Vertriebsgesellschaften und andere Lieferanten können auch als Hersteller für fehlerhafte Produkte haftbar sein. Das hat der EuGH nun mit Urteil vom 19.12.2024 (C-157/23) klargestellt. Danach haftet eine Gesellschaft gemäß Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG, wenn das auf dem Produkt angebrachte Warenzeichen mit seinem eigenen Namen oder einem Erkennungszeichen übereinstimmt – selbst wenn die Gesellschaft diese Kennzeichnung nicht physisch selbst angebracht hat (zur neuen Produkthaftungsrichtlinie siehe den Überblick hier, aus der Zeitschrift für Product Compliance).
Im Ausgangsfall hatte Ford Italia Fahrzeuge mit dem Markenzeichen „Ford“ vertrieben, das gleichzeitig dem Namen des tatsächlichen Herstellers (der deutschen Ford Werke GmbH) entsprach. Obwohl Ford Italia lediglich Vertriebsgesellschaft war, sah der EuGH in der Markenidentität eine „Anscheinserweckung“ hinreichender Herstellungsverantwortung. Kernaussage der Entscheidung: Entscheidend ist nicht das aktive Anbringen des Namens durch den Lieferanten, sondern der objektive Eindruck gegenüber dem Verbraucher: „„Person, die sich als Hersteller ausgibt“ im Sinne dieser Bestimmung nicht ausschließlich die Person erfassen kann, die physisch ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt angebracht hat“ (Rn. 46 des Urteils). Eine bloße Namens- oder Markenidentität reiche aus, um eine Herstellerhaftung zu begründen – unabhängig von der tatsächlichen Rolle im Produktionsprozess.
Für die Praxis bedeutet das: Die Entscheidung verschärft das Haftungsrisiko für Vertriebsgesellschaften und Importeure mit identischem oder ähnlich lautendem Namen wie der tatsächliche Hersteller. Sie sollten sorgfältig prüfen, ob ihre Markennutzung potenziell zur Herstellerverantwortung führt. Der EuGH stärkt damit seine konsistent verbraucherschutzfreundliche Linie – zuletzt betont in C-264/21 – Koninklijke Philips – ob nun notwendig oder nicht.