4. Juli 2019

Die DSGVO-konforme Beauftragung eines Privatdetektivs zur Aufdeckung von Verfehlungen im Arbeitsverhältnis

Seit dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung („DSGVO“) am 25. Mai 2018 sind Arbeitnehmer zunehmend sensibilisiert bezüglich der Verwendung ihrer Daten durch den Arbeitgeber. Auch Arbeitgeber räumen der Datenschutz-Compliance einen höheren Stellenwert ein. Dabei wird oft übersehen, dass Datenverarbeitung nicht rechtswidrig ist, wenn die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz vom 11. April 2019 (Aktenzeichen 5 Sa 371/18) erklärt den Einsatz von Privatdetektiven nach dem BDSG-alt für rechtmäßig und bietet Anlass zur Analyse der Voraussetzungen nach neuem Datenschutzrecht.



I. Sachverhalt

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Entsorgungsbranche mit mehreren Standorten. Der Kläger ist seit Oktober 2001 bei der Beklagten als Müllwerker beschäftigt. Im Sommer 2016 wurden dem Niederlassungsleiter der Beklagten mehrere Hinweise zugetragen, die darauf hindeuteten, dass der Kläger „am Landkreise vorbei“ Abfall gegen Geld annehme. Nachdem die Befragung von Kollegen nichts ergeben hatte, beauftragte die Beklagte einen Privatdetektiv damit, die Vorwürfe aufzuklären. Der Privatdetektiv beobachtete daraufhin den Kläger, wie dieser wiederholt etwas von Kunden entgegennahm und in seine Jackentasche steckte, als diese Abfall anlieferten.

Die Beklagte entschied sich daraufhin zur Versetzung des Klägers an einen anderen Standort, um die vermeintlich bestehenden, kriminellen Strukturen aufzubrechen. Der Kläger wendete sich mit einer Klage gegen die Versetzung und berief sich dabei sowohl auf die Unrechtmäßigkeit der Verwertung der durch den Privatdetektiv gesammelten Beweise als auch gegen die Rechtmäßigkeit der Versetzung an sich, die einen längeren Arbeitsweg für ihn bedeutet und daher seine Interessen unverhältnismäßig beeinträchtige.

II. Entscheidung

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage abgewiesen. In seinem Urteil vom 11. April 2019 (Aktenzeichen 5 Sa 371/18) hat auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Rechtmäßigkeit der Versetzung des Klägers bestätigt.

Zunächst stellt das Gericht fest, dass die Festlegung eines Arbeitsortes im Zusammenspiel mit einer (auch örtlichen) Versetzungsklausel das Recht des Arbeitgebers zur Zuweisung eines anderen Arbeitsortes im Rahmen des Direktionsrechts gem. § 106 S. 1 GewO nicht einschränkt. Die Ausübung des Direktionsrechts liege im billigen Ermessen des Arbeitgebers und verlange daher eine Abwägung der wechselseitigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Im Rahmen dieser Interessenabwägung war es für das Landesarbeitsgericht wesentlich, dass die Beklagte ausreichende Tatsachen vorgetragen hatte, die den Verdacht einer Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten begründeten. Die von der Detektei zur Verfügung gestellten Berichte waren vom Gericht frei zu verwerten, da ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht vorläge. Im Rahmen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG-alt sei die Überwachung durch den Privatdetektiv gerechtfertigt gewesen, da der Niederlassungsleiter hinreichend konkrete Tatsachen darlegen konnte, die den Einsatz des Privatdetektivs erforderlich erscheinen ließen. Der Niederlassungsleiter sagte unter anderem aus, dass Kunden, die mit Abfall vollbepackt auf den Wertstoffhof gefahren seien, den Niederlassungsleiter konkret nach dem Kläger gefragt hätten und den Wertstoffhof vollbepackt wieder verlassen hätten, als sie hörten, der Kläger sei nicht anwesend.

Die Interessen des Klägers mussten hinter diesem anerkennenswerten Interesse der Beklagten zurücktreten. Die Versetzung sei in Anbetracht der Vorwürfe schon ein mildes Mittel. Der nun 40-minütige Weg des Klägers zur Arbeit sei von ihm in Kauf zu nehmen. Dies gelte auch für die höheren Kosten, die damit verbunden sind, dass der Kläger einen Mercedes M-Klasse fährt, der auf 100 km 11 Liter Dieselkraftstoff verbraucht. Dem Kläger stünde es frei, „seine finanzielle Belastung durch Anschaffung eines angemessenen Pkw und die Eintragung eines Steuerfreibetrages zu reduzieren“, so das Gericht.

III. Neue Rechtslage

Die Beobachtung durch einen Privatdetektiv hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit auch unter der DSGVO und § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG-neu rechtmäßig durchgeführt werden können. Gem. § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG-neu ist es erlaubt, zur Aufdeckung von Straftaten personenbezogene Daten von Beschäftigten zu verarbeiten, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat und die Verarbeitung erforderlich und verhältnismäßig ist.

Nach der neuen Regelung kommt es entscheidend darauf an, dass die „tatsächlichen Anhaltspunkte“ auch nachgewiesen werden können, da das Gesetz eine Verpflichtung zur ausdrücklich Dokumentation vorsieht. Sich allein auf die Aussage des bereits ausgeschiedenen Niederlassungsleiters zu verlassen, hätte ein Risiko für Arbeitgeber dargestellt. Es ist daher empfehlenswert, die Tatsachen, die Anlass für die Datenverarbeitung – etwa die Beauftragung eines Privatdetektivs – sind, sowie die Durchführung einer Interessenabwägung für die Datenverarbeitung schriftlich zu dokumentieren.

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