7. Februar 2023
Co-Autorin: Cao, My Anh
Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2022 (Az.: 6 U 108/21) bejaht die Unzulässigkeit des Erhalts von Bonuspunkten bei der Vorbestellung von verschreibungspflichtigen, preisgebundenen Arzneimitteln über eine Smartphone App, bei der die Kunden im Fall der Abholung des Arzneimittels bei einem der teilnehmenden Händler Bonuspunkte mit einem Gegenwert eines geringen Geldwertes erhalten.
Der Kläger ist die Wettbewerbszentrale und die Beklagte ein pharmazeutischer Großhändler, der Apotheken mit Arzneimitteln beliefert sowie Produkte und Dienstleistungen im Gesundheitsbereich anbietet. Darüber hinaus stellte die Beklagte eine Smartphone App in Kooperation mit einem Anbieter eines Bonuspunkteprogramms zur Verfügung, über die Kunden bei jedem Einkauf bei einem teilnehmenden Händler Bonuspunkte auf einem Konto gutgeschrieben bekommen haben, insbesondere auch bei der Abholung eines vorbestellten Arzneimittels mit einem Gegenwert eines geringen Geldwertes. Der Kläger hat einen Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht mit der Begründung geltend gemacht, dass es sich bei Bonuspunkten mit einem Gegenwert eines geringen Geldbetrages um eine unzulässige Werbegabe handele, die einen Produktbezug aufweise. Zwar werde ein vorgeschriebener Preis angesetzt, aber mit der Vorbestellung und Abholung des Arzneimittels bei der teilnehmenden Apotheke werde dem Kunden ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied am 12. Oktober 2022 (Az.: 6 U 108/21), dass die Gewährung von Bonuspunkten eine unzulässige Werbegabe nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG darstelle. Nach Ansicht des Gerichts sei die Werbung - entgegen der Auffassung der Beklagten - produktbezogen und nicht lediglich unternehmens- und imagebezogen. Es sei nicht ersichtlich, auf welches Unternehmen sich die Image- und Unternehmenswerbung beziehen solle. Der Kunde werde aufgefordert, ein Rezept in einer beliebig teilnehmenden Apotheke einzulösen, wobei die Vorbestellung eines rezeptpflichtigen Arzneimittels mit Bonuspunkten begünstigt werde, das weder eine allgemeine Anpreisung der Leistungen der teilnehmenden Apotheken noch eine Zuwendung aus anderen unternehmerischen Gründen darstellen könne.
Außerdem habe die Beklagte gegen die arzneimittelrechtlichen Preisbestimmungen verstoßen. Denn die Zuwendung von Bonuspunkten beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels gewähre den Kunden einen Vorteil, welcher der Erwerb wirtschaftlich günstiger erscheinen lässt. Die Verkehrskreise sehe die Gewährung von Bonuspunkten als eine geldwerte Vergünstigung bzw. als Geschenk an und verstehe dies nicht als eine Kompensation für den Aufwand mit der Nutzung der Vorbestellfunktion der App.
Sofern verschreibungspflichtige Arzneimittel betroffen sind, die der Preisbindung und einem strikten Zuwendungsverbot unterliegen (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UAbs. 2 HWG), ist es nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Karlsruhe also unzulässig, Bonuspunkte mit einem nur geringfügigen Wert zu gewähren. Für andere Heilmittel (insbesondere nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und Medizinprodukte) gilt dies indes nicht. In einem anderen Verfahren hat das Landgericht Hamburg die Sach- und Rechtslage im Übrigen gegensätzlich beurteilt und festgestellt, dass das beklagte Unternehmen lediglich auf die Teilnahme an einem Kundenbindungssystem und damit nur auf einen allgemeinen unternehmensbezogenen Vorteil hinweise (Urteil vom 12. Mai 2021, Az. 312 O 306/19). Ein Berufungsverfahren soll nach den vorliegenden Informationen aber noch beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg anhängig sein (Az.: 3 U 83/21).
Gründe des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 9. Dezember 2021 veröffentlicht