Um was geht‘s?
Seit Oktober 2023 läuft die „Übergangsphase“ zum neuen CO2-Grenzausgleichsmeachnismus, kurz „CBAM“ (Carbon Border Adjustment Mechanism). Importeure bestimmter immissionsintensiver Waren wie Stahl, Eisen, Aluminium, Zement, Düngemittel, Strom und Wasserstoff müssen quartalsweise „CBAM-Berichte“ über die im vorangegangenen Quartal aus dem EU-Ausland importierten Waren und die bei der Herstellung dieser Waren entstandenen CO2-Emissionen berichten (zum Hintergrund und der Funktionsweise von CBAM lesen Sie unser Insight). Die CBAM-Berichte dienen der Informationsgewinnung für den Beginn der „Hauptphase“ von CBAM: Ab 2026 wird schrittweise die Bepreisung der berichteten CO2-Emissionen hochgefahren.
Was erwartet Importeure seit Juli 2024?
Bislang durften die Importeure in ihren CBAM-Berichten auf von der EU-Kommission veröffentlichte Standardwerte für die CO2-Emissionen der betroffenen Waren zurückgreifen. Dies ist jedoch nach derzeitigem Stand der CBAM-Verordnung bzw. der CBAM-Durchführungsverordnung seit dem 31. Juli dieses Jahres nicht mehr möglich. Seit dem 1. August 2024 müssen für alle betroffenen Importe die tatsächlichen Emissionen nach den in der CBAM-Durchführungsverordnung niedergelegten Berechnungsmethoden ermittelt und berichtet werden.
Hierzu müssen die Importeure die entsprechenden Angaben zu den bei der Herstellung der Waren entstandenen Treibhausgasemissionen von den Produzenten im EU-Ausland anfordern. Dies stellt die betroffenen Unternehmen vor gravierende Herausforderungen, da die erforderlichen Informationen infolge globaler Lieferketten häufig über mehrere Zwischenhändler angefordert werden müssen und weil Hersteller die Informationen regelmäßig schlicht nicht liefern.
Dies ist angesichts der hoch komplexen Berechnungsmethodik sowie der noch komplexeren Excel-Tabelle, welche die EU-Kommission zur „erleichterten Kommunikation“ der Importeure mit den Herstellern zu Verfügung stellt, keine Überraschung. Leidtragende sind jedoch die Importeure, da diese für nicht abgegebene oder falsche Berichte haften. Es drohen Geldbußen von 10 EUR bis 50 EUR je nicht gemeldeter Tonne CO2.
Wird die Verwendungsmöglichkeit von Standardwerten verlängert?
Zu der anhaltenden Kritik bezüglich der beschriebenen Problematik schwieg die EU-Kommission bislang. Den Hoffnungen der Industrie auf eine Verlängerung der Möglichkeit zur Verwendung der Standardwerte auch über den 31. Juli 2024 hinaus hat sie nunmehr vor wenigen Tagen in einer Verlautbarung ein Ende bereitet: Die Regelungen für die Berechnung der tatsächlichen Emissionen ab dem 31. Juli 2024 sollen weiterhin Bestand haben und die tatsächlichen Emissionen entsprechend ermittelt und berechnet werden.
Erstmals äußerte sich die EU-Kommission in diesem Zusammenhang auch zu der breit diskutierten Frage, wie mit der Situation umzugehen ist, dass Importeure keine tatsächlichen Emissionsdaten berichten können, weil der Hersteller die erforderlichen Informationen nicht liefert.
Die berichtspflichtigen Importeure sollen nachweisen, dass sie alle zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, um die erforderlichen Daten von ihren Lieferanten oder Herstellern von CBAM-Waren zu erhalten. Dies sollen sie dokumentieren, indem sie entsprechende Belege gemeinsam mit ihren CBAM-Berichten einreichen, aus denen sich die erfolglosen Bemühungen ergeben, die unternommen wurden, um die Daten von den Lieferanten bzw. Herstellern zu erhalten.
Wie reagiert die in Deutschland zuständige Behörde?
Die national zuständigen Behörden, in Deutschland die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt), haben bei der Prüfung der CBAM-Berichte einen gewissen Ermessensspielraum. In einem Rundschreiben kündigte die DEHSt an, im Falle der weiteren Verwendung von Standardwerten anstelle der tatsächlichen Emissionsdaten unter folgenden Umständen von diesem Ermessensspielraum zu Gunsten der Importeure Gebrauch zu machen:
- Der Anmelder hat entweder nachgewiesen, alles ihm Mögliche getan zu haben, um die tatsächlichen Emissionen zu melden oder nachvollziehbar begründet, dass er alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um die tatsächlichen Emissionen zu melden und weitere Schritte zur Ermittlung der tatsächlichen Daten einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordert hätten.
- Es gibt keine weiteren Unstimmigkeiten im abgegebenen Bericht.
In Bezug auf die Frage der Verhältnismäßigkeit des Aufwands kündigt die DEHSt an, insbesondere die Relevanz der zugrundeliegenden CO2-Emissionen der CBAM-Importe zu berücksichtigen.
Ausblick
Trotz der erstmaligen Reaktion der EU-Kommission zu der Pflicht zur Verwendung tatsächlicher Emissionsdaten bleibt bei den betroffenen Importeuren eine erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Umsetzung dieser Ankündigung bestehen. Insbesondere gibt es bislang keine weiteren Anhaltspunkte dafür, wann „alle zumutbaren Anstrengungen“ unternommen wurden, um die tatsächlichen Emissionsdaten zu erhalten. Es bleibt abzuwarten, ob den betroffenen Importeuren seitens der Behörden konkretere Anhaltspunkte geliefert werden.
Sollten Sie Rückfragen zu CBAM und den damit einhergehenden rechtlichen Fragestellungen haben, unterstützen wir Sie gerne.
Mit dem Taylor Wessing CBAM-Check finden Sie heraus, ob Sie von CBAM betroffen sind.