Autor

Pascal Wrusch

Associate

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28. August 2023

Zukunftsfinanzierungsgesetz – Entwurf der Bundesregierung vom 16. August 2023

  • Briefing

Die Bundesregierung hat am 16. August 2023 den Entwurf für das sog. Zukunftsfinanzierungsgesetz beschlossen, nachdem zuvor im April 2023 der Referentenentwurf und im Juni 2022 das Eckpunktepapier hierzu veröffentlicht wurden.

Der nun erschienene Regierungsentwurf sieht ein umfangreiches Maßnahmenpaket vor, das den deutschen Finanzstandort stärken und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU verbessern soll.

Im Vergleich zum Referentenentwurf enthält der Regierungsentwurf gewisse Nachschärfungen, vermutlich auch aufgrund einiger Stellungnahmen diverser Verbände.

Mit dem geplanten Zukunftsfinanzierungsgesetz sollen – in Gemeinsamkeit mit den im EU Listing Act auf europäischer Ebene angestrebten Erleichterungen – bestehende nationale Spielräume genutzt werden, um den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern (s. hierzu unseren Artikel zum geplanten EU Listing Act vom 11. Juli 2022).

Ziel des EU Listing Acts ist es ebenfalls, die Kapitalmärkte auf EU-Ebene attraktiver zu gestalten und den Zugang von KMU zu Kapital zu erleichtern, unter anderem durch die EU-weite Einführung von Mehrstimmrechtsaktien. Durch das geplante Zukunftsfinanzierungsgesetz soll die Wiederzulassung von Mehrstimmrechtsaktien erfolgen, welche nach gegenwärtigem Stand in Deutschland unzulässig sind.

Geplante kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtliche Maßnahmen auf dem Stand des Regierungsentwurfs vom 16. August 2023

Bei Börsengängen sollen die Börsen künftig in Teilen des regulierten Marktes auf den bislang notwendigen Mitantragsteller verzichten können, wodurch die Kosten bei Börsengängen reduziert werden sollen (geplante Umsetzung in § 32 Abs. 2a BörsG-E).

Die Mindestmarktkapitalisierung für Börsengänge soll von 1,25 Mio. EUR auf 1 Mio. EUR herabgesetzt werden, um auch kleineren Unternehmen den Weg zum Kapitalmarkt zu eröffnen (geplante Umsetzung in § 2 Abs. 2 S. 1 BörsZulV-E).

Die Wiederzulassung von Mehrstimmrechtsaktien, mit einem Stimmrecht von bis zu 10:1, soll neue Anreize für Börsengänge schaffen, indem sich Gründerinnen und Gründer den Einfluss auf das Unternehmen trotz Kapitalaufnahme bewahren und so ihre Expertise weiterhin umfassend in das Unternehmen einbringen können. Gleichzeitig sollen konkrete Anleger- und Minderheitenschutzregelungen Einzug finden, mit denen insbesondere der Schutz der Investoren, der Aktionäre ohne Mehrstimmrechte und der Kapitalmärkte gewährleistet bleibt (geplante Änderung in § 135a AktG-E).

Die sog. Börsenmantelaktiengesellschaft (BMAG), bislang bekannt unter dem Namen Special Purpose Acquisition Company (“SPAC”) soll gesetzlich geregelt werden (geplante Umsetzung in §§ 44-47b BörsG-E). Die gesetzliche Regelung soll Start-ups und Wachstumsunternehmen einen alternativen Weg an den Kapitalmarkt eröffnen. Künftig soll eine nicht operativ tätige Gesellschaft als eine solche Mantelgesellschaft durch die Zulassung der Aktien zum Handel am regulierten Markt Mittel am Kapitalmarkt einsammeln können, um die Akquisition einer operativ tätigen Gesellschaft zu finanzieren. Die Bundesregierung hat auf die Kritik an dem Referentenentwurf reagiert und sieht im Regierungsentwurf nun auch die Möglichkeit der Verwendung einer Europäischen Gesellschaft (SE) als Vehikel und die Verzinsung der Einlage vor, die durch einen geeigneten Treuhänder zu halten ist (s. hierzu unseren Artikel zur Einführung von SPACs und Beurteilung des Referentenentwurfs vom 28. Juli 2023).

Kapitalerhöhungen der AG sollen erleichtert und so die Rahmenbedingungen für die Eigenkapitalaufnahme verbessert werden, indem beim vereinfachten Bezugsrecht eine höhere Quote von 20 Prozent (statt bislang 10 Prozent) vorgesehen ist (geplante Änderung in § 186 Abs. 3 S. 4 AktG-E). In geeigneten Fällen soll eine Anfechtung bei Streitigkeiten über den Ausgabebetrag ausgeschlossen werden und es soll stattdessen ein Spruchverfahren eingeführt werden (geplante Änderung in § 1 Nr. 1 SpruchG-E).

Bedingtes Kapital soll bei Unternehmenszusammenschlüssen bis zu einer Grenze von 60 Prozent des Grundkapitals möglich sein. Dementsprechend wird zugleich vorgeschlagen, die allgemeine quantitative Grenze von 50 („der Hälfte“) auf 60 Prozent des Grundkapitals anzuheben. Die Erhöhung der Grenzen beim bedingten Kapital für Unternehmenszusammenschlüsse soll Aktiengesellschaften eine höhere Flexibilität und größeren Spielraum beim Zusammenschluss mit anderen Gesellschaften gewähren. Die bestehende Grenze wurde als Hindernis im Vergleich zum flexibleren Recht der Vereinigten Staaten kritisiert. Zudem soll die spezielle Grenze für Bezugsrechte von Arbeitnehmern und Mitgliedern der Geschäftsleitung von 10 Prozent auf 20 Prozent erhöht werden. Durch die Erhöhung der Grenze für den Fall der Gewährung von Bezugsrechten sollen Unternehmen mehr Möglichkeiten bei der Suche nach talentierten Mitarbeitern gewinnen.

Es sollen neue Regelungen zur Gewährung zusätzlicher Aktien (durch Kapitalerhöhung) mit der Einfügung der §§ 255a und 255b AktG-E geschaffen werden. § 255a AktG-E stellt eine Ergänzung des Regelungsentwurfs aus dem Referentenentwurf dar. Durch die Einfügung der Möglichkeit des Ausgleichs durch Aktien soll der Kritik Rechnung getragen werden, dass die bislang lediglich vorgesehene bare Ausgleichszahlung nicht als der sachgerechte Schutzmechanismus angesehen wurde. Dies wurde insbesondere für die Fälle als problematisch angesehen, in denen die Einbringung von Unternehmen oder Unternehmensanteilen als Sacheinlage, die wirtschaftlich einer Verschmelzung ähnelt, vorgenommen worden war. In beiden Fällen verblieben die außenstehenden Aktionäre in der kombinierten Unternehmenseinheit und nahmen auch an den wirtschaftlichen Vorteilen aus der Unternehmenszusammenführung teil. Deshalb sei es sachgerecht, wenn die aufnehmende Gesellschaft bei einem unangemessen niedrigen Einlagewert im Verhältnis zum Ausgabewert der Aktien wie bei der Verschmelzung einen Ausgleich durch von ihr zu schaffende zusätzliche Aktien erbringt. Die Pflicht zur Gewährung zusätzlicher Aktien kann durch Übertragung eigener Aktien erfüllt werden, sofern die Gesellschaft solche hält oder nach Maßgabe des § 71 AktG erwirbt. § 255b AktG-E soll den Gesellschaften daneben die Möglichkeit einräumen, die zusätzlich zu gewährenden Aktien ohne Liquiditätsabfluss im Wege einer (weiteren) Sachkapitalerhöhung zu schaffen.

Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, elektronische Aktien in einem elektronischen Wertpapierregister oder Kryptowertpapierregister zu begeben (geplante Änderung in § 10 Abs. 6 AktG und Änderung des eWpG).

Geplante steuerrechtliche Maßnahmen im Rahmen von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz beinhaltet auch Regelungen zur Stärkung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung, die für Startups, Wachstumsunternehmen und KMU von großer Bedeutung ist. Diese Regelungen sollen Unternehmen dabei unterstützen, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Einige der Änderungen umfassen beispielsweise die Erhöhung des Freibetrags für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von 1.440 Euro auf 5.000 Euro bzw. 2.000 Euro bei Entgeltumwandlung oder die Abmilderung der Dry-Income-Problematik (Besteuerung wegen Zufluss verbilligter Anteile, obwohl noch keine Liquidität zugeflossen ist) bei Mitarbeiterkapitalbeteiligungen.

Ausblick

Am 29. September 2023 soll der Bundesrat zum Regierungsentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes Stellung nehmen, bevor dieser für die weitere parlamentarischen Beratung in den Bundestag geht. Bis Ende 2023 soll das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein.

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