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14. Februar 2020

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz steht in den Startlöchern

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird in wenigen Wochen in Kraft treten. Mit dem Gesetz reagiert der Gesetzgeber auf die demografische Entwicklung und den zunehmenden Fachkräftemangel. Bereits in unserem Newsletter im Oktober 2019 haben wir uns mit einigen wichtigen Änderungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschäftigt. Inzwischen fangen die Ausländerbehörden langsam an, sich auf die Neuregelungen einzustellen. Auch wenn viele Fragen noch ungeklärt sind und sich erst in den Monaten nach Inkrafttreten beantworten lassen werden, ist dennoch in vielen Punkten bereits absehbar, was für Erleichterungen das neue Gesetz bei der Einstellung von ausländischen Arbeitnehmern bringen wird. Im Folgenden beantworten wir einige der häufigsten Fragen, die von Mandanten zu den Neuregelungen gestellt werden.

Müssen ausländische Arbeitnehmer Deutsch sprechen können?

  • Die neuen Regelungen zur  Beschäftigung von Fachkräften verlangen nicht generell, dass die ausländischen Mitarbeiter Deutsch sprechen. Fachkräfte sind ausländische Arbeitnehmer mit mindestens zweijähriger (inländischer oder gleichwertiger ausländischer) Berufsausbildung und ausländische Arbeitnehmer mit einem abgeschlossenen (inländischen, anerkannten oder vergleichbaren ausländischen) Hochschulabschluss. Sofern es sich um einen nicht reglementierten Beruf handelt, darf grundsätzlich der Arbeitgeber beurteilen, ob der ausländische Arbeitnehmer die zur Ausübung der Beschäftigung erforderlichen Sprachkenntnisse mitbringt. Bei reglementierten Berufen, wie z.B. medizinischen Berufen, Rechtsberufen oder dem Lehramt an staatlichen Schulen prüft hingegen ggf. die zuständige Behörde, ob die für die Ausübung der Beschäftigung erforderlichen Sprachkenntnisse vorliegen. 
  • Die durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz neu geschaffene Möglichkeit eines Aufenthaltstitels für IT-Spezialisten  mit einer zumindest dreijährigen einschlägigen Berufserfahrung, erfordert hingegen den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse auf Level B1. Im Einzelfall wird es aber möglich sein, auch ITler zu beschäftigen, die kein Deutsch sprechen. Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegen, wenn die Arbeitssprache nicht Deutsch sein wird und der ausländische Arbeitnehmer sich voraussichtlich auch ohne Deutschkenntnisse in die deutschen Lebensverhältnisse integrieren kann. Die Integrationsprognose kann durch den Arbeitgeber durch nachweislich angebotene professionelle Unterstützung, z.B. bei Wohnungssuche und Behördengängen, verbessert werden. Wann die Ausnahme vom Spracherfordernis im Einzelfall bejaht werden kann, wird sich allerdings erst nach Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes zeigen.
  • Für die Einreise und den Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche muss eine Fachkraft mit Hochschulabschluss nicht nachweisen, dass sie über deutsche Sprachkenntnisse verfügt. Eine Fachkraft mit Berufsausbildung muss in diesem Fall hingegen in der Regel mindestens den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse auf Level B1 erbringen.

 

Welche neuen Möglichkeiten bietet das Fachkräfteeinwanderungsgesetz für ausländische Arbeitnehmer mit Hochschulabschluss?

  • Die bisherigen Regelungen verlangen, dass die Beschäftigung des ausländischen Arbeitnehmers mit Hochschulabschluss dem erlangten Hochschulabschluss entspricht. Das Tätigkeitsfeld wird sich durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nunmehr erweitern. Ab dem 1. März 2020 wird es ausländischen Arbeitnehmern mit Hochschulabschluss nun erstmals auch erlaubt sein, Tätigkeiten auszuüben, zu der ihre Qualifikation sie befähigt (eine ähnliche Regelung gibt es auch in Bezug auf Fachkräfte mit Berufsausbildung). Eine Beschäftigung wird in Zukunft daher auch in verwandten Berufen möglich sein. Es wird zusätzlich sogar eine Beschäftigung unterhalb der eigentlichen Qualifikation möglich sein, solange es sich nicht um Helfer- oder Anlernberufe handelt. Die entscheidende Frage wird hierbei in der Praxis sein, wann ein Beruf als verwandt betrachtet wird.
  • Hingegen bleibt es bei einer Blauen Karte EU dabei, dass eine der Qualifikation angemessene Beschäftigung vorliegen muss. D.h. die angestrebte Tätigkeit muss üblicherweise einen akademischen Abschluss voraussetzen und die mit der Hochschulausbildung erworbenen Kenntnisse zumindest teilweise oder mittelbar erfordern.
  • Für viele Punkte bleibt es ansonsten bei den bisherigen Regelungen. Zum Nachteil des Arbeitgebers sieht das Fachkräfteeinwanderungsgesetz allerdings vor, dass die Privilegierung für inländische Hochschulabschlüsse entfällt. Bisher ist es noch möglich, einen ausländischen Arbeitnehmer mit einem inländischen Hochschulabschluss ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zu beschäftigen. Ab dem 1. März 2020 wird die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit - wenn auch ohne Vorrangprüfung – für diese Fälle nunmehr erforderlich werden.

 

Wird es mit Blick auf die Einbindung der Bundesagentur für Arbeit in das Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels Änderungen geben?

  • Ist die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich, prüft diese zunächst, ob der ausländische Arbeitnehmer zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird. In dem Fall würde sie die Zustimmung regelmäßig versagen. Die Bundesagentur für Arbeit kann den Arbeitgeber auch auffordern, Auskunft über Arbeitsentgelt, Arbeitszeiten und sonstige Arbeitsbedingungen zu erteilen. Unter sonstige Arbeitsbedingungen fallen insbesondere Probezeitregelungen, Kündigungsfristen, Arbeitsortregelungen, Urlaubsansprüche und Überstundenregelungen. Diese Auskunft konnte die Bundesagentur für Arbeit zwar bereits vor dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz einfordern, neu ist aber, dass dies auch dann gilt, wenn überhaupt keine Zustimmung erforderlich ist (z.B. bei der Blauen Karte EU) und dass die Auskunft nunmehr innerhalb eines Monats zu erteilen ist. Hiermit soll eine erweiterte Kontrollmöglichkeit der Bundesagentur für Arbeit geschaffen werden. Bei einer nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitigen Auskunft des Arbeitgebers kann eine Geldbuße von bis zu EUR 30.000 verhängt werden
  • Neu ist auch, dass für Fachkräfte im Grundsatz die Vorrangprüfung abgeschafft wird. Bei der Vorrangprüfung prüft die Bundesagentur für Arbeit bislang, ob die konkrete Stelle, auf der die Fachkraft eingesetzt werden soll, mit bevorrechtigten Arbeitslosen besetzt werden kann. Bevorrechtigte Arbeitslose sind neben deutschen Staatsbürgern insbesondere Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums. Die Vorrangprüfung gilt regelmäßig als bestanden, wenn der Arbeitgeber gut begründen kann, dass es unter den bevorrechtigten Arbeitslosen keine geeigneten Bewerber gibt. Die Prüfung verursacht derzeit häufig einen hohen Bürokratieaufwand und zeitliche Verzögerungen bei der Einstellung. Nicht selten wurden Arbeitgeber aufgrund des bürokratischen Aufwands davon abgehalten, einem ausländischen Arbeitnehmer überhaupt ein Arbeitsplatzangebot zu machen. Dies wird sich nun entscheidend verbessern. Der Gesetzgeber hat sich allerdings vorbehalten, bei Veränderungen des Arbeitsmarktes die Vorrangprüfung kurzfristig wiedereinzuführen.

 

Wird es neben den ITlern weitere neue Berufsgruppen geben, für die ein Sonderstatus gilt?

In Zukunft wird es voraussichtlich für eSportler eine weitere Möglichkeit geben, einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat diese Möglichkeit noch nicht vorgesehen, hierfür aber den entscheidenden Grundstein gelegt. Die neuen Änderungen wurden zwar bisher noch nicht unterzeichnet und ausgefertigt, der Bundesrat hat den Änderungen aber bereits zugestimmt.

Um diese neue Form des Aufenthaltstitels erhalten zu können, muss der eSportler mindestens 16 Jahre alt sein, ein Bruttojahresgehalt erhalten, das mindestens EUR 41.400 (Angaben für 2020) beträgt, der zuständige deutsche Spitzenverband muss die berufsmäßige Ausübung von eSport bestätigt haben und die ausgeübte Form des eSports muss von erheblicher nationaler oder internationaler Bedeutung sein. Letzteres wird erfüllt sein, wenn es eine internationale oder nationale Liga gibt, in der sich eine nicht unerhebliche Anzahl von Spielern oder Mannschaften regelmäßig miteinander misst. Die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit muss für eine solche Beschäftigung nicht eingeholt werden.

Was ist Arbeitgebern für die nächsten Monate mitzugeben, wenn sie nach geeigneten Fachkräften suchen?

Ab dem 1. März 2020 werden einige Verfahrensschritte wahrscheinlich zunächst länger dauern, da es intern aufgrund der Änderungen zu Verzögerungen kommen wird. Es muss sich erst alles einspielen.

Auch weiterhin wird ein abgeschlossenes Hochschulstudium die einfachste Variante sein, eine Fachkraft aus Drittstaaten zu beschäftigen. Ob der ausländische Hochschulabschluss in Deutschland anerkannt oder mit einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbar ist, kann schnell überprüft werden. Auch ein ggf. erforderliches Anerkennungsverfahren ist innerhalb von drei Monaten schnell abgeschlossen, für den Aufenthaltstitel Blaue Karte EU sogar innerhalb von zwei Wochen. Ausländische Arbeitnehmer mit einer inländischen oder gleichwertigen ausländischen, zweijährigen Berufsausbildung können ab dem 1. März 2020 leichter beschäftigt werden. Zwar wird bei ausländischen Berufsausbildungen regelmäßig eine Gleichwertigkeitsprüfung erforderlich werden, die bis zu drei Monate dauern kann. Durch die fehlende Einschränkung auf die Berufe in einer Positivliste wird Arbeitgebern aber erstmals ein ganz neuer potenzieller Arbeitnehmerkreis zur Auswahl für eine Beschäftigung eröffnet.

Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Beantragung des Aufenthaltstitels von vornherein den richtigen Weg einschlagen, eröffnet das Fachkräfteeinwanderungsgesetz daher für die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern erfreuliche neue Möglichkeiten, den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

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