20. September 2023
Co-Autorin: Cao, My Anh
Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 6. Juni 2023 (Az.: 6 U 86/21) setzt sich mit der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch ein pharmazeutisches Unternehmen an Apotheken auseinander, bei der Skonti als Vergütung für eine vorfristige Zahlung gewährt wurden.
Der Kläger ist ein Wettbewerbsverband, die Beklagte ein Parallel- und Reimporteur von Arzneimitteln, der in Deutschland im Wege des Direktvertriebs gegenüber Apotheken hochpreisige Arzneimittel vertreibt. Streitgegenständlich ist eine von der Beklagten geführte Preisliste mit Stand vom 15. Juli 2019, in der den Apotheken für die angegebenen Preise des jeweiligen Arzneimittels grundsätzlich ein Zahlungsziel von 30 Tagen eingeräumt wird. In der Preisliste ist eine Spalte mit „14 Tage Valuta“ zu finden, worunter ein Betrag steht, den die Beklagte bei vorfristiger Zahlung innerhalb von 14 Tagen verlangt. Der in der Liste ebenso befindliche Apothekeneinkaufspreis (AEP) gibt den bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken höchstzulässigen Preis nach § 2 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) wieder. Der Betrag „14 Tage Valuta“ ist niedriger als der AEP und der reguläre Preis gegenüber den Apothekern, da die Beklagte hier ein Skonto von 3 Prozent gewährt. Der Kläger war der Ansicht, dass die Preisgestaltung nicht mit den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes (AMG) bzw. der AMPreisV vereinbar sei. Zur Begründung führt er aus, der skontierte Preis unterschreite den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV zu erhebenden Betrag, der sich aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zuzüglich Festzuschlag in Höhe von 70 Cent (nach der damaligen Fassung der AMPreisV) sowie einem optionalen Zuschlag von 3,15% und der Umsatzsteuer zusammensetzt. Der zu erhebende Betrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV stelle eine absolute Preisuntergrenze dar und dürfe nicht durch Skonti, Rabatte oder andere Preisnachlässe unterschritten werden. Da es sich um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel handele, unterliege es der Arzneimittelpreisbindung.
Das Oberlandesgericht Brandenburg vertrat die Ansicht, dass bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel an Apotheken das Bewerben, Ankündigen oder Gewähren von Preisen, die durch die Gewährung von Skonti zu Bruttopreisen unterhalb der sich aus der AMPreisV ergebenden Preise führen, unzulässig sei. Es liege ein Verstoß gegen § 78 AMG und § 2 Abs. 1 AMPreisV vor. Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 AMPreisV erwähne Skonti zwar nicht ausdrücklich, lasse aber mit der Formulierung „sind…zu erheben“ keine Ausnahme zu. Nach dem Sinn und Zweck der Norm komme eine Unterschreitung der genannten Preisgrenze durch die Einräumung eines Skontos nicht in Betracht. Denn § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV solle einen funktionsfähigen Großhandel gewährleisten, der eine im öffentlichen Interesse gebotene, flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherstellen soll. Da der Festzuschlag die Funktionsfähigkeit des Arzneimittelgroßhandels gewährleisten soll und kein Entgelt für das Arzneimittel darstelle, könne er nicht Gegenstand eines Nachlasses für eine vorfristige Zahlung sein. Dies gelte auch für den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV aus Festzuschlag und Abgabepreis zusammengesetzten Mindestpreis des pharmazeutischen Unternehmers.
Wenngleich bei Skonti argumentiert werden kann, dass sie in der Regel nur eine Gegenleistung für eine besonders rasche Zahlung darstellen, und der Bundesgerichtshof noch nicht über die heilmittelwerberechtliche Zulässigkeit geurteilt hat, ist zu raten, sich an der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Brandenburg zu orientieren, zumal auch das Oberlandesgericht Bamberg bereits ähnlich geurteilt hat (vgl. Urteil vom 29. Juni 2016, Az. 3 U 216/15).