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22. Juli 2020

Neue Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts zur Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge

Das Bundeskartellamt hat eine Sektoruntersuchung zur Bereitstellung und Vermarktung öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge eingeleitet. Zur Pressemitteilung des Bundeskartellamts geht es hier.

Was bedeutet die Sektoruntersuchung durch das Bundeskartellamt?

  • Mit Sektoruntersuchungen werden die Strukturen und Wettbewerbsbedingungen in bestimmten Wirtschaftszweigen untersucht. Dazu wird das Bundeskartellamt die in diesem Bereich maßgeblichen Akteure befragen. Ziel ist es, umfassende Kenntnisse über die untersuchten Märkte zu gewinnen. Dies trifft auf einen neu entstehenden Wirtschaftsbereich wie die Ladeinfrastruktur, der nicht dem Regulierungsrecht unterliegt, in besonderem Maße zu.
  • Das Bundeskartellamt übersendet an die Marktakteure in der Regel umfangreiche Fragebögen und führt teilweise telefonische und persönliche Interviews, was mit entsprechendem Aufwand für die Beteiligten verbunden ist. Eine Sektoruntersuchung richtet sich zwar nicht gegen einzelne Unternehmen und geht keinem konkreten Verdacht auf einen Kartellrechtsverstoß nach. Die Erkenntnisse aus der Sektoruntersuchung, die in einem Bericht veröffentlicht werden, können aber Grundlage für Folgeverfahren des Bundeskartellamtes sein und dienen als Datenbasis bspw. für Fusionskontrollverfahren. Es ist daher für die Marktteilnehmer von überragender Bedeutung, die Fragen des Bundeskartellamts mit entsprechender Expertise und Sorgfalt zu beantworten.

Wettbewerbliche Rahmenbedingungen beim Zugang zu Ladestandorten

  • Die Sektoruntersuchung wird in zwei Phasen durchgeführt. Gegenstand der ersten Phase sind die wettbewerblichen Rahmenbedingungen, unter denen Betreiber von Ladestationen Zugang zu Standorten für Ladeinfrastruktur erhalten. Auf diesem vorgelagerten Markt fragen die potentiellen Betreiber von Ladestationen bei den Kommunen Zugang zu öffentlichen Verkehrsflächen nach. Im Hinblick auf die Vergabe dieser Flächen stellt sich die Frage, ob die Kommunen dem Anwendungsbereich des Kartellrechts unterfallen, weil ihre Tätigkeit als unternehmerisches Handeln einzuordnen ist oder ob sie rein hoheitlich tätig werden.
  • In diesem Zusammenhang spielt die sachliche und räumliche Abgrenzung des relevanten Marktes für Flächen für Ladestationen sowie die sich daran anschließende Ermittlung der Marktmacht von Kommunen eine maßgebliche Rolle. Die Monopolkommission ist in ihrem 7. Sektorgutachten Energie davon ausgegangen, dass die Kommunen auf diesem Markt in der Regel eine dominierende Marktstellung innehätten. Diese Annahme setzt indes voraus, dass die einzelnen kommunalen Gebiete aus Sicht der Betreiber nicht demselben räumlichen Markt angehören. Dies ist durchaus fraglich. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es auch private Anbieter von Flächen für Ladestationen gibt (z. B. in Parkhäusern oder auf Parkplätzen), die Wettbewerbsdruck auf die Kommunen ausüben.
  • Wird von einer Anwendbarkeit des Kartellrechts und – aufgrund einer engen Marktabgrenzung – auch von Marktmacht der Kommunen ausgegangen, hat die Vergabe von Flächen für Ladestationen diskriminierungsfrei zu erfolgen. Es könnte sich ggf. sogar aus kartellrechtlichen Gründen eine Verpflichtung zur Ausschreibung der Flächen ergeben (soweit das Vergaberecht nicht ohnehin unmittelbar anwendbar ist).
  • Zudem könnten lange Laufzeiten, automatische Vertragsverlängerungen im Falle nicht rechtzeitiger Kündigungen oder Exklusivverpflichtungen zwischen Kommunen und Betreibern wettbewerbliche Bedenken hervorrufen – auch im Hinblick auf den nachgelagerten Endkundenmarkt für das Laden von Elektrofahrzeugen. Andererseits haben Kommunen auch ein legitimes Interesse daran, dass Betreiber von Ladestationen ein flächendeckendes Angebot im Gemeindegebiet über einen längeren Zeitraum sicherstellen (und nicht nur an den rentablen Stellen in der Innenstadt). Gerade die flächendeckende, verlässliche und entsprechend langfristige Versorgung dient dem Ziel einer stärkeren Akzeptanz und Durchdringung der Elektromobilität in der Bevölkerung.


Kartellrechtlich überhöhte Strompreise an den Ladesäulen?

  • Die zweite Phase der Sektoruntersuchung soll u. a. Fragen des Zugangs von Ladekunden zu den Ladesäulen abdecken. Ein Aspekt dürften dabei die Preise an den Ladesäulen sein. Hintergrund der eingeleiteten Sektoruntersuchung sind nach der Pressemitteilung des Bundeskartellamts vermehrte Beschwerden über die Preise und Konditionen an den Ladesäulen.
  • Kartellrechtswidrig überhöhte Preise setzen indes eine marktbeherrschende Stellung des Betreibers voraus. Das Bundeskartellamt wird insoweit den relevanten Markt in Bezug auf das Angebot von Lademöglichkeiten abzugrenzen haben. Die Monopolkommission tendierte in ihrem Gutachten zur Annahme enger Märkte. Insbesondere in räumlicher Hinsicht hielt die Monopolkommission sogar lokale Märkte von wenigen 100 Metern für denkbar hält. Da Kommunen nicht selten in ihrem Gebiet einen einzigen Anbieter mit dem Ausbau von Ladepunkten beauftragen, würde dies zu einer hohen Markkonzentration führen, sollte sich die Annahme der Monopolkommission bestätigen, was jedoch fraglich erscheint.


Kartellrecht tritt neben Abmahnungen der Verbraucherverbände

  • Neben der jetzigen Einleitung einer Sektoruntersuchung durch das Bundeskartellamt ist zudem zu berücksichtigen, dass bereits eine Vielzahl von Ladesäulenbetreibern Abmahnungen von Verbraucherverbänden erhalten haben.
  • So hat beispielswiese die Verbraucherzentrale NRW mit einer Presseerklärung vom 15. Januar 2020 darauf hingewiesen, dass sie die The New Motion Deutschland GmbH abgemahnt habe. Die Shell-Tochter unterhalte ein Ladenetzwerk und wälze nach Einschätzung der Verbraucherschützer ihre Pflicht zur klaren Preisinformation in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig auf die Kunden ab. Fragen der Preistransparenz und Preisinformation sind somit bereits vor der nun eingeleiteten Sektoruntersuchung auf rein privatrechtlichem Weg Gegenstand von Auseinandersetzungen gewesen.


Regulierung der Ladesäuleninfrastruktur als vorzugswürdiger Weg?

  • Die Monopolkommission hat in ihrem Sektorgutachten bereits angedacht, die Regulierung der Stromnetzinfrastruktur auf die Ladeinfrastruktur auszuweiten. Voraussetzung hierfür wäre die Qualifizierung der öffentlich zugänglichen Ladesäulen als Infrastruktur im Sinne des Regulierungsrechts. Dazu müsste die Einordnung von Ladepunkten in § 3 EnWG geändert werden. Diese Maßnahme würde jedoch regulierungsrechtliche Vorschriften zur Preisbildung für den Zugang zur Ladeinfrastruktur erforderlich machen.
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