3. April 2020
Am 27. März 2020 wurde das Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG) verkündet. Dieses trat rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft.
Neben der allgemeinen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht regelt das
COVInsAG die unter Kreditfinanzierungsgesichtspunkten relevante anfechtungsrechtliche Privilegierung von Darlehen (einschließlich ihrer Sicherheitenbestellung) sowie von Gesellschafterdarlehen. Darüber hinaus kommen Kreditgebern Haftungserleichterungen im Zusammenhang mit der Ausreichung eines neuen Darlehens zugute.
Die Insolvenzantragspflicht wird vom 1. März 2010 bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Die Aussetzung kann durch Rechtsverordnung bis zum 31. März 2021 verlängert werden. Diese Erleichterung für Schuldner gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des Coronavirus beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Das positive Vorliegen dieser Voraussetzungen wird zugunsten des Schuldners vermutet, wenn er am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war.
Bei Krediten, die in diesem Aussetzungszeitraum neu gewährt werden, gelten die bis zum 30. September 2023 erfolgende Zins- und Tilgungsleistung sowie die Bestellung von diesbezüglichen Sicherheiten während des Aussetzungszeitraums nicht als gläubigerbenachteiligend und unterliegen nicht der Insolvenzanfechtung.
Diese Beschränkung der Insolvenzanfechtung gilt ebenfalls für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und diesbezügliche angemessene Zinszahlungen sowie für Zahlungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, wie zum Beispiel Stundungs- oder Fälligkeitsvereinbarungen im Hinblick auf Ansprüche des Gesellschafters auf Zahlung von Mietzins oder Vergütung für eine Dienstleistung.
In Insolvenzverfahren, die bis zum 30. September 2023 beantragt wurden, greift zudem für die Tilgung von Gesellschafterdarlehen und diesen wirtschaftlich entsprechenden Zahlungen die Suspendierung des insolvenzrechtlichen Nachrangs und mithin eine Rangaufwertung der Forderungen aus diesen Rechtsverhältnissen.
Für Kredite, die von der KfW oder im Rahmen anderer staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der COVID-19-Pandemie gewährt werden, gelten weitere Besonderheiten. In diesen Fällen wird die anfechtungsrechtliche Privilegierung auch auf nach dem Ende des Aussetzungszeitraums gewährte Kredite erweitert und gilt unabhängig davon, wann deren Rückzahlung erfolgt.
Zugunsten der Kreditgeber regelt das COVInsAG, dass Kreditgewährungen (auch Novationen und Prolongationen) und Besicherungen im Aussetzungszeitraum nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen sind. Hierdurch wird die Unwirksamkeit des Kreditverhältnisses nach § 138 BGB und das Risiko der Haftung des Kreditgebers auf Schadensersatz aus § 826 BGB aus Gründen des Nichtvorliegens eines Sanierungskonzepts ausgeschlossen.
Diese anfechtungs- und haftungsrechtlichen Begünstigungen gelten nicht nur im Zusammenhang mit insolventen Schuldnern, sondern auch für Schuldner, die nicht insolvent sind. Das Zusammenspiel dieser Privilegierungen soll den von der COVID-19-Pandemie betroffenen Unternehmen den Zugang zu finanziellen Mitteln erleichtern und so zur Liquidität der Wirtschaft beitragen. Auf der anderen Seite sollen Kreditgeber nicht befürchten müssen, wegen der Rückgewähr zwischenzeitlicher Leistungen in Anspruch genommen zu werden oder den Zugriff auf die bei der Vergabe der neuen Kredite gewährten Sicherheiten zu verlieren, wenn die Rettung des Unternehmens nicht gelingt und doch ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.
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