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14. September 2023

Kann Urlaub künftig noch verfallen / verjähren?

  • Briefing

Die Antwort auf diese Frage lautet: Ja. ArbeitgeberInnen müssen nach den neuesten Entwicklungen aber zum Verbrauch aufgefordert und auf die drohende Verjährung hingewiesen haben! Doch wie kam es dazu?

Startschuss in Deutschland

In Bezug auf Urlaubsverjährung hatte der EuGH aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des deutschen Bundesarbeitsgerichts bereits im September 2022 (erneut) zum Vorteil der ArbeitnehmerInnen entschieden und deren Rechte deutlich gestärkt.

Konkret ging es in dem deutschen Ausgangsverfahren vor dem EuGH (C-120/21) um eine Arbeitnehmerin, die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine finanzielle Abfindung für nicht konsumierten Urlaub begehrte, da sie wegen des hohen Arbeitsaufwandes ihren Urlaub nicht hatte konsumieren können. Der Arbeitgeber wandte Verjährung ein (in Deutschland verjähren Urlaubsansprüche binnen 3 Jahren). Das deutsche Bundesarbeitsgericht kam jedoch zu dem Schluss, dass der Arbeitgeber die Klägerin nicht in die Lage versetzt hatte, ihren Urlaub zu gebotener Zeit tatsächlich zu konsumieren und lehnte den Verjährungseinwand ab. 

Auch der in der Folge angerufene EuGH kam zu diesem Schluss und erklärte den Verjährungseinwand für unbeachtlich.  Zusammengefasst müssten ArbeitgeberInnen ihre ArbeitnehmerInnen tatsächlich in die Lage versetzen, ihren (angesparten) Urlaub zu verbrauchen. Hierzu seien auch entsprechende Vorkehrungen zu treffen und ArbeitgeberInnen müssten rechtzeitig ihren Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nachkommen. Nur dann könne der Anspruch verjähren / erlöschen.

Schließlich kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass es dem Unionsrecht widerspricht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach einer national-gesetzlichen Regelung nach Ablauf einer Frist von 3 Jahren verjährt, wenn die ArbeitgeberIn die ArbeitnehmerIn nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen.

Fortsetzung in Österreich

Bislang waren die konkreten Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Rechtslage in Österreich unklar. Nun hat aber auch hierzulande der Oberste Gerichtshof entschieden!

In dieser jüngsten Entscheidung (8 ObA 23/23z) vom 27.06.2023 wurde klargestellt, dass Urlaubsansprüche nicht verjähren können, wenn der / die Arbeitgeber/in nicht für den Verbrauch gesorgt hat.

Ausgangsfall war die Klage eines Arbeitnehmers, der für den Arbeitgeber seit 2003 als Wildhüter und später auch als Gutsverwalter tätig war. Zwar verbrauchte er während seiner Anstellung immer wieder Urlaubstage, mangels geeigneter Vertretung sah er sich jedoch nicht in der Lage, den gesamten Urlaub in Anspruch zu nehmen. So er Urlaub beantragte, wurde ihm dieser zwar stets vom Arbeitgeber gewährt, dieser hatte den Arbeitnehmer aber weder zum Verbrauch des Urlaubs aufgefordert noch auf die drohende Verjährung hingewiesen.

Im Zuge der Beendigung seines Dienstverhältnisses wurde dem Arbeitnehmer nur eine Urlaubsersatzleistung für offene Ansprüche aus den letzten 3 Jahren (etwa EUR 9.100) ausbezahlt. Betreffend die Urlaubstage aus früheren Perioden berief sich der Arbeitgeber auf die Verjährung (gem. § 4 Abs 5 Urlaubsgesetz).

Mit der Klage begehrte der Kläger die Auszahlung der Urlaubsersatzleistung für sämtliche über die vergangenen siebzehn Jahre nicht konsumierten Urlaubstage.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dies mit der Begründung, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht daran gehindert worden sei, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen, sodass seine länger als drei Jahre zurückliegenden Urlaubsansprüche nach dem österreichischen Recht verjährt seien.

Bereits das Berufungsgericht entschied jedoch, dass keine Verjährung eingetreten sei, da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Lichte der EuGH Rechtsprechung nicht zum Urlaubskonsum aufgefordert und auf die drohende Verjährung hingewiesen habe. Dies gelte aber nur für den unionsrechtlichen Mindesturlaub, und sohin vier Wochen pro Jahr (Art 7 Abs 2 der sog. Arbeitszeit-Richtlinie (2003/88/EG) sieht einen Jahresurlaub von vier Wochen vor). Der darüber hinausgehende Urlaubsanspruch sei verjährt.

Der OGH bestätigte nun diese Ansicht des Berufungsgerichts. Der Arbeitgeber habe durch den Verstoß gegen seine Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nicht dafür gesorgt, dass der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub tatsächlich in Anspruch nimmt. Dieser Umstand stehe einer Verjährung des Urlaubsanspruchs der Arbeitszeit-Richtlinie entgegen.

Als Folge waren nun insgesamt rund EUR 34.000 an Urlaubsersatzleistung an den Arbeitnehmer zu bezahlen.

Fazit / Ausblick:

Damit nicht konsumierte Urlaubstage verjähren können, müssen ArbeitgeberInnen den europarechtlichen Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nachkommen. Demnach sind ArbeitnehmerInnen aktiv zur Urlaubskonsumierung aufzufordern und bezüglich der drohenden Verjährung zu informieren. Die bloße Möglichkeit den Urlaub zu konsumieren, genügt nicht.

Kommen ArbeitgeberInnen diesen Obliegenheiten nicht nach, können ArbeitnehmerInnen allenfalls jahr(zehnt)elang zurückreichende Ansprüche auf Urlaubsersatzleistung geltend machen!

Dies gilt jedenfalls für den europarechtlich zustehenden Mindesturlaub von 4 Wochen pro Jahr. Es wird daher auch zu untersuchen sein, wie mit den 1 bis 2 weiteren Urlaubswochen nach österreichischem Recht umgegangen werden soll (v.a. bei automatisierten Systemen).

Es stellt sich weiters die Frage, was dies für jene Fälle bedeuten könnte, in denen keine jahrelang zurückliegenden Urlaubsaufzeichnungen (mehr) vorliegen; dies besonders auch im Zusammenhang mit Urlaubsrückstellungen.

Praxistipp:

ArbeitgeberInnen sollten jedenfalls eine (nachweisliche) Hinweis- und Aufforderungsroutine im Unternehmen implementieren.

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