11. Juli 2022
Sowohl auf Bundes- als auch auf EU-Ebene planen die Gesetzgeber mit dem „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ und dem „EU Listing Act“ Maßnahmen zur Modernisierung des Kapitalmarkts und zur Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen, insbesondere Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleine und mittelständische Unternehmen, sog. „KMU“.
Der Bundesminister der Finanzen, Christian Lindner, und der Bundesminister der Justiz, Dr. Marco Buschmann, haben am 29. Juni 2022 Eckpunkte für das sog. „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ vorgestellt, die erleichterte Regelungen im Gesellschaftsrecht, Kapitalmarktrecht und Steuerrecht vorsehen sollen.
Das Zukunftsfinanzierungsgesetz umfasst unter anderem folgende wesentliche Eckpunkte:
Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll noch in der ersten Hälfte der Legislatur in Kraft treten.
Auch auf EU-Ebene hat die Idee des leichteren Zugangs zum Kapitalmarkt für KMU bereits Anklang gefunden. Von November 2021 bis Ende Februar 2022 hat die Europäische Kommission ein öffentliches Konsultationsverfahren zum geplanten sog. „EU Listing Act“ durchgeführt. Der EU Listing Act soll durch die Europäische Kommission als Gesetzesvorschlag für Gesetzesänderungen im europäischen Kapitalmarktrecht eingebracht werden, wie zum Beispiel Erleichterungen in der EU-Prospektverordnung, EU-Marktmissbrauchsverordnung, MiFID II, EU-Transparenzrichtlinie, Börsenzulassungsrichtlinie oder auch Regelungen zu SPACs, Mehrstimmrechtsaktien und Corporate Governance Standards bei KMU.
Ein erster Vorschlag wird für das dritte Quartal 2022 erwartet.
Ziel des EU Listing Acts soll dabei ebenfalls ein vereinfachteres und praxisgerechteres kapitalmarktrechtliches Regelwerk sein. Insbesondere sollen sowohl die Einstiegshürden als auch die Zulassungsfolgepflichten vereinfacht werden.
Hintergrund dieser Initiative ist, dass Börsenplatzierungen, sei es durch einen Börsengang (IPO) oder durch die Begebung von Anleihen, für KMU bislang verhältnismäßig aufwendig und kostenintensiv sind. Folge ist, dass viele dieser Unternehmen vor einer Kapitalmarktfinanzierung voreilig zurückschrecken und sich somit viele Vorteile entgehen lassen, die solche Finanzierungsformen mit sich bringen.
Zu den Vorteilen einer Börsenplatzierung zählen insbesondere
Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz und dem EU Listing Act planen die Bundesregierung und Europäische Kommission sowohl die Eintrittsschwelle zu senken als auch die mit der Zulassung verbundenen regulatorischen Folgepflichten für KMU angemessen zu minimieren, um die Attraktivität des deutschen und europäischen Kapitalmarkts zu steigern.
Zwar ist eine tiefgreifende Regulierung des Finanzmarktes von essentieller Bedeutung für dessen Integrität und Stabilität, jedoch darf die Regulierung nicht zu einem unüberwindbaren Hindernis für die Nutzung der Kapitalmärkte führen, insbesondere durch unangemessene Bürokratie, bestehende Rechtsunsicherheiten und die damit verbundenen finanziellen und reputativen Risiken für Unternehmen am Kapitalmarkt oder die, die eine Börsenplatzierung anstreben.
Es ist daher wünschenswert, dass sich der deutsche und europäische Gesetzgeber ermutigt fühlen, in Richtung einer modernen und angemessenen Ausbalancierung des Rechtsrahmens voranzuschreiten. Dies eröffnet die Chance für KMU, die Finanzierung am Kapitalmarkt deutlich attraktiver zu gestalten und das Wachstum, sowohl für die einzelnen Unternehmen als auch Deutschland und in der Europäischen Union zu fördern.
Quellen:
Zukunftsfinanzierungsgesetz – Bundesministerium der Finanzen
EU Listing Act – EU Kommission