Die Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) ermöglicht Emittenten seit dem 11. Juli 2024, den Antrag auf Zulassung von Wertpapieren zum Handel im regulierten Markt (General Standard) ohne Mitwirkung eines Finanzinstituts zu stellen. Für den Prime Standard ist ein Mitantragsteller nur für die initiale, nicht aber folgende Emissionen derselben Gattung von Wertpapieren erforderlich. Dies führt zu erheblichen Erleichterungen für die Emittenten, denn Aufwand und Kosten für die Einbindung eines Emissionsbegleiters können nun wegfallen.
Neuerungen
Das Zukunftsfinanzierungsgesetz erlaubt den Börsen, für die Zulassung von Aktien und Aktien vertretenden Zertifikaten (AvZ) zum regulierten Markt (General Standard) eine Antragstellung ausschließlich durch den Emittenten zuzulassen und somit auf den so genannten Mitantragsteller – insbesondere Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Wertpapierinstitute – zu verzichten (§ 32 Abs. 2a BörsG n.F.). Hintergrund war nach der Gesetzesbegründung insbesondere die Ermöglichung von Kostenersparnissen für Emittenten. Die FWB hat aufgrund einer Entscheidung des Börsenrats nun von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und § 45 Abs. 1 BörsO FWB entsprechend angepasst.
Die Erleichterung gilt ausschließlich für die Zulassung der genannten Wertpapiere zum Handel im General Standard. Sämtliche Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, verfügen über eine Zulassung ihrer Wertpapiere zum General Standard, während ein Teil dieser Emittenten ihre Wertpapiere zugleich zum Teilbereich des regulierten Marktes mit weiteren Zulassungsfolgepflichten (Prime Standard) zugelassen haben. Für den Antrag zur initialen Zulassung zum Prime Standard ist nach wie vor die Mitwirkung eines Mitantragstellers erforderlich, sofern der Emittent nicht bereits selbst die Anforderungen an einen Mitantragsteller erfüllt (§ 48 Abs. 1 BörsO FWB n.F.). Allerdings kommt die FWB Emittenten im Prime Standard nunmehr insoweit entgegen, dass die Zulassung von Aktien und AvZ fortan als Gattungszulassung erfolgt (§ 48 Abs. 1, 2, 4 BörsO FWB n.F.). Dabei handelt es sich um eine entscheidende Änderung zur vorherigen Rechtslage, die auch für den Prime Standard die Stückzulassung vorsah und deshalb weitere Zulassungsanträge – mit Mitantragsteller – bei späteren Emissionen erforderte. Entsprechende Wertpapiere, die vor dem 11. Juli 2024 zum Prime Standard zugelassen wurden, gelten nach Mitteilung der FWB als Gattung zugelassen, es gilt also eine Art rückwirkende Begünstigung der Emittenten im Prime Standard.
Dementsprechend muss für Aktien oder AvZ derselben Gattung, die später ausgegeben werden, für den Prime Standard kein (weiterer) Zulassungsantrag gestellt werden. Allerdings bleibt es für Emittenten im General Standard bei der bisherigen Rechtslage der Stückezulassung, nach der gemäß § 40 BörsG, § 69 BörsZulV alle später ausgegebenen Aktien derselben Gattung gesondert zuzulassen sind, also weitere Zulassungsanträge vom Emittenten zu stellen sind. Da es, wie oben erwähnt, keine isolierte Zulassung ausschließlich zum Prime Standard gibt, gilt dies auch für Emittenten, deren Aktien oder AvZ zum Prime Standard – und damit zwingend auch im General Standard – zugelassen sind. Allerdings ist hierfür weder bei ausschließlicher Zulassung zum General Standard noch bei zusätzlicher Zulassung zum Prime Standard ein Mitantragsteller erforderlich. Letzteres gilt dann, wenn Aktien oder AvZ derselben Gattung bereits zum Prime Standard zugelassen sind.
Der Einreichung des Antrags für die Zulassung von Aktien erfolgt weiterhin grundsätzlich über die eListing-Plattform der FWB, während die Zulassung von AvZ schriftlich zu beantragen ist (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BörsO FWB n.F.). Bei letzterem ist allerdings eine Digitalisierung der Antragseinreichung geplant. Hinsichtlich der Möglichkeiten zur Stellvertretung bei der Antragstellung hat sich nichts geändert, die Antragstellung kann also weiterhin etwa von einer Rechtsanwaltskanzlei übernommen werden.
Folgen für die Praxis
Der neue Rahmen für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel im General Standard wird für Emittenten zu einem schlankeren Zulassungsprozess und spürbaren Kostenersparnissen führen. Hiervon können gerade Unternehmen profitieren, für die diese Kosten bislang ein Argument gegen eine Börsennotierung oder spätere Kapitalmaßnahmen darstellten. Auch der Verzicht auf weitere Zulassungsanträge von Emittenten im Prime Standard kann einen positiven Effekt bewirken, da ausschließlich für die initiale Zulassung der Wertpapiere zum Handel im Prime Standard – etwa im Rahmen eines Börsengangs – ein Mitantragsteller erforderlich ist.
Gesondert zu betrachten ist selbstverständlich die Frage der Notwendigkeit zur Erstellung und Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts. Ein solcher ist grundsätzlich sowohl zum Zwecke der Zulassung als auch für die Durchführung eines öffentlichen Angebots von Wertpapieren erforderlich (Art. 3 Abs. 1, 3 ProspektVO). Dass allerdings nach § 8 WpPG u.a. der Zulassungsantragsteller Verantwortung – also die Haftung – für den Prospekt zu übernehmen hat, dürfte künftig an Relevanz verlieren, da ein Mitantragsteller nach dem oben Gesagten ggf. nicht (mehr) erforderlich ist. Demnach ist auch in Fällen, in denen keine Ausnahme von der Prospektpflicht greift – etwa wegen (a) Überschreitens der EUR 8 Mio.-Grenze (§ 3 WpPG), (b) der Ansprache von mindestens 150 nichtqualifizierten Anlegern (Art. 1 Abs. 4 lit. a) PropektVO) oder (c) der Zulassung neuer Aktien im Umfang von mindestens 20% der bereits ausgegebenen Aktien (Art. 1 Abs. 5 lit. a) PropektVO) – die Einbindung eines Finanzinstituts als Prospektverantwortlicher nicht mehr erforderlich. Für Emittenten führt dies zu einer erheblichen Kostenersparnis, da sich die Institute aus nachvollziehbaren Gründen gegen eine mögliche Prospekthaftung bestmöglich abgesichert hatten.
Bewertung
Die Belastung mit Aufwand und Kosten, die im Zusammenhang mit einem Börsengang und späteren Kapitalmaßnahmen auf Emittenten zukommen, stellt einen Hauptkritikpunkt am deutschen Kapitalmarkt(recht) dar. Die Neuerungen der FWB können zu spürbaren Erleichterungen für Emittenten führen, werden aber keine abschließende Antwort auf diese Problematik geben. Dies auch vor dem Hintergrund des jedenfalls in Teilen häufig als unflexibel und antiquiert empfundenen Aktienrechts, um das sich aktuell interessante Reformvorschläge ranken.
Es bleibt aber zu hoffen, dass die FWB mit dem geänderten Antragsverfahren einen weiteren Impuls für eine Belebung des deutschen Kapitalmarkts setzt. Es besteht durchaus Grund zum Optimismus, zumal die FWB nach Vorarbeit des Gesetzgebers gegenüber den ausländischen Kapitalmärkten, in denen vielfach bereits zuvor weniger strenge Antragsvoraussetzungen herrschten, an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen hat.