Autor

Dr. Tim Eickmanns

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27. Mai 2020

Der Geschäftsführer als Kläger vor dem Arbeitsgericht – Geht das?

1. Einleitung 

Wenn Unternehmen Anstellungsverträge mit ihren Geschäftsführern kündigen, setzen sich diese häufig mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht zur Wehr. Dies verwundert auf den ersten Blick, denn das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Unternehmen ist klassischerweise ein Dienst- und kein Arbeitsverhältnis. Mithin wären eigentlich die ordentlichen Gerichte zuständig.

 

Dennoch erklären sich die Arbeitsgerichte in vielen Fällen für zuständig und entscheiden über die Rechtmäßigkeit der Dienstvertragskündigung. Dies wirft für Geschäftsführer häufig die Frage auf, in welchen Fällen Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben werden kann. Für die beklagten Unternehmen stellt sich spiegelbildlich die Frage, ob sie den eingeschlagenen Rechtsweg des Geschäftsführers mit Erfolg rügen können.

 

Eine jüngere Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 12. November 2019 (Az.: 3 Ta 377/19) soll Anlass sein, einen kurzen Überblick über die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte bei Streitigkeiten über die Kündigung von Geschäftsführeranstellungsverträgen zu geben:

 

2. Voraussetzungen der Zuständigkeit

 

Grundvoraussetzung: Ende der Organstellung

 

Kraft Gesetzes sind die Arbeitsgerichte zuständig für Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über das Bestehen oder nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 b) ArbGG. Nicht als Arbeitnehmer in diesem Sinne gelten unter anderem Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung einer juristischen Person berufen sind (§ 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG). Hieraus folgt, dass Geschäftsführer vor den Arbeitsgerichten nicht klagebefugt sind, solange sie – ungeachtet der Kündigung ihres Anstellungsverhältnisses – noch als Geschäftsführer bestellt sind.

 

Hierbei ist jedoch Folgendes zu beachten: Die gesetzliche Sperrwirkung kann auch nach der Klageerhebung noch entfallen, wenn die Organstellung nachträglich bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsweg endet. Dies kann entweder seitens des Unternehmens durch Abberufung, oder seitens des Geschäftsführers durch Amtsniederlegung erfolgen.

 

Ist die gesetzliche Sperrwirkung durch Beendigung der Organstellung entfallen, führt dies aber noch nicht automatisch zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte. Es muss zusätzlich entweder ein sogenannter „Sic-Non-Fall“ vorliegen, oder das Dienstverhältnis muss tatsächlich ein Arbeitsverhältnis sein.

 

Möglichkeit 1: „Sic-Non-Fall“

 

Ein sogenannter „Sic-Non-Fall“ liegt dann vor, wenn der Geschäftsführer zwei Feststellungen begehrt: Zum einen die, dass bei Zugang der Kündigung ein Arbeitsverhältnis – und nicht ein anderes Vertragsverhältnis – zwischen den Parteien vorgelegen hat und zum anderen, dass dieses Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist

 

Bisher reichte der Rechtsprechung hierzu, dass der Geschäftsführer beantragt hat, die Nichtbeendigung „des Arbeitsverhältnisses“ durch eine bestimmte Kündigung festzustellen (bspw. BAG v.15.11.2013 – Az.: 10 AZB 28/13; v. 11.6.2003 – Az.: 5 AZB 43/02; v. 17.1.2001 – Az. 5 AZB 18/00).

 

Das LAG Düsseldorf hat jedoch in seinem oben genannten Urteil vom 12. November 2019 nunmehr entschieden, dass allein ein entsprechender Antrag des Geschäftsführers nicht ausreiche. Vielmehr müsse die gesamte Klageschrift erkennen lassen, dass es dem Geschäftsführer gerade auf die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses und dessen Fortbestehen ankommt. Das LAG Düsseldorf hat dies in seinem vorgenannten Urteil verneint, da der Kläger seine Kündigung nicht allein unter Bezugnahme auf spezifisch arbeitsrechtliche Unwirksamkeitsgründe angegriffen hatte. Er hatte sich stattdessen unter anderem auf die Vorschrift des § 626 BGB berufen, die sowohl für Arbeits- als auch für Dienstverhältnisse gilt.

 

Möglichkeit 2: Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses

 

Sollte das Arbeitsgericht einen Sic-Non-Fall verneinen, wäre der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gleichwohl eröffnet, wenn der Geschäftsführer darlegen kann, dass statt eines Dienstverhältnisses tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorlag. Hierbei kommt es insbesondere auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit und auf die Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers an. Eine arbeitnehmerähnliche Weisungsgebundenheit nimmt die Rechtsprechung bei GmbH-Geschäftsführern jedoch nur in „extremen Ausnahmefällen“ an (BAG, Beschl. v. 21.1.2019 – Az.: 9 AZB 23/18; Urt. v. 24. 11. 2005 – Az.: 2 AZR 614/04), sodass der Nachweis eines Arbeitsverhältnisses nur selten gelingen dürfte.

 

3. Bedeutung für die Praxis

 

Bisher war es für Geschäftsführer relativ einfach, im Falle einer Kündigung ihres Anstellungsverhältnisses Klage vor dem Arbeitsgericht zu erheben. Hierzu reichte es aus, wenn (i) die Organstellung – durch Abberufung oder Amtsniederlegung – bis spätestens zur rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsweg endete und (ii) im Klageantrag die Feststellung begehrt wurde, dass „das Arbeitsverhältnis“ durch die Kündigung nicht beendet worden sei.

 

Dieses Vorgehen birgt allerdings ein hohes Risiko für den Geschäftsführer: Sollte das Arbeitsgericht tatsächlich einen „Sic-Non-Fall“ annehmen, und seine Zuständigkeit bejahen, muss es in der Hauptsache prüfen, ob tatsächlich – wie von dem Geschäftsführer behauptet – ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Sollte dies nicht der Fall sein – was nach der Rechtsprechung der Regelfall sein dürfte – muss das Arbeitsgericht die Klage allein deswegen und ohne Prüfung der eigentlichen Kündigungsgründe abweisen. Dies hat den Hintergrund, dass dann tatsächlich kein Arbeitsverhältnis vorliegt, dessen Fortbestand das Gericht wie beantragt feststellen kann.

 

Im Ergebnis sollte ein Geschäftsführer daher sehr genau überlegen, ob er im Falle einer Kündigung tatsächlich den Gang zum Arbeitsgericht „wagen“, oder vor den ordentlichen Gerichten klagen sollte. Auch das beklagte Unternehmen sollte im Einzelfall stets sorgfältig abwägen, ob eine Rechtswegrüge sinnvoll ist.  

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