Das Gesundheitsministerium liefert nach: Aktuelle Änderungen zum Pflegekompetenzgesetz
Das Pflegekompetenzgesetz (PKG) wurde überarbeitet und kommt mit einigen Änderungen und einem neuen Namen daher. So heißt das Gesetz künftig Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege. Ob es diesen Anspruch tatsächlich einlösen kann, bleibt abzuwarten.
Der erste Entwurf war von vielen Seiten positiv aufgenommen worden (siehe Stellungnahmen vdek, G-BA und PKV). Er zielte darauf ab unter anderem die Kompetenzen von Pflegefachpersonen zu erweitern, die Zulassung Digitaler Pflegeanwendungen (DiPA) zu erleichtern, gemeinschaftliche Wohnformen stärker zu fördern und die Vergütungsverhandlungen in der Pflege schneller zu Ergebnissen zu bringen. An diesen Vorhaben hat sich auch nach der Verbändeanhörung und weiteren Überarbeitungen nichts geändert. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren und nach Abschluss der Anhörungen zeigte sich jedoch, dass weiterhin erheblicher Nachbesserungsbedarf besteht.
Der Referentenentwurf vom 24. Juli 2025 nimmt hierzu zusätzliche Änderungen und Klarstellungen auf. Ob er damit den Anwendungsbereich der Kompetenzerweiterungen hinreichend bestimmt, den bürokratischen Aufwand reduziert und Abgrenzungsschwierigkeiten vermeidet, ist zweifelhaft. Die von Verbänden geäußerte Kritik wird nur teilweise, teils gar nicht, berücksichtigt.
So werde insbesondere die geplante Einrichtung einer neuen Kommunikationsplattform kritisiert, die der Qualitätssicherung dienen soll. Sie erhöhe den Bürokratieaufwand und laufe dem eigentlichen Ansinnen des Gesetzes entgegen. Auch die Normierung von Verfahrensleitlinien für die Vergütungsverhandlungen im ambulanten Pflegebereich würde den bürokratischen Aufwand weiter vergrößern. Dasselbe gelte auch für die geplante Klarstellung in § 18c Abs. 5 SGB XI, welche den Zahlungszeitpunkt der pauschalen Zusatzzahlung festlegen möchte. Die von Verbänden geäußerte Kritik (vgl. hierzu bspw. IKK e.V., S. 28 sowie AOK, S. 67 und S. 88) wird nur teilweise, teils gar nicht, berücksichtigt.
In Sachen Bürokratieabbau sei also fraglich, ob der Entwurf seinem neuen Namen gerecht werden könne.
Auch sehe der Referentenentwurf keine stärkere Einbindung der Kommunen in die Versorgungsplanung etwa durch verbindliche Mitwirkungsmöglichkeiten vor. Die Regelungen hierzu seien zwar gut gemeint, aber so unbestimmt formuliert, dass die Umsetzung in der Praxis zu Auslegungsschwierigkeiten und Kompetenzunklarheiten führen werde.
Der Entwurf hat aber auch sinnvolle Änderungen zum Inhalt. Welche wesentlichen Änderungen der aktualisierte Entwurf konkret vorsieht, stellen wir im Folgenden vor.
Für weitere Informationen und den wesentlichen Änderungen, die das Pflegekompetenzgesetz bringen soll, verweisen wir Sie gerne auf unseren NEWSFLASH: Das Pflegekompetenzgesetz.
Im Einzelnen:
Vermeidung von Doppelbesteuerung
Eine Anpassung der Berechnungsmethode für das Krankengeld und für die Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld soll eine mögliche Doppelbelastung von Grenzgängerinnen zwischen Deutschland und einem EU-Nachbarland vermeiden. Hierdurch soll zudem die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der EU gestärkt werden und Einschränkungen in der Arbeitnehmerfreizügigkeit vermieden werden.
Bislang kann es in speziellen Fällen zu einer übermäßigen steuerlichen Belastung kommen, sofern Arbeitnehmer ihren Wohnsitz im Ausland haben und das bezogene Krankengeld auf Grund eines zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens im Ansässigkeitsstaat besteuert wird. Zu diesem Zwecke sollen sowohl das Mutterschutzgesetz als auch die Risikostruktur-Ausgleichsverordnung Änderungen erfahren, um diese Fälle zu vermeiden.
Stärkere Finanzierung des Strukturfonds
Um die vertragsärztliche Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen, sieht das Gesetz eine andere Aufbringung der Mittel für den Strukturfonds vor. Dies soll der Sicherung einer ausreichenden Finanzierung des Strukturfonds dienen, die aufgrund der ab 1. März 2025 geltenden Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung nicht mehr gewährleistet ist. Bislang war es so, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen, die den Strukturfonds eingerichtet haben, nach § 105 Abs 1a SGB V einen Betrag auf Grundlage der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung für alle budgetierten vertragsärztlichen Tätigkeiten eingezahlt haben. Durch die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen können diese Mittel hier nicht zur Finanzierung durch die KVen genutzt werden, gleichzeitig fließen die hausärztlichen Leistungen aber in die Berechnung des Finanzierungsbeitrages für den Strukturfonds ein. Hierdurch entstand eine Finanzierungslücke. Diese könnten die KVen fortan schließen, indem sie auch Mittel für extrabudgetär vergütete Leistungen wahlweise heranziehen können.
Die Beträge, die die Kassenärztlichen Vereinigungen bisher in den Strukturfonds eingezahlt haben, bleiben gleich, da sich die Berechnung der Finanzierungshöhe für den Strukturfonds weiterhin an der vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung orientiert.
