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27. März 2024

OLG Karlsruhe zur Werbung mit der Hautverträglichkeit eines Desinfektionsmittels

  • Briefing

Co-Autorin: My Anh Cao

Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 9. November 2022 (Az.: 6 U 322/21) befasst sich mit der Werbung für einen Desinfektionshandschaum mit Angaben zur Hautverträglichkeit.

Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte vertreibt verschiedene Produkte. Sie bewarb einen Desinfektionshandschaum mit den Angaben „Sanft zur Haut“, „Hautfreundliche Produktlösung als Schaum“ sowie „Konsumenten sind überzeugt – 100% bestätigen die Hautverträglichkeit“. Die Klägerin war der Auffassung, dass die Werbung einen Verstoß gegen Art. 69 Abs. 2 Satz 1 Biozid-VO und gegen Art. 72 Abs. 3 Biozid-VO begründe. Die Beklagte wehrte sich dagegen und führte an, dass das Desinfektionsprodukt bei den angesprochenen Verkehrskreisen keine falschen Vorstellungen über das Risikopotenzial hervorrufe, sondern sich auf die Wirkung der Hautverträglichkeit beziehe und deshalb wahr sei.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied am 9. November 2022 (Az.: 6 U 322/21), dass das Landgericht Mannheim zu Recht die Klage abgewiesen habe. Die beanstandeten Werbeaussagen seien nicht als „ähnlicher Hinweis“ gemäß Art. 69 Abs. 2 Satz 1 Biozid-VO und Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Biozid-VO untersagt. Die Vorschriften untersagen eine Darstellung von Biozid-Produkten, die hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch und Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit irreführend seien. Aussagen über hautfreundliche und -verträgliche Eigenschaften fielen nicht unter das Verbot „ähnlicher Hinweise“ im Sinne des Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Biozid-VO, da sie eine konkrete Produktwirkung auf ein spezifisches menschliches Organ betreffen und nicht verallgemeinernd das Risikopotenzial mit den in der Vorschrift ausdrücklich verbotenen Hinweisen vergleichbaren Aussagen verharmlosen. Ein ähnlicher Grad an pauschaler Verharmlosung fehle bei den vorliegenden streitgegenständlichen Aussagen.

Hinter der Angabe „sanft zu Haut“ erwarte der Durchschnittsverbraucher, dass die Anwendung des Handdesinfektionsmittels im Vergleich zu anderen Desinfektionsmitteln die Haut der Hand in irgendeiner Weise und in nicht näher spezifiziertem Ausmaß schone, nicht irritiere und eine zarte und angenehme Wirkung habe. Der Verbraucher entnehme der Aussage nicht, dass das Produkt sich positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Haut fördernd auswirke. Aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises schließe das Attribut „Sanft zur Haut“ genauso wie die Angabe „hautfreundlich“ (auch nachteilige) Auswirkungen auf die Hautgesundheit nicht generell aus. Der Verkehr würde die Angaben so verstehen, dass das Hautdesinfektionsmittel auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden seiner Haut Rücksicht nehme. Der Verkehr beziehe die Attribute spezifisch auf das Organ, das bei bestimmungsgemäßer Anwendung in Berührung komme und nicht pauschal auf die sonstigen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Deshalb seien die Angaben nicht ähnlich zu den aufgezählten Begriffen in Art. 73 Abs. 3 Satz 2 Biozid-VO und eine Irreführung liege nicht vor. Diese Erwägungen würden ebenso für die Angaben „hautfreundliche Produktlösung als Schaum“ sowie „Konsumenten sind überzeugt – 100% bestätigen die Hautverträglichkeit“ gelten.  

Das ist wichtig | To Do: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe ist im Ergebnis zu begrüßen. Wenn ein Desinfektionsmittel im Vergleich zu anderen Desinfektionsmitteln besonders hautverträglich ist, dann ist dies eine wichtige Information, die gerade für solche Verbraucher von großer Bedeutung ist, deren Haut regelmäßig Desinfektionsmitteln ausgesetzt ist (z.B. im Gesundheitswesen). Treffend hat das Gericht auch das Verständnis des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers beurteilt, der entsprechende Werbeaussagen allein auf die hautschonende Wirkung beziehen wird. 

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