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19. April 2023

Update: Die neue PAngV – was hat sich seit Inkrafttreten getan?

  • Briefing

Der Jahrestag der neuen PAngV naht – die umfangreichen Änderungen sind am 28. Mai 2022, also vor fast einem Jahr, in Kraft getreten. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, einen kurzen Blick auf die seither ergangene Rechtsprechung zu Preisangaben zu werfen. 

Es lässt sich feststellen, dass Abmahnungen im Zusammenhang mit der neuen PAngV in diesem ersten Jahr nur sehr verhalten erfolgten. Die von Vielen befürchtete „Abmahnwelle“ blieb – zumindest bislang - aus. Dies dürfte zum einen darauf beruhen, dass die Verbraucher-/Wettbewerbsverbände ihren Fokus noch nicht auf Verstöße gegen die neuen Regelungen gelegt haben. Zum anderen ist dies wohl auch einer allgemeinen Verunsicherung in Bezug auf die richtige Umsetzung geschuldet. Bildlich gesprochen sitzen viele Werbetreibende, die selbst mit Rabatten werben, im Glashaus und niemand wagt wohl, den ersten Stein zu werfen. Daher hält sich auch die Anzahl der Gerichtsentscheidungen noch in Grenzen. