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15. April 2020

Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren – wie weit darf der Staat gehen?

Seit Wochen gelten in allen Bundesländern in unterschiedlicher Ausprägung Ausgangsbeschränkungen oder Kontaktsperren, denen eines gemeinsam ist: Sie greifen massiv in die Freiheitsrechte aller Bürger ein. Zwar werden sie von einem Großteil der Bevölkerung – wenn man den Meinungsumfragen glauben darf – akzeptiert, um die Ausbreitung des Covid 19-Virus zu verlangsamen. Allerdings wird zunehmend wegen der gravierenden Auswirkungen für die private Lebensgestaltung – etwa bei Besuchsverboten in Krankenhäusern und Pflegeheimen – sowie den drastischen wirtschaftlichen Auswirkungen verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen einzelne Beschränkungen in Anspruch genommen. Auch in der Krise muss der Staat die Schranken beachten, die das Grundgesetz der Ausübung von Staatsgewalt setzt. Insbesondere ist das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verhältnismäßigkeitsgebot zu beachten.

In der vergangenen Woche hat das Bundesverfassungsgericht in einem Eilbeschluss die vorläufige Außerkraftsetzung der Bayerischen Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen und über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie abgelehnt. Das BVerfG hat dabei die zugrundeliegende Verfassungsbeschwerde nicht von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet angesehen, sondern vielmehr aufgrund einer Folgenabwägung entschieden: Es hat dabei die Einschränkungen der persönlichen Freiheit weniger schwer gewichtet als die Gefahren für Leib und Leben und auf die Befristung der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen hingewiesen. Ähnlich argumentieren die Verwaltungsgerichte in zahlreichen Eilentscheidungen. Allerdings gibt es auch gerichtliche Kritik an einzelnen Maßnahmen. So hat das Oberverwaltungsgericht Greifswald das durch Rechtsverordnung ausgesprochene Verbot von tagestouristischen Ausflügen von Einwohnern des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern zu den Ostseeinseln und der Ostseeküste ausgesetzt und diese Beschränkungen als unverhältnismäßig angesehen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Allgemeinverfügung eines Landkreises in Brandenburg ausgesetzt, die den Eigentümern eines Ferienhauses dessen Nutzung untersagt, weil die Rechtsverordnung des Landes Brandenburg eine abschließende Regelung enthalte; danach ist zwar die Vermietung von Ferienwohnungen untersagt, nicht aber die Eigennutzung. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat den Eilantrag eines Fitnessstudios gegen die Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg zwar abgelehnt, in der Begründung aber ausdrücklich offengelassen, ob die Ermächtigungsgrundlagen des Infektionsschutzgesetzes im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die landesweite Schließung bestimmter Arten von privat betriebenen Dienstleistungsbetrieben sei. Diese Prüfung müsse im gerichtlichen Hauptsacheverfahren erfolgen.

Damit bleibt festzuhalten, dass die Gerichte im Hinblick auf die erheblichen Gesundheitsgefahren die staatlichen Freiheitsbeschränkungen zwar nicht aussetzen, sich aber sehr wohl vorbehalten, in folgenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren die Rechtmäßigkeit dieser Beschränkungen und Verbote zu überprüfen. Sollte ein Gericht dabei Rechtsverstöße feststellen, könnte dies Grundlage für etwaige Entschädigungsansprüche der Betroffenen darstellen.

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