Co-Autorin: My Anh Cao
Eine Entscheidung der Schiedsstelle des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. (FSA) vom 13. März 2023 (Az.: 2022.8-667-672, 674) betrifft das Sponsoring externer Fortbildungsveranstaltungen und die Beurteilung des Vorliegens einer „Anreizwirkung“, die die bisherige Spruchpraxis des FSA aufhebt.
Die Schiedsstelle des FSA befasste sich mit dem Sponsoring einer Fortbildungsveranstaltung für Urologen, die in der Zeit des sog. „Gäubodenvolksfest“ in Straubing, dem zweitgrößten Volksfest in Bayern, stattfand. Den Mitgliedsunternehmen wurde vorgeworfen, dass die von ihnen gesponserte Fortbildung in Straubing nicht mit Ziffer 12a. der Vorstandsleitlinien des FSA-Kodexes Fachkreise konform sei. Die Mitgliedsunternehmen wehrten sich dagegen und führten an, dass es der Veranstaltung an der Anreizwirkung fehle, da eine Freizeitmöglichkeit und damit auch Teilnahmemöglichkeit am Gäubodenvolksfest während der Veranstaltung gar nicht bestanden habe, weshalb die Beanstandung unbegründet sei.
Die FSA-Schiedsstelle entschied am 13. März 2023 (Az.: 2022.8-667-672, 674), dass das Gäubodenvolksfest für Straubing als Tagungsort eine prägende Anreizwirkung habe und deshalb ein Verstoß gegen § 20 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 FSA-Kodex Fachkreise und der Leitlinie 12a. vorliege. Für die Beurteilung, ob eine Anreizwirkung vorliege, ist nach Ziffer 12a.2 der Vorstandsleitlinien die Sichtweise Dritter, also der „breiten Öffentlichkeit“, und nicht mehr die der eingeladenen Fortbildungsteilnehmer maßgeblich. Nach Auffassung der FSA-Schiedsstelle komme der Stadt Straubing während des Gäubodenvolksfestes eine Anreizwirkung zu, da der Ort dann durch besondere Erlebnismöglichkeiten geprägt sei. Dies ergebe sich durch ein Zusammenspiel aus zahlreichen Faktoren wie Größe, Dauer und Attraktivität der Veranstaltung für die Bevölkerung. Dabei sei es unerheblich, ob die Erlebnismöglichkeit bekannt sei, denn entscheidend sei eine hohe Attraktivität aus Sicht der breiten Öffentlichkeit. Ebenso müsse das Volksfest nicht dem in Leitlinie 12.a.1 (ii) genannten Oktoberfest oder Kölner Karneval thematisch oder hinsichtlich der Besucherzahl oder Dauer entsprechen, da maßgeblich sei, dass das Fest Besucher aus vielen Regionen anziehe, die nicht aus dem Umkreis stammen. Für das Vorliegen eines Verstoßes gegen den FSA-Kodex Fachkreise sei eine tatsächliche Teilnahmemöglichkeit keine Voraussetzung. An der bisherigen Spruchpraxis, nach der die Verlängerung des Aufenthaltes für ein Festbesuch keinen zusätzlichen, unsachlichen Anreiz vermittelt werde, könne nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden. Es genüge eine „abstrakte Anreizwirkung“ für einen Verstoß.
Mit dieser Entscheidung hat die Schiedsstelle eine strenge Auslegung der Ziff. 12a der Leitlinien vorgenommen, weshalb FSA-Mitgliedsunternehmen in Zukunft Fortbildungsveranstaltungen, die sie sponsern möchten, noch genauer prüfen müssen. Dabei muss insbesondere der Veranstaltungsort und dessen Umgebung im Hinblick auf eine abstrakte Anreizwirkung einer Prüfung unterzogen werden, wobei temporäre kulturelle Ereignisse zu berücksichtigen sind.