Trotz anhaltender geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten zeigt sich der globale M&A-Markt überraschend widerstandsfähig. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse aus Dealonomics, einer exklusiven internationalen M&A-Studie von Taylor Wessing in Kooperation mit der Bayes Business School.
Laut Dealonomics blicken 74 % der befragten Dealmaker optimistisch auf die kommenden zwölf Monate. Treiber dieser Zuversicht ist vor allem die hohe Liquidität am Markt. „Investoren verfügen über Kapitalpolster in Billionenhöhe“, betont Professor Scott Moeller, Direktor des M&A Research Centre an der Bayes Business School, auf dem diesjährigen Taylor Wessing M&A Summit in London. Entscheidend für den Erfolg eines Deals sei jedoch nicht nur der Preis oder das Timing – sondern vor allem, was nach dem Signing passiert.
TMC bleibt Wachstumsmotor
Führend im Bereich Cross-Border-M&A war zwischen 2018 und 2024 der Sektor Technology, Media & Communications (TMC) – sowohl was die Anzahl der Deals betrifft als auch bei der Kursentwicklung nach Abschluss. Vor allem in den kritischen ersten Wochen nach dem Closing verzeichneten Käufer deutliche Kursgewinne. Zudem sind die Transaktionsvolumina hoch. Vor allem die USA und das Vereinigte Königreich gelten als Hotspots für Deals mit hohem Wertschöpfungspotenzial.
Auch der Energiesektor gewinnt an Bedeutung – befeuert durch milliardenschwere staatliche Investitionen in Dekarbonisierung und Infrastruktur.
Im Gesundheitsbereich prägen weiterhin große Transaktionen das Bild: Seit der Corona-Pandemie lag das durchschnittliche Transaktionsvolumen bei über 4 Milliarden US-Dollar. Mit dem Auslaufen zahlreicher Patente und der Integration früherer Zukäufe erwarten Marktteilnehmer eine neue M&A-Welle.
Integration als Schlüssel zum Erfolg
Ein Deal ist erst dann abgeschlossen, wenn die Integration gelungen ist – darin waren sich die Expertinnen und Experten auf dem Taylor Wessing M&A Summit einig. „Die Integration wird häufig unterschätzt, das kann fatale Folgen haben““, so Professor Moeller. James Brown, General Counsel bei Ricoh, betonte die Bedeutung klarer Führung und Verlässlichkeit für Mitarbeitende: „Erfolg kann leicht in Gefahr geraten, wenn Schlüsselpersonen das Unternehmen verlassen.“ Deepak Bhandari, CEO von Marylebone Capital, ergänzte: „In dienstleistungsgetriebenen Branchen sind Beziehungen die wahren Assets.“
Kommunikation schützt den Deal-Wert
Mangelnde Kommunikation könne den Erfolg eines Deals gefährden, so ein weiterer Tenor der Diskussion. Jede Transaktion schaffe Unsicherheit – intern wie extern. Wer nicht frühzeitig und transparent kommuniziere, überlasse das Feld der Spekulation.
„Je besser kommuniziert wird, desto erfolgreicher ist der Deal“, sagte Moeller. George Trefgarne, Gründer von Boscobel & Partners, fügte hinzu: „Ein Deal betrifft immer die Mitarbeitenden. Man muss intern ehrlich und konsistent erklären, worum es wirklich geht.“
Eine transparente, wechselseitige Kommunikation während des gesamten M&A-Prozesses trägt dazu bei, Talente zu binden, die Arbeitsmoral aufrechtzuerhalten und Unternehmenswerte zu bewahren.
Bewertungen: Brücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Eine faire Bewertung ist häufig schwer zu bestimmen – oft prallen emotionale Vorstellungen auf rationale Marktanalysen. Professor Moeller dazu: „Bewertungenbasieren häufig auf Anekdoten, nicht auf Fakten.“ Hier komme es auf Empathie und klare Kommunikation an – insbesondere bei inhabergeführten Unternehmen.
Eine professionelle Beratung sei hier von entscheidender Bedeutung, nicht nur, was Finanzkennzahlen betrifft, sondern auch für die psychologischen Aspekte der Verhandlungen. „Gründer glauben, dass ihr Unternehmen das Wichtigste auf der Welt ist“, sagt Deepak Bhandari. „Und für sie ist es das auch.“ Erfolgreiche Transaktionsergebnisse hängen oft davon ab, dass diese Wahrnehmungsunterschiede nicht nur mit Daten, sondern vor allem mit Empathie überbrückt werden.“
KI verändert M&A – aber ersetzt (noch) keine Menschen
Künstliche Intelligenz hält zunehmend Einzug in Due Diligence, Vertragsanalyse und Risikoprüfung. Auf dem Taylor Wessing M&A Summit gaben 60 % der Teilnehmenden an, bereits KI-Tools zur Analyse zu nutzen; 58 % auch während der Umsetzung. Doch sei Vorsicht geboten: „KI kann sehr überzeugend die falsche Geschichte erzählen“, warnte ein Panelteilnehmer.
Generative KI berge Risiken wie Datenfälschung oder Reputationsschäden. Die Botschaft: KI ist ein mächtiges Werkzeug – aber (noch) kein Ersatz für menschliche Urteilskraft.
Buy vs. Build: Wachstum durch Zukauf
In einem Umfeld mit zähem organischem Wachstum wird ein Zukauf zur strategischen Abkürzung. „Man kauft das, worin man selbst nicht gut ist oder was man nicht schnell genug selbst entwickeln kann“, so Nina Skero, CEO des Centre for Economics and Business Research (CEBR).
Besonders im Technologiesektor lässt sich Innovation durch gezielte Übernahmen beschleunigen. Aber Geschwindigkeit darf nicht auf Kosten einer sorgfältigen Due Diligence gehen. Die Regulierung – insbesondere bei sogenannten „Killer Acquisitions“ – nimmt zu. Als „Killer Acquisitions“ werden Übernahmen bezeichnet, die gezielt Innovation oder Konkurrenz verhindern sollen.
Käufer müssen also überzeugend erklären, was und warum sie akquirieren – und wie die Integration gelingt.
Kultur als Deal-Währung
Eines der wichtigsten Erkenntnisse des Panels: Kultur ist kein weicher Faktor mehr, sondern ein strategisches Asset. Ohne Cultural Fit scheitert selbst die bestgeplante Integration.
„Gemeinsame Werte und gutes persönliches Verständnis sind entscheidend“, so James Brown. Kulturelle Kontinuität und Führungsverantwortung seien zentrale Erfolgsfaktoren. Technologie könne Engagement messen – aber Kultur müsse gelebt werden.
Fazit
Die wichtigste Botschaft des Taylor Wessing M&A Summit 2025: ein unterschriebener Kaufvertrag macht noch lange keine erfolgreiche Transaktion aus. Erfolgreiche M&A zeichnet sich durch das aus, was nach dem Kauf passiert: wie Dealmaker ihre Mandanten durch komplexe Prozesse navigieren, Teams integrieren, Ziele definieren und angleichen sowie klar und transparent mit allen Stakeholdern kommunizieren.
Die Zukunft des Dealmakings wird nicht nur davon bestimmt, wohin das Geld fließt oder welche Branchen boomen, sondern vor allem davon, wie gut Unternehmen den menschlichen Aspekt des Wandels bewältigen. Diejenigen, die eben dies erkennen und entsprechend handeln, werden nicht nur erfolgreich Transaktionen abschließen, sondern nachhaltige Werte schaffen.
Zur M&A-Studie Dealonomics: