sondern je nach konkreter Ausgestaltung der Tätigkeit auch als Arbeitnehmer anzusehen sind. Dieses Urteil wurde auch bereits von unseren Experten in unserem Newsflash Dezember 2020 besprochen.
von Dr. Oliver Bertram und Dr. Anne Förster
von mehreren Autoren
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