10. Juli 2019

Update: Digitalisierung im Gesellschaftsrecht – Company Law Package

Am 20. Juni 2019 haben das Europäische Parlament und der Rat im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts erlassen und damit den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht in allen Mitgliedstaaten gestärkt.

Mit der Änderungsrichtlinie werden folgende Punkte adressiert:

  • Online-Gründung von bestimmten EU-Gesellschaften und Online-Einreichung von Gesellschaftsunterlagen; sowie
  • Ausbau der Registervernetzung.

 

1. Online-Gründung von GmbHs und Online-Einreichung von Gesellschaftsunterlagen

Mit der Änderungsrichtlinie wird die vollständige Online-Gründung von bestimmten EU-Gesellschaftsformen eingeführt. Hierzu zählt auch die deutsche GmbH. Mit der Online-Gründung sollen insbesondere die Gründungskosten für Unternehmer gesenkt und die Registerverfahren beschleunigt werden. Erreicht werden diese Ziele durch den Verzicht der Vorlage von Urkunden und Informationen in Papierform, die Abschaffung der Anwesenheitspflicht der Beteiligten bei der notariellen Beurkundung und die Einführung von Musterdokumenten.

Entscheidend ist die durch die Online-Gründung geschaffene Chance, grenzüberschreitende Gründungen zu erleichtern. Musterdokumentationen und Informationen zur Gesellschaftsgründung müssen von den Mitgliedstaaten in einer Amtssprache der Union, die von einer möglichst großen Zahl grenzüberschreitender Nutzer verstanden wird, bereitgestellt werden. Zudem müssen die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass Online-Zahlungsdienste auch für grenzüberschreitende Zahlungen, die im Zusammenhang mit dem Registerverfahren getätigt werden, zur Verfügung stehen.

Neben der Einführung eines Online-Gründungsverfahrens sollen auch Gesellschaftsunterlagen online bei der zuständigen Behörde eingereicht werden können. Insbesondere soll die Online-Eintragung von Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat ermöglicht werden, um eine grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit der europäischen Gesellschaften zu erleichtern und zu fördern. Ziel ist auch hier die Kostensenkungen für die Unternehmer und die Beschleunigung der Registerverfahren.

2. Ausbau der Registervernetzung

Um die Transparenz im Binnenmarkt sowie die Verlässlichkeit und Aktualität von Informationen sicherzustellen, wird seit dem Jahre 1968 die Offenlegung von Dokumenten zwischen den Mitgliedstaaten gefördert. Die Maßnahmen erstreckten sich zunächst nur auf einzelne Bereiche und Gesellschaftsformen (vor allem Zweigniederlassungen und Kapitalgesellschaften). Mit der Änderungsrichtlinie sollen Registerinformationen über Gesellschaften aller Rechtsformen, die in einem nationalen Register eingetragen sind, zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden. Viele dieser Informationen sollen zukünftig kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Dazu wird in jedem Mitgliedstaat bei einem Zentral-, Handels- oder Gesellschaftsregister für jede eingetragene Gesellschaft eine Akte mit einer europäisch einheitlichen Kennung (EUID) angelegt, durch die die jeweilige Gesellschaft eindeutig bei der Kommunikation zwischen den Registern identifiziert werden kann. Bestimmte Urkunden und Informationen, die der Offenlegung unterliegen, werden in die entsprechende Akte eingetragen und sollen möglichst rasch in elektronischer Form bereitgestellt werden. Dies betrifft beispielsweise den Errichtungsakt von Gesellschaften oder den Abschluss der Liquidation von Gesellschaften.

3. Fazit und Ausblick

Die Änderungsrichtlinie trägt den mit der Richtlinie (EU) 2017/1132 kodifizierten Gedanken der Digitalisierung des Gesellschaftsrechts konsequent fort. Insbesondere durch den Ausbau der Registervernetzung im Binnenmarkt wird der Informationsaustausch zwischen den Registergerichten erleichtert. Im Falle grenzüberschreitender Verschmelzungen und grenzüberschreitender Eintragungen von Zweigniederlassungen ist der Austausch notwendig, um die Registergerichte der Mitgliedstaaten aktuell und richtig zu halten.

Eine Recherche der Unternehmensinformationen ist über das Europäische Justizportal seit 2017 in allen EU-Amtssprachen möglich. Allerdings handelt es sich bei der angebotenen Plattform nicht um ein europäisches Unternehmensregister, sondern nur um eine Verlinkung von nationalen Unternehmensregistern, weshalb die Registerinformationen derzeit nur in der jeweiligen Landessprache erhältlich sind. Wünschenswert wäre es, die Informationen auch in übersetzter Form abrufen zu können. Hier besteht noch Handlungsbedarf für den europäischen Gesetzgeber.

Ausdrücklich legen Europäisches Parlament und Rat in der Präambel zur Änderungsrichtlinie fest, dass bestehende gesellschaftsrechtliche Traditionen in den Mitgliedstaaten gewahrt werden sollen. Die Mitgliedstaaten haben damit einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der Änderungsrichtlinie, insbesondere bei der Festlegung der Rolle der Notare und Rechtsanwälte im Rahmen des Lebenszyklus einer Gesellschaft. Deutschland könnte deshalb als Verbindung zwischen Tradition und Moderne ein Online-Beurkundungsverfahren einführen.

Die Mitgliedstaaten müssen die Änderungsrichtlinie innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten in nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften umsetzen.

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