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Henry Richard Lauf

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13. August 2018

EuG: Der Einwand der „hohen Musterdichte“ hat keine Auswirkungen auf die Eigenart eines Gemeinschafts- geschmacksmusters

Der EuG hat in seinem Urteil vom 28. September 2017 (T-779/16) klargestellt, dass im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens bei der Beurteilung der Eigenart eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters zu prüfen ist, ob der von ihm hervorgerufene Gesamteindruck von dem Gesamteindruck abweicht, der von dem älteren Geschmacksmuster ausgeht. Diese Prüfung habe aus der Sicht des informierten Benutzers und unter Berücksichtigung des Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers zu erfolgen. Dabei wiederholt der EuG seine Auffassung, dass eine etwaige Sättigung des Stands der Technik den informierten Benutzer stärker für Unterschiede der sich gegenüberstehenden Geschmacksmuster sensibilisieren könne; die Anforderungen an die „Informiertheit“ des Benutzers dürften insofern aber nicht überspannt werden. Der informierte Benutzer verfüge über gewisse Kenntnisse hinsichtlich der im betroffenen Wirtschaftszweig vorhandenen Geschmacksmuster, jedoch nicht über gründliche Kenntnisse.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren wurde die Nichtigerklärung des folgenden, für eine sternförmige Leuchte eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters begehrt:

Dieser Antrag auf Nichtigerklärung wurde gestützt auf das folgende ältere, für „Lampen“ eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster:

Das EUIPO gab dem Antrag statt; die Nichtigerklärung des angegriffenen Geschmacksmusters wurde von der Beschwerdekammer und nun auch vom EuG bestätigt.

Der EuG geht mit den Vorinstanzen davon aus, dass die sich gegenüberstehenden Geschmacksmuster beim informierten Benutzer denselben Gesamteindruck hervorrufen. Prägend für den Gesamteindruck sei die übereinstimmende Sternform. Der Unterschied bei der Breite der Sternarme könne den Eindruck eines „déja vu“ hingegen nicht beseitigen. Der Argumentation der Klägerin, dass vergleichbare Leuchten in Sternform bereits in erheblichem Umfang existierten und damit der „Stand der Technik“ gesättigt sei, so dass der informierte Benutzer stärker auf die Unterschiede achte als auf die Gemeinsamkeiten, folgte der EuG nicht.

Zwar stellt der EuG – unter Vermeidung des vom BGH verwendeten Begriffs der „Musterdichte“ – klar, dass im Rahmen der Beurteilung der Eigenart eine „etwaige Sättigung des Stands der Technik, die den informierten Benutzer stärker für die Unterschiede zwischen den miteinander verglichenen Geschmacksmustern sensibilisieren könnte“ berücksichtigt werden könne. Die Beschwerdekammer habe aber zu Recht angenommen, dass die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei Leuchten groß sei. Das (Leuchten-)Gehäuse müsse technisch nur so ausgestaltet werden, dass es handelsübliche Leuchtmittel aufnehmen könne. Weitere Beschränkungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Gehäuses seien nicht ersichtlich. Der EuG wiederholt insofern seine Auffassung, dass die originäre Gestaltungsfreiheit des Entwerfers nicht durch die Existenz einer Vielzahl vergleichbarer Muster im betreffenden Warensegment reduziert wird. Dementsprechend könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Stand der Technik in Bezug auf die Lampen gesättigt sei.

Der Kläger könne daher auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass der informierte Benutzer den gemeinsamen Merkmalen weniger Bedeutung beimesse als den Unterschieden, weil er mit Lampen in Sternform vertraut sei. Diese Annahme beruhe auf einem fehlerhaften Verständnis des Begriffs „informierter Benutzer“. Der Begriff sei so auszulegen, dass ein informierter Benutzer die verschiedenen Geschmacksmuster kennt, die es in dem betroffenen Wirtschaftsbereich gibt; er sei aber kein Entwerfer oder technischer Sachverständiger. Die Prämisse des Klägers, der informierte Benutzer verfüge über „sehr gründliche Kenntnisse“ des Stands der Technik bei Lampen, gehe fehl.

Praxistipp:

Der EuG hält an seiner Auffassung, wonach eine hohe Musterdichte die Gestaltungsfreiheit nicht beschränke, weiterhin ausdrücklich fest. Zwar könne der „Stand der Technik“ dazu führen, dass der informierte Benutzer stärker auf die Unterschiede achtet, als auf die Gemeinsamkeiten. Ob der Stand der Technik tatsächlich vom informierten Benutzer berücksichtigt wird, hängt nach Ansicht des EuG aber davon ab, ob der informierte Benutzer auf dem betreffenden Warengebiet den Stand der Technik kennt. Dies hat das Gericht für den Bereich der Leuchten verneint.

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