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8. April 2024

Transparenz vs. Rechtssicherheit – Spezifizierungslast in Geheimhaltungsklauseln

  • Briefing

Im Rahmen unserer Newsletter-Reihe zum Thema „Trade Secrets“ möchten wir auf ein Praxisproblem hinweisen, das sich bei der vertraglichen Gestaltung von Arbeitsverträgen stellt. Dabei geht es um die zentrale Frage, inwieweit ein Arbeitgeber bereits im Rahmen eines Arbeitsvertrages schutzwürdige Geschäftsgeheimnisse konkretisieren muss. Einerseits sollte der Arbeitgeber aus Transparenzgründen die Geheimhaltungsklausel so konkret ausgestalten, dass der Arbeitnehmer zweifelsfrei weiß, was er darf und was nicht. Andererseits könnte eine zu enge Konkretisierung den Anwendungsbereich der Geheimhaltungsklausel unangemessen einschränken und damit zu einer Verminderung der Rechtssicherheit führen.

Praxisproblem: Wie weit reicht die Konkretisierungspflicht in Geheimhaltungsklauseln?

Will der Arbeitgeber im Falle einer Geschäftsgeheimnisverletzung Schutz nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) in Anspruch nehmen, muss er angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen (vgl. hierzu unseren Beitrag vom 15. Juni 2022) zum Schutz seiner jeweiligen Geschäftsgeheimnisse treffen. Ein zentraler Eckpfeiler ist dabei, dass er seine Mitarbeiter vertraglich zur Geheimhaltung seiner Geschäftsgeheimnisse verpflichtet. Um dieser Verpflichtung nachkommen zu können, sollte er daher umfassende und vor allem wirksame Geheimhaltungsvereinbarungen mit seinen Mitarbeitern abschließen.

Die zentrale Frage ist jedoch, wie die Geheimhaltungsvereinbarungen im Einzelfall ausgestaltet sein müssen, um im Streitfall vor Gericht Bestand zu haben.

Zu dieser Frage hat das LAG Köln (2. Kammer) in seinem Urteil vom 2. Dezember 2019 (Az.: 2 SAGA 20/19) bereits festgestellt, dass der Kläger insbesondere darlegen müsse, welches konkrete Geheimhaltungsmanagement er durchgeführt habe und welche konkreten Daten oder Spezifikationen im Geschäftsverkehr geheim zu halten seien (vgl. Rz. 23). Dies bedeute letztlich, dass seitens des Klägers ein konkretes, auf die einzelnen Geheimnisse spezifisch zugeschnittenes „Geheimhaltungsmanagement“ durchzuführen sei. Denn dieser müsse u.a. nachweisen, welche Geheimnisse wie und wie lange welchem Schutz unterlägen. Wie genau eine „inhaltliche Konkretisierung“ im Einzelfall auszusehen hat, ließ das LAG Köln allerdings offen.

Auch eine neuere (allerdings noch nicht rechtskräftige) Entscheidung des ArbG Aachen (Urteil vom 13.1.2022 - 8 Ca 1229/20) gibt nur bedingt Aufschluss: Konkrete und transparente vertragliche Regelungen - zumindest dezidierte Hinweise des Arbeitgebers zur Konkretisierung der sich bereits aus dem Gesetz ergebenden Verschwiegenheitspflicht - böten einen besseren Geheimnisschutz. Für den Arbeitnehmer müsse daher aus den vertraglichen Regelungen erkennbar sein, hinsichtlich welcher Informationen er genau zur Verschwiegenheit verpflichtet sei.

Konkreter wird hingegen das Arbeitsgericht Hamburg (4. Kammer) in seinem Urteil vom 27. Januar 2022 (Az.: 4 Ca 356/0). Denn dieses hat positiv entschieden, dass zumindest für einen Berater eine vertragliche Bezugnahme auf „alle Daten über Kunden und Zielfirmen/Zielkunden, die dem Arbeitnehmer im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung bekannt werden und in den Datenbanken der Gesellschaft gespeichert und verwaltet werden“ ausreicht.

Praxistipp

Letztlich geht es also um die Frage, wie eng bzw. weit man die beispielhaften Aufzählungen in entsprechenden Geheimhaltungsklauseln fasst, um einerseits den potenziellen Anwendungsbereich möglicher Geschäftsgeheimnisverletzungen nicht von vornherein übermäßig einzuschränken, andererseits aber auch die notwendige Transparenz zu schaffen.

Anknüpfend an diese bislang eher zaghafte Entwicklung in der Rechtsprechung erscheint es sinnvoll, in Geheimhaltungsklauseln primär auf solche Geschäftsgeheimnisse abzustellen, mit denen der betroffene Arbeitnehmer typischerweise in Berührung kommt. Ein gangbarer „Mittelweg“ könnte daher darin bestehen, die aufgrund des konkreten Tätigkeitsbereichs des Arbeitnehmers (z.B. Vertrieb, F&E oder Programmierung) besonders relevanten Geschäftsgeheimnisse in den entsprechenden Klauseln prominent hervorzuheben. So wird ein Mitarbeiter im Vertrieb vor allem mit Kundenlisten und Vertragskonditionen zu tun haben, so dass diese als Beispiele vorangestellt werden könnten. Ein Entwicklungsingenieur hingegen wird sich hauptsächlich mit „klassischem IP“ wie patentgeschützten Informationen oder Quellcode beschäftigen, so dass für ihn entsprechend andere Beispiele angeführt werden könnten. Für einen Berater werden dagegen eher konkrete Projekte und entsprechende Details sowie mögliche Vergütungsstrukturen von Interesse sein.

Um Schutzlücken zu vermeiden, bleibt es jedoch ratsam, („darüber hinaus“) weitere Geschäftsgeheimnisse zu benennen - auch wenn der betreffende Mitarbeiter damit weniger in Berührung kommen dürfte.

Fazit

Ein Arbeitgeber sollte daher bei der Vertragsgestaltung stets besonderes Augenmerk auf den jeweiligen Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers legen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechungsentwicklung erscheint es daher nicht empfehlenswert, schlicht Musterarbeitsverträge „aus der Schublade“ zu ziehen. Vielmehr sollte der Vertrag individuell an die konkrete Vertragssituation angepasst werden, um die eigene Rechtssicherheit zu maximieren und unnötige Diskussionen über die Umsetzung „angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen“ im Streitfall zu vermeiden.

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