Autor

Dr. Fabian von Rabenau

Associate

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25. September 2023

Welche Vorteile bringt die E-Aktie?

  • In-depth analysis

Am 16. August 2023 hat die Bundesregierung den Referentenentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz („ZuFinG“) des Finanz- und des Justizministeriums vom 12. April 2023 mit einigen Änderungen angenommen („RegE“). Neben der Einführung von SPACs und Mehrstimmrechtsaktien sowie Erleichterungen bei Kapitalerhöhungen sieht der Regierungsentwurf die Einführung einer E-Aktie durch die Überarbeitung des Gesetzes über elektronische Wertpapiere („eWpG“) vor. Am 21. September 2023 hat nun auch der Deutsche Bundestag erstmals über das ZuFinG beraten.

Verbriefung der Aktien

Vor dem Hintergrund des Gesetzesentwurfs erscheint es ratsam, sich die bisherige Praxis vor Augen zu führen und sowohl die Aktienurkunde als auch das eWpG zu umreißen.

Die Aktie wird durch die Ausstellung einer Aktienurkunde entweder in Einzel-, Sammel- oder Globalurkunden verbrieft. Zwar entsteht die Aktie bereits durch Eintragung der Gesellschaft bzw. der Durchführung einer Kapitalerhöhung ins Handelsregister. Die Verkehrsfähigkeit der Aktie wird jedoch erst durch die Verbriefung gewährleistet. Durch den Nachweis einer Einzelurkunde als Aktie ließ sich die Inhaberschaft der Mitgliedschaftsrechte nachweisen und damit die Fungibilität und den Rechtsschutz beim Erwerb erhöhen.

Die anfängliche Einzelverbriefung der Aktie erscheint aber heutzutage durch den hohen Aufwand der Verwahrung in vielen Situationen als praxisuntauglich. Zur Vereinfachung von Transport und Verwahrung hat sich vielmehr die Sammel- und Globalurkunde durchgesetzt. Bei Sammelurkunden werden mehrere Aktien in einer Urkunde verbrieft. Bei Globalurkunden kommt als entscheidendes Merkmal hinzu, dass die Auslieferung eines einzelnen Wertpapiers vom Eigentümer nicht verlangt werden kann. In diesen Fällen erhalten die Aktionäre nicht das volle Eigentum an dem Wertpapier (Einzelurkunde), sondern ein Miteigentum nach Bruchteilen an dem Wertpapier. Tatsächlich wird beim Handel von Aktien also über den Übergang vom Eigentum am Wertpapier disponiert, welches durch das Recht am Eigentum durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt wird. All das bildet den rechtlichen Hintergrund für die Umbuchung der Aktien durch die Wertpapiersammelbank, der Clearstream Banking AG. Darin zeigt sich der eigentliche Verlust der ursprünglichen Funktion der Aktien, dem Nachweis des Eigentums an Rechten durch Vorzeigen des Papiers, der sich nun im RegE widerspiegelt.

Einführung in das eWpG

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich des im Mai 2021 beschlossenen und im Juni 2021 in Kraft getretenen eWpG ist durch § 1 des Gesetzes bisher auf Inhaberschuldverschreibungen beschränkt. Unter Inhaberpapieren werden jene Wertpapiergattungen zusammengefasst, die den Inhaber der Urkunde zur Geltendmachung des durch das Wertpapier verbrieften Rechts legitimieren. Insofern folgt dem Papier eine – wenn auch widerlegbare – Vermutung, dass die Inhaberschaft gleichzeitig den materiell Berechtigten ausweist. Speziell die Inhaberschuldverschreibung verspricht dem Inhaber der Urkunde nach § 793 BGB eine Leistung. Aktien verbriefen hingegen Mitgliedschaftsrechte und werden derzeit nicht in den Anwendungsbereich des eWpG einbezogen.

Elektronisches Wertpapier

Für Inhaberschuldverschreibungen sieht § 2 Abs. 1 S. 1 eWpG die Möglichkeit vor, als elektronisches Wertpapier ausgegeben zu werden. Die Ausgabe von elektronischen Wertpapieren erfolgt durch Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister anstelle der Ausstellung einer Wertpapierurkunde (§§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 eWpG). Die Eintragung eines Wertpapiers erfolgt nach § 4 Abs. 4 eWpG durch Aufnahme der notwendigen Angaben in das Wertpapierregister und die ständige Bezugnahme auf die sog. niedergelegte Emissionsbedingung, d.h. dem rechtlichen Inhalt des Wertpapiers. Für den Emittenten entsteht dadurch eine Wahlmöglichkeit, ob er die Wertpapiere im klassischen oder im elektronischen Sinne emittieren möchte (BT-Drucks.19/26925, S. 29). Ein Anspruch auf Anfertigung einer Einzelverbriefung und Ausreichung einzelner Wertpapierurkunden besteht daher in der Regel nicht (vgl. § 6 eWpG).

Das elektronische und das klassische Wertpapier in Form der Ausgabe von Urkunden unterscheidet sich nur nach der Begebungsform, nicht aber – bis auf die wenigen Ausnahmen des Gesetzes – in der rechtlichen Bewertung, Handhabung und Wirkung des Wertpapiers. Durch eine Sachfiktion nach § 2 Abs. 3 eWpG wird das elektronische Wertpapier als Sache iSd § 90 BGB behandelt, sodass keine Abkehr von sachenrechtlichen Regelungen erfolgt. Daher bleiben sämtliche kapitalmarktrechtliche Vorgaben und wertpapierrechtliche Vorschriften anwendbar, lediglich die physische Urkunde entfällt.

§ 3 Abs. 1 eWpG bestimmt als Inhaber des elektronischen Wertpapiers denjenigen, der als Inhaber eines elektronischen Wertpapiers oder eines bestimmten Anteils an einer Gesamtemission in einem elektronischen Wertpapierregister eingetragen ist. Denn trotz der Fiktion, das elektronische Wertpapier als körperlichen Gegenstand zu behandeln, fehlt die Möglichkeit einer Inhaberschaft in Form des Besitzes des Wertpapiers. Aus diesem Grund begründet das eWpG ein anderes Verständnis der Inhaberschaft. Der Inhaber des Wertpapiers ist nicht gleichzeitig auch der Berechtige. Während die Inhaberschaft die Zuordnung des Wertpapiers anhand der Registerangaben darstellt, bezieht sich die Berechtigung auf die Inhaberschaft des verkörperten Rechts (BT-Drucks. 19/26925, S. 29). Nach § 3 Abs. 2 eWpG bleibt derjenige der Berechtige, der das Recht aus einem Wertpapier innehat.

Elektronisches Wertpapierregister

Hinsichtlich der Wertpapierregister unterscheidet § 4 eWpG das zentrale Register und das Kryptowertpapierregister und demnach folgerichtig nach Wertpapieren, die entweder im Zentralregister oder im Kryptowertpapierregister eingetragen sind. Nach § 12 eWpG können sowohl Wertpapiersammelbanken als auch ermächtigte Verwahrer, d.h. solche, die eine Erlaubnis zum Betreiben von Verwahrungsgeschäften in Deutschland haben (vgl. § 4 Abs. 6 eWpG), als registerführende Stelle des Zentralregisters tätig werden. Die registerführenden Stellen müssen bei der Führung der Register die Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität der Daten gewährleisten. Die registerführende Stelle bei den Kryptowertpapierregistern ist hingegen nicht auf Wertpapiersammelbanken und ermächtigte Verwahrer begrenzt, sondern kennt keine Einschränkung und kann auch von Emittenten selbst betrieben werden. Das Kryptowertpapierregister muss dabei auf einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem geführt und vor unbefugter Veränderung der Daten geschützt werden (§ 16 eWpG).

Die Unterscheidung nach dem Inhaber und Berechtigtem findet sich in den beiden Eintragungsmöglichkeiten, Sammel- und der Einzeleintragung, wieder. Als Inhaber des elektronischen Wertpapiers können die Wertpapiersammelbanken oder Verwahrer eingetragen werden (sog. Sammelverwahrung). In diesem Fall sind Inhaber und materiell Berechtigte nicht identisch. Der Eingetragene der Sammelverwahrung ist nicht Rechtsinhaber, sondern hält für die Miteigentümer am Sammelbestand den unmittelbaren Besitz (§ 9 Abs. 1 eWpG; BT-Drucks.19/26925, S. 49). Etwas anderes gilt für die Einzeleintragung, bei der die (natürliche oder juristische) Person eingetragen wird und zugleich der Berechtigte an dem Wertpapier ist.

Verfügung über elektronische Wertpapiere

Durch die Fiktion der elektronischen Aktie als Sache ist diese der Aktienurkunde in der physischen Wirkung gleichgestellt. Daher werden elektronische Wertpapiere bei einer Sammeleintragung wie gewöhnlich durch Übereignung übertragen. Für die Übertragbarkeit von elektronischen Wertpapieren bei Einzeleintragungen modifiziert das eWpG die rechtliche Wirkung. Nach § 25 eWpG werden elektronische Wertpapiere durch Einigung und Umtragung im Wertpapierregister übereignet.

Übersicht Regierungsentwurf

Die E-Aktie soll einen Beitrag zur Steigerung der Attraktivität durch Digitalisierung, Entbürokratisierung und Internationalisierung des deutschen Finanzmarkts und des Wirtschaftsstandorts Deutschland leisten (Begr. RegE, BT-Drucks. 20/8292, S. 56 f.). Die Ausweitung des eWpG auf elektronische Aktien wurde bereits in der Gesetzesbegründung des eWpG ((BT-Drucks.19/26925, S. 38) sowie im Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung (Koalitionsvertrag 2021 – 2025, S. 172) angedacht. Zur Einführung der E-Aktie sieht der RegE folgende Änderungen vor:

  • Um die elektronische Aktie in den Regelungsgehalt des eWpG einzubeziehen, soll zunächst der Anwendungsbereich des Gesetzes auf Namens- und Inhaberaktien erweitert werden (vgl. § 1 Nr. 2 und 3 eWpG-E). Namensaktien sollen dabei wie gewohnt als Zentralregister- (§ 4 Abs. 2 eWpG) und Kryptowertpapier (§ 4 Abs. 3 eWpG) ausgegeben werden können, während die Ausgabe von Inhaberaktien hingegen nur als Zentralregisterpapier möglich sein soll. Eine Ausweitung der Ausgabe von Inhaberaktien durch Registrierung im Kryptowertpapierregister sei nach dem RegE mit den geldwäscherechtlichen Fragestellungen schwer vereinbar (Begr. RegE, BT-Drucks. 20/8292, S. 58).
  • Durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs werden die beschriebenen Regelungen und Mechanismen auf die Aktie übertragbar. Daher fallen auch elektronische Aktien unter die Sachfiktion des § 2 Abs. 3 eWpG. Des Weiteren bleibt Inhaber der elektronischen Aktie derjenige, der als Inhaber in einem elektronischen Wertpapierregister eingetragen wurde.
  • Die Hinterlegung der Emissionsbedingung stellt einen zentralen Bestandteil der Eintragung und damit der Begebung des Wertpapiers dar. § 5 Abs. 4 eWpG-E stellt klar, dass die Satzung der Aktiengesellschaft nicht zu den hinterlegten Informationen des Wertpapiers gehört. Ffür eine gesonderte Hinterlegung der Informationen besteht keine Notwendigkeit, da die Satzung der Gesellschaft bereits im Handelsregister einsehbar ist (Begr. RegE, BT-Drucks. 20/8292, S. 122 f.).
  • „Klassisch“ ausgegebene Aktien können zu elektronischen Aktien umgewandelt werden. Die Urkunden werden durch die Eintragung der elektronischen Aktien kraftlos. Dabei können Aktien durch Eintragung in das Zentralregister unter bestimmten Voraussetzungen ohne Zustimmung der Berechtigten umgewandelt werden, wenn diese mittels Sammelurkunde begeben wurden oder mittels Einzelurkunden, die in Sammelverwahrung verwahrt werden (§ 6 Abs. 3 eWpG-E). Ansonsten bedarf die Umwandlung durch Eintragung in die Wertpapierregister der Zustimmung des Berechtigen. In beiden Fällen muss die Verbriefung durch die Satzung ausgeschlossen sein.
  • Sollen die elektronischen Aktien durch klassische Aktien ersetzt und dadurch umgewandelt werden, darf der Anspruch der Aktionäre auf Verbriefung in der Satzung nicht ausgeschlossen sein (§ 6 Abs. 5 S. 1 eWpG-E). Für Aktien, die als elektronische Aktien in das Wertpapierregister eingetragen werden, ist in der Satzung die Verbriefung für solche Aktien jedoch auszuschließen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 6 AktG-E). Für einen Wechsel in die Urkundenform muss die Satzung daher angepasst werden und eine Einzelverbriefung darf nach § 10 Abs. 5 AktG nicht weiter ausgeschlossen sein (Begr. RegE, BT-Drucks. 20/8292, S. 123).
  • Nach §§ 13, 17 eWpG-E sollen im Zentralregister und im Kryptowertpapierregister nun zentrale Angaben der Aktie mitaufgenommen werden. Es sollen alle für den Rechtsverkehr wesentlichen Merkmale des Wertpapiers auf einen Blick erkennbar sein und die wesentlichen Angaben der elektronischen Aktien, wie etwa die Aktienart (Namens- oder Inhaberaktie), die Form der Aktie (Nennbetrags- oder Stückaktie) oder Aktiengattung (Vorzugs-, Stamm- Mehrstimmrecht- oder vinkulierte Namensaktien), veröffentlicht werden (Begr. RegE, BT-Drucks. 20/8292, S. 123 f.).
  • Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist nach § 67 Abs. 1 AktG für die Führung eines Aktienregisters verantwortlich. Hinsichtlich der Durchführung kann dieser allerdings Dienstleister oder Hilfspersonal mit der Führung des Aktienregister beauftragen. Nach § 30a eWpG-E kann zur Führung von Aktienregistern ebenfalls auf die registerführenden Stellen zurückgegriffen werden.
  • Der RegE enthält erstmals die Änderung der Veröffentlichungspflicht nach § 20 eWpG. In Zukunft soll es bei Eintragungen oder Änderungen eines Kryptowertpapiers in einem Kryptowertpapierregister ausreichen, die Informationen nur der BaFin und nicht zusätzlich dem Bundesanzeiger mitzuteilen, um den Emittenten zu entlasten (Begr. RegE, BT-Drucks. 20/8292, S. 135).
  • Ebenfalls neu eingefügt wurde eine Haftungserleichterung für den Emittenten bei einem verursachten Schaden durch die registerführende Stelle des Kryptowertpapierregisters. Nach § 21 Abs. 1 S. 2 eWpG-E soll der Emittent nur für sein Verschulden bei der Auswahl der registerführenden Stelle haften.

Beurteilung

Die klassische Aktie löst sich mit der Umsetzung der elektronischen Aktien ganz praktisch von ihrem Wertpapier. Dies wird einheitlich von Verbänden, Juristen und Wirtschaftsvertretern begrüßt und zum Teil als „notwendigen Schritt hin zur Entmaterialisierung der Aktie“ (Eisenschmidt, NZG 2023, S. 831) betrachtet. Elektronische Aktien stellen keine eigenständige Aktiengattung dar und haben keine Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen dem Emittenten und seinen Aktionären, sondern wirken sich allenfalls auf die Ausweitung der Handelbarkeit auf anderen Märkten und Plattformen aus (Begr. RegE, BT-Drucks. 20/8292, S. 104).

Bereits die Beurteilung des Referentenentwurfs fiel hinsichtlich der Ausklammerung von Inhaberkryptoaktien kritisch aus. Dennoch blieb die Bundesregierung bei der Einschätzung und nahm Inhaberkryptoaktien nicht in den RegE auf. Diesbezüglich verweist der RegE auf die Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) – eine internationale Institution, die Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche veröffentlicht – die Inhaberaktien mangels Nachvollziehbarkeit der Übertragungsvorgänge als tendenziell risikobehaftetes Instrument einstuft (Begr. RegE, BT-Drucks. 20/8292, S. 58).

Sicher ist, dass die E-Aktie kommen wird. Emittenten, die sich der elektronischen Aktie bedienen möchten, sollten auf die Satzungsbestimmungen achten, die sich bereits im Vorfeld und vor dem in Krafttreten der Gesetzesänderung vorbereiten lassen.

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