8. November 2019

Unzulässige Rechtsausübung des Betriebsrates beim Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle

I. Einleitung

Einigungsstellen sind ein Instrument der Konfliktlösung und stellen nach dem Willen des Gesetzgebers den Ausnahmefall der betrieblichen Mitbestimmung dar. Sie sind zudem mit beachtlichen Mehrkosten für Unternehmen verbunden und können als Druckmittel des Betriebsrates eingesetzt werden. In seiner Entscheidung vom 16. Juli 2019 (Aktenzeichen 3 TaBV 36/19) stärkt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die Position verhandlungsbereiter Arbeitgeber, indem es einen Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle mit der Begründung ablehnte, dass der Betriebsrat zuvor keinen echten Einigungsversuch mit dem Arbeitgeber unternommen hatte.

 

II. Sachverhalt

Der Betriebsrat forderte den Arbeitgeber zu Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung zur Gefährdungsbeurteilung auf. Ein konkretes Regelungsziel oder auch nur eine vage Richtung, was geändert werden sollte, formulierte der Betriebsrat nicht. Stattdessen legte er dem Arbeitgeber die Vergütungsvereinbarung eines Rechtsanwalts als Sachverständigen vor, dessen Büro sich nicht im nahe gelegenen Ballungszentrum, sondern 200 km entfernt befand. Die Vereinbarung wies ein Stundenhonorar i.H.v. EUR 300 netto pro Arbeitsstunde und EUR 150 netto für Reisestunden aus.

Der Personalleiter forderte den Betriebsrat auf, die inhaltlichen Regelungsziele für die Betriebsvereinbarung zu beschreiben. Hierzu sei externer Sachverstand nicht erforderlich, weshalb er die Vergütungsvereinbarung nicht unterzeichnen werde.

In erster Instanz entschied das Arbeitsgericht Solingen zugunsten des Betriebsrats und gab dem Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle, Benennung eines Vorsitzenden und der Anzahl der Beisitzer statt.

III. Entscheidung

Das LAG Düsseldorf hob diese Entscheidung auf die Beschwerde des Arbeitgebers hin auf und wies den Antrag des Betriebsrates ab. Der Betriebsrat habe es versäumt, den gem. § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erforderlichen Versuch einer Einigung zu unternehmen. Dazu müsse die beantragende Partei eigene Vorstellungen zum Regelungsthema formulieren und die Gegenseite zu Verhandlungen darüber auffordern. Dies sei nur dann entbehrlich, wenn die Gegenseite Verhandlungen pauschal ablehne. Ein Scheitern des Einigungsversuchs läge vor, wenn die Gegenseite die Verhandlungen verzögere oder sie voraussichtlich nicht oder nicht in absehbarer Zeit zum Erfolg führten. Auch in diesem Fall könne eine Einigungsstelle erzwungen werden.

Anhand dieses Maßstabs sei das Verhalten des Betriebsrats rechtsmissbräuchlich, so das LAG Düsseldorf. Die Formulierung inhaltlicher Vorstellungen sei auch von juristischen Laien zu erwarten. Zudem habe sich der Arbeitgeber der Verhandlung nicht verschlossen, sondern zur Formulierung der Regelungsziele aufgefordert. Für den Betriebsrat hätte vielmehr die Zuziehung des Sachverständigen und dessen Honorarvereinbarung im Vordergrund gestanden. Es sei jedoch zu bezweifeln, dass die daraus resultierenden Kosten für den Sachverständigen von § 80 Abs. 3 BetrVG gedeckt seien. Da in einem nahegelegenen Ballungsgebiet ausreichend hochqualifizierte Sachverständige zur Verfügung stünden, hätte der Betriebsrat die Hinzuziehung eines Sachverständigen in 200 km Entfernung mit besonderer Fachkunde begründen müssen oder die für Reisezeiten anfallenden Kosten auf das Niveau eines ortsnahen Sachverständigen begrenzen müssen. Insgesamt bestünde daher kein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag des Betriebsrates.

IV. Praxistipp

Die Entscheidung des LAG Düsseldorf stärkt die Verpflichtung des Betriebsrates, sich an das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu halten. Es steht dabei in einer Reihe mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. März 2019 (1 ABR 42/17), über die wir hier berichtet haben. Klar ist damit, dass die Arbeitsgerichte zunehmend weder eine Blockadehaltung des Betriebsrates noch die Aufforderung zu Verhandlungen ohne konkretes Anliegen tolerieren. Schließlich ist die Entscheidung als Appell an den Betriebsrat zu verstehen, auf die Finanzen des Unternehmens Rücksicht zu nehmen. Wünscht der Betriebsrat teuren Sachverstand, so muss er dessen Erforderlichkeit belegen.

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