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Jonas Warnken

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Friederike Voht, LL.M. (UCL)

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9. Februar 2022

10 Fallstricke bei der Beschäftigung von Nicht-EU-Staatsangehörigen in Deutschland

  • Briefing

Die Einstellung ausländischer Arbeitnehmer wird für deutsche Unternehmen in einer globalisierten Welt und Wirtschaft immer wichtiger. Arbeitnehmer, die nicht Staatsangehörige eines EU-Landes, des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz sind (sogenannte "Drittstaatsangehörige"), benötigen jedoch in der Regel einen Aufenthaltstitel, der ihnen erlaubt, in Deutschland zu arbeiten. Der deutsche Gesetzgeber hat inzwischen ebenfalls erkannt, dass eine Zuwanderung aus dem Ausland dringend notwendig ist, um den Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu überwinden. Daher wurden Gesetzesänderungen vorgenommen, die eine Einstellung von Fachkräften erleichtern sollen. Dennoch verbleiben einige Fallstricke, die es als Arbeitgeber zu vermeiden gilt.

1 - Beschäftigung vor Erteilung eines Aufenthaltstitels

Arbeitnehmer, die Staatsangehörige Australiens, Israels, Japans, Kanadas, Südkoreas, Neuseelands, Großbritanniens oder der USA sind, werden nach deutschem Aufenthaltsrecht privilegiert behandelt. Sie können visumfrei nach Deutschland einreisen und eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland direkt bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragen, anstatt sich an die deutsche Botschaft / das Konsulat in ihrem Heimatland wenden zu müssen. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese privilegierten Staatsangehörigen ihre Arbeit aufnehmen dürfen, bevor sie die Aufenthaltserlaubnis für die vorgesehene Tätigkeit erhalten haben. Es dauert in der Regel einige Wochen, bis die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt und der Arbeitnehmer zu arbeiten anfangen darf. Die Beschäftigung eines Arbeitnehmers ohne Aufenthaltstitel stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer können mit einer Geldstrafe belegt werden und ein solcher Verstoß kann sich auch auf künftige Anträge auf einen Aufenthaltstitel auswirken. Außerdem kann der Arbeitgeber von öffentlichen Aufträgen und Subventionen ausgeschlossen werden.

2 - Aufenthaltstitel mit Nebenbestimmungen

Viele Aufenthaltstitel sind auf einen bestimmten Arbeitgeber und eine bestimmte Funktion beschränkt. Der Aufenthaltstitel (einschließlich des in der Regel ausgestellten grünen Zusatzblatts) muss im Detail geprüft werden bevor der Drittstaatsangehörige seine Arbeit aufnimmt. Erlaubt der Aufenthaltstitel dem Arbeitnehmer nicht, in einer bestimmten Funktion zu arbeiten, muss eine Änderung des Aufenthaltstitels beantragt werden bevor der Arbeitnehmer die Arbeit aufnehmen darf. Die Ausländerbehörde prüft dann, ob die Voraussetzungen für den Aufenthaltstitel (noch) erfüllt sind und holt - falls erforderlich - die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ein.

3 - Visumfreie Geschäftsreisen

Bestimmte Staatsangehörige können ohne Visum nach Deutschland einreisen und sich bis zu 90 Tage (innerhalb eines rollierenden Zeitraums von 180 Tagen) in Deutschland aufhalten. Obwohl eine Beschäftigung erst dann erlaubt ist, wenn ein Aufenthaltstitel den Drittstaatsangehörigen ausdrücklich zur Arbeit berechtigt, gibt es bestimmte Tätigkeiten, die nach deutschem Aufenthaltsrecht nicht als "Arbeit" gelten und daher keinen Aufenthaltstitel erfordern (sog. „Nichtbeschäftigungsfiktion“). Geschäftsreisen gehören zu Tätigkeiten, die unter die Nichtbeschäftigungsfiktion fallen. D. h. ein Arbeitnehmer eines ausländischen Arbeitgebers kann in Deutschland Aufgaben im Zusammenhang mit einer Geschäftsreise wahrnehmen, ohne ein Visum, das ihm die Arbeit erlaubt, zu benötigen. Die Definition dessen, was unter geschäftsreisebezogene Tätigkeit fällt, wird jedoch eher restriktiv verstanden: Der Arbeitnehmer darf nur an Besprechungen oder Verhandlungen in Deutschland teilnehmen, Vertragsangebote ausarbeiten, Verträge unterzeichnen oder die Ausführung eines Vertrags im Namen des im Ausland ansässigen Arbeitgebers überwachen. Der Arbeitnehmer darf auch einen Teil eines Unternehmens in Deutschland für einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland gründen, beaufsichtigen oder kontrollieren. Für jede andere Tätigkeit ist jedoch in der Regel ein Visum / eine Aufenthaltserlaubnis erforderlich. Es ist daher zu empfehlen, professionellen Rat einzuholen, wenn die geplanten Tätigkeiten in eine Grauzone zu fallen scheinen.

4 - Mitteilung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind verpflichtet, die Ausländerbehörde über die (vorzeitige) Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu informieren. Die Ausländerbehörde entscheidet dann, ob sie die Dauer des Aufenthaltstitels verkürzt. Die Mitteilung muss vom Arbeitgeber spätestens vier Wochen, nachdem er von der bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses Kenntnis erlangt hat, erfolgen (z. B. nach Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages oder Ausspruch der Kündigung des Arbeitnehmers). Für den Arbeitnehmer endet die Frist bereits zwei Wochen nach Kenntniserlangung der Beendigung. Die Nichteinhaltung der Mitteilungspflicht kann für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer ein Bußgeld zur Folge haben.

5 - Mindestentgeltanforderungen

Einige Aufenthaltstitel setzen ein bestimmtes jährliches Mindestbruttoentgelt voraus, z. B. die Blaue Karte EU oder Aufenthaltstitel, die der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedürfen. Die Mindestanforderungen müssen für die gesamte Dauer des Aufenthaltstitels erfüllt werden. Zu beachten ist, dass nur die garantierte Vergütung auf die Mindestvergütungsgrenzen angerechnet wird. Variable Vergütungen, die nicht garantiert sind, werden daher nicht angerechnet und führen dazu, dass der Antrag auf den Aufenthaltstitel abgelehnt oder dessen Dauer nachträglich verkürzt wird.

6 - Automatisches Erlöschen von Aufenthaltstiteln

Aufenthaltstitel können per Gesetz automatisch erlöschen, wenn der Drittstaatsangehörige Deutschland verlassen hat und nicht innerhalb von sechs Monaten wieder eingereist ist. Die Rückkehrfrist kann bei bestimmten Aufenthaltstiteln länger als sechs Monate sein, z. B. bei Inhabern einer Blauen Karte EU, oder wenn vor Überschreiten der Rückkehrfrist eine längere Rückkehrfrist beantragt und von der Ausländerbehörde gewährt wurde. Wenn ein Aufenthaltstitel abgelaufen ist, muss der Arbeitnehmer einen neuen beantragen.

7 - Von deutschen Behörden ausgestellte Blaue Karten EU

Auch wenn der Name etwas anderes vermuten lassen würde, darf der Inhaber einer Blauen Karte EU nur in dem Land arbeiten, in dem die Blaue Karte EU ausgestellt wurde; d.h. der Arbeitnehmer mit einer von den deutschen Behörden ausgestellten Blauen Karte EU darf zwar in andere Länder der EU reisen, aber dort nicht anfangen, zu arbeiten. Um eine Arbeit ausüben zu können, muss der Arbeitnehmer einen Aufenthaltstitel für das betreffende Land beantragen. Eine Ausnahme von dieser Regel gilt, wenn der Arbeitnehmer den Status eines langfristig Aufenthaltsberechtigten genießt und von seinem Arbeitgeber mit Sitz in einem EU-Land in ein anderes EU-Land entsandt wird, um dort für höchstens drei Monate innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr Dienstleistungen zu erbringen.

8 - Arbeitnehmerüberlassung

Die Arbeitnehmerüberlassung ist in Deutschland vergleichsweise streng geregelt. Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel für Arbeitnehmer, die als Leiharbeitnehmer arbeiten sollen, wird für jeden zustimmungspflichtigen Aufenthaltstitel von der Bundesagentur für Arbeit abgelehnt. Das bedeutet, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels für Leiharbeitnehmer nur dann möglich ist, wenn der Arbeitnehmer einen Aufenthaltstitel beantragen kann, der nicht der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf, wie z.B. bei einer Blauen Karte EU mit einem bestimmten jährlichen Mindestgehalt (2022: 56.400 EUR brutto), oder wenn der Arbeitnehmer bereits in der Vergangenheit eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hat, die ihn uneingeschränkt arbeiten lässt, z.B. wenn dem Arbeitnehmer eine Niederlassungserlaubnis erteilt wurde.

9 - Schengen-Visa für andere Schengen-Staaten

Ein Schengen-Visum, das für einen Schengen-Staat ausgestellt wurde, erlaubt es dem Inhaber, auch in andere Schengen-Staaten visumfrei zu reisen, z. B. nach Deutschland. Sollten sich die Reisepläne jedoch ändern und der Schengen-Staat, für den das Visum ausgestellt wurde, nicht mehr als Reiseziel in Frage kommen, muss der Arbeitnehmer erneut ein Schengen-Visum für den anderen Schengen-Staat beantragen. Es ist also nicht möglich, ein Schengen-Visum für ein Land zu beantragen und einfach direkt in einen anderen Schengen-Staat zu reisen. Ein Verstoß hiergegen kann zur Folge haben, dass die betreffende Person bei der Grenzkontrolle angehalten und mit einer Geldstrafe belegt wird.

10 - Aufenthaltstitel für digitale Nomaden

Nach deutschem Aufenthaltsrecht werden viele Anträge von in Deutschland lebenden Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt, wenn sie für ein ausländisches Unternehmen arbeiten wollen, das keinen Sitz oder eine Niederlassung in Deutschland hat. Während es ausländischen Unternehmen im Allgemeinen möglich ist, Arbeitnehmer in Deutschland einzustellen, ohne dass eine lokale Präsenz erforderlich ist, verlangt das deutsche Aufenthaltsrecht in den meisten Fällen, dass der Arbeitgeber in Deutschland physisch präsent ist. Dies sollte vor bzw. während des Vorstellungsgesprächs oder vor der Unterbreitung eines Arbeitsvertragsangebots berücksichtigt werden. Das Arbeiten als digitaler Nomade ist nur in begrenzten Situationen möglich, z. B. wenn der Arbeitnehmer ein privilegierter Staatsangehöriger ist (Staatsangehöriger Australiens, Israels, Japans, Kanadas, Südkoreas, Neuseelands, des Vereinigten Königreichs oder der USA) und die Anforderungen des Aufenthaltstitels für privilegierte Staatsangehörige erfüllt sind oder wenn der Arbeitnehmer bereits auf der Grundlage einer Niederlassungserlaubnis für einen beliebigen Arbeitgeber arbeiten darf.

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