Gesetzliche Klarstellungen für den Notdienst
Unter Beteiligung der Kassenärztlichen (Bundes-)Vereinigungen und Spitzenverbänden der Ärzteschaften haben das Gesundheitsministerium und das Arbeitsministerium Leitlinien für die Ausgestaltung des vertragsärztlichen Notdienstes herausgearbeitet, bei deren Vorliegen von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen ist. Der Hintergrund hierfür liegt darin, dass die Tätigkeit von sogenannten Poolärzten im vertragsärztlichen Notdienst vermehrt nicht mehr als selbständige und sozialversicherungsfreie Tätigkeit bewertet wird, sondern als Beschäftigung. Die Kassenärztlichen Vereinigungen befürchten daher, dass sich aufgrund der Einstufung als Beschäftigung nicht mehr ausreichend Poolärzte finden und somit die Aufrechterhaltung des vertragsärztlichen Notdienstes gefährdet wird, die mittelbar auch eine deutliche Mehrbelastung der Notaufnahmen in den Krankenhäusern bedeuten würde.
Die untergesetzlichen Regelungen, auf die sich geeinigt wurde, sollen durch zwei Gesetzesänderungen in Form von Klarstellungen in den §§ 81 Abs. 5 und § 95 SGB V unterstützt werden. Den Kassenärztlichen Vereinigungen und den teilnehmenden Pool- und Vertragsärzten soll die notwendige Rechtssicherheit geben werden, wonach sie ihre Tätigkeit im Rahmen des Notdienstes in Zukunft auch als selbständige Tätigkeit ausüben können. Hierzu soll klargestellt werden, dass es sich bei der Teilnahme von Vertragsärztinnen und -ärzten am vertragsärztlichen Notdienst sozialversicherungsrechtlich um einen Annex zur Haupttätigkeit handelt.
Für den ländlichen und dünn besiedelten Raum wird zudem ein Hinweis auf die Zulässigkeit der Gewährung einer Sicherstellungspauschale an Ärzte ins Gesetz aufgenommen, um auch hier für mehr Rechtssicherheit zu sorgen.
Änderungen im Prüfverfahren des Risikostrukturausgleichs
Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) ist nach dem § 273 SGB V für die Prüfung der Datenmeldungen der Krankenkassen für den Risikostrukturausgleich (RAS) zuständig. Die Prüfungen dienen der Aufdeckung möglicher Manipulationen bei Diagnosekodierungen. Um die seit Jahren andauernden Prüfverfahren in einem angemessenen Zeitrahmen abzuschließen, wird dem BAS künftig eine feste Frist gesetzt, innerhalb derer die Prüfungen spätestens abgeschlossen sein müssen. Nach der neuen Frist muss die Prüfung der Datenmeldungen der Krankenkassen bis zum Ablauf des fünfzehnten Kalenderjahres, das auf das zu prüfende Berichtsjahr fällt, abgeschlossen sein – konkrete Konsequenzen bei Versäumung dieser Fristen sieht – soweit ersichtlich – das Gesetz nicht vor, sodass eine relevante Wirkung dieser Neuregelung angezweifelt werden darf.
Speicherung von Gesundheitsdaten in der elektronischen Patientenakte
Zum Schutz von Patienten werden Ausnahmen von der Befüllungsverpflichtung im SGB V geschaffen, um Fällen gerecht zu werden, in denen die Kenntnisnahme konkreter Gesundheitsdaten mittels der elektronischen Patientenakte nachteilig sein könnte. Die Ausnahmen sollen insbesondere bei erheblichen therapeutischen Gründen, zum Schutz der Rechte Dritter sowie bei Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes greifen.
IT-Sicherheit und elektronische Patientenakte
Um die IT-Sicherheit zu erhöhen, werden Regelungen für den Umgang mit dem Praxis- und Institutionsausweis (SMC-B) in Praxen und Pflegeeinrichtungen geschaffen. Außerdem soll der Heilberufs- bzw. Berufsausweis als weiteres Zugriffserfordernis für das E-Rezept gestrichen werden. Auch die Versendung der elektronischen Ersatzbescheinigung soll direkt vom Leistungserbringer ermöglicht werden.
Fazit
Der aktualisierte Gesetzesentwurf sieht zwar weitere sinnvolle Regelungen vor.
Allerdings scheint er die eingangs erwähnte Kritik und die Wünsche der Verbände und Spitzenorganisationen nach eindeutigeren Regelungen nicht ganz aufzunehmen. So würden auch die von allen Seiten gelobten Kompetenzerweiterungen des Pflegefachpersonals nicht weiter konkretisiert und abgegrenzt, was später sowohl zu Unsicherheiten in der praktischen Umsetzung und Organisation als auch in der Finanzierung führen könne. Der geäußerte Wunsch nach einer unbürokratischeren Zulassung von digitalen Pflegeanwendungen bleibt ebenfalls unbeantwortet.
Daher bleibt abzuwarten, ob der Referentenentwurf in den kommenden Wochen weitere Änderungen erfährt, bevor er dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt wird. Fest steht, dass das Gesetz sinnvolle Änderungen für den Pflegeberuf vorsieht. Entscheidend für den Erfolg wird aber sein, ob die Änderungen in der Praxis nicht nur Verwirrung bringen und die Finanzierung dauerhaft gesichert ist.
Zum 1. Januar 2026 soll das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in Kraft treten.