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Karolina Lange-Kulmann, LL.M. (Medizinrecht)

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14. Februar 2023

Investoren in der ambulanten Versorgung

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Der Gesundheitsmarkt ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein beliebtes Investitionsziel geworden. Das liegt nicht zuletzt an der stabilen Finanzierung von Gesundheitsleistungen im deutschen Gesundheitssystem, insbesondere durch die gesetzliche Krankenversicherung und deren Finanzreserven. Der Gesundheitsmarkt ist recht „krisenfest“ und Konjunkturschwankungen wirken sich kaum aus. Auch der demografische Wandel führt zu einem gesteigerten Interesse von Investoren: Mit steigendem Alter der Menschen steigt auch die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen.

So hat Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey & Company im Jahr 2017 ein Strategiepapier für Investoren mit dem Titel „European healthcare – a golden opportunity“ veröffentlicht und vor allem für attraktive Investmentchancen im Bereich der Medizinischen Versorgungszentren, Laboratorien, Medizintechnik und der Pflege geworben. Die Anzahl und die Volumina von Transaktionen im Gesundheitswesen nehmen weiter zu.

Investoren haben ein großes Interesse daran, Werte gerade im ambulanten Bereich anzulegen: Dies funktioniert zumeist indem sie Medizinische Versorgungszentren kaufen oder sich in sonstiger Weise gesellschaftsrechtlich daran beteiligen. Seit 2004 besteht die Möglichkeit, ein MVZ zu gründen, und zwar nicht nur für (Zahn)Ärzte, sondern auch für andere zur Versorgung gesetzlich Versicherter zugelassene Leistungserbringer. Das MVZKonzept erfreute sich in den Folgejahren der Einführung einer großen Beliebtheit, sodass es Ende 2020 ausweislich einer Mitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bereits 3850 Medizinische Versorgungszentren bundesweit und damit knapp 300 mehr als im Vorjahr gab. Gerade in Bereichen wie der Labormedizin, Humangenetik, Radiologie oder Pathologie wurden MVZ in der Zeit seit 2004 überproportional von Investoren gegründet.

In den vergangen 18 Jahren wurde das Modell des MVZ durch den Gesetzgeber im Hinblick auf die Gründungsberechtigung, die Organisationsform und Trägerschaft, die Ärztliche Leitung, die fachliche Ausrichtung und Größe und nicht zuletzt auch die Regulierung der Gründungsbefugnis immer weiter ausdifferenziert.

In der ersten gesetzlichen Ausgestaltung war geregelt, dass Leistungserbringer, die aufgrund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung von Versicherten teilnehmen, zur Gründung von MVZ berechtigt waren. Mit steigender Anzahl von Investoren, die sich über den Erwerb und Betrieb eines Leistungserbringers – beispielsweise einer Physiotherapie GmbH – eine Gründungsbefugnis schufen, wuchs auch die Angst vor einer Umgestaltung des ambulanten Sektors. Konnten (Zahn)Arztpraxen bis Ende 2003 nur unter (Zahn)Ärzten veräußert werden, traten nun mit den finanzstarken Investoren neue Konkurrenten auf den Markt. Neben der Angst durch diesen Wettbewerb wuchs auch die Angst, medizinische Entscheidungen könnten in investorengetragenen Einrichtungen von Kapitalinteressen beeinflusst werden. Um dem entgegenzutreten, wurde mit dem am 1.1.2012 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKVVStG) die Gründungsberechtigung für MVZ auf Vertragsärzte, Krankenhäuser, Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Abs. 3 SGB V sowie bestimmte gemeinnützige Trägerorganisationen begrenzt. War zu Beginn noch eine externe ärztliche Leitung möglich, wurde ab 2012 festgelegt, dass die ärztliche Leitung selbst als angestellter (Zahn) Arzt oder als Vertrags(zahn)arzt im MVZ tätig sein muss. Zudem wurde dessen medizinische Weisungsfreiheit explizit normiert.

Die Beschränkung der Gründungsberechtigung begründete der Gesetzgeber wie folgt: „Das mit der Beschränkung der Gründungsberechtigung für medizinische Versorgungszentren auf die an der medizinischen Versorgung der Versicherten teilnehmenden Leistungserbringer verfolgte Ziel, den medizinisch-fachlichen Bezug der Gründer zu gewährleisten ist nicht vollständig erreicht worden, weil Kapitalgeber z. B. durch den Kauf eines Pflegedienstes oder eines Hilfsmittelerbringers die Voraussetzungen zur Gründung von medizinischen Versorgungszentren im gesamten Bundesgebiet erfüllen können“, (BT-Drucks. 17/6906, S. 70).

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) aus dem Jahr 2019 wurde die Gründung von zMVZ durch Krankenhäuser weiter begrenzt. Gemäß § 95 Abs. 1b SGB V kann ein Krankenhaus nunmehr nur noch ein zMVZ gründen, wenn der Versorgungsanteil der durch dieses Krankenhaus bereits betriebenen zMVZ in diesem Planungsbereich an der zahnärztlichen Versorgung einen bestimmten Anteil nicht übersteigt. Die Neuregelung begründete der Gesetzgeber wie folgt: „Ziel der Regelung ist der Erhalt der Anbietervielfalt in der vertragszahnärztlichen Versorgung und die Verhinderung einer wettbewerbsfeindlichen Anbieterdominanz durch medizinische Versorgungszentren (MVZ) in Trägerschaft weniger Krankenhäuser. Hintergrund sind bereits bestehende Konzentrationsprozesse im vertragszahnärztlichen Versorgungsbereich, denen rechtzeitig entgegengewirkt werden soll. Für die vertragszahnärztliche Versorgung gilt es deshalb, die Vielfalt der vertragszahnärztlichen Leistungserbringer zukunftssicher zu erhalten“, (BT-Drs. 19/8351, S. 187).


Leseprobe aus "Medizinische Versorgungs- und Gesundheitszentren | Bedeutung, praktische Umsetzung, Perspektiven", Hrsg.: Prof. Dr. habil. Wolfgang Hellmann, KU Gesundheitsmanagement, 1. Auflage 2023

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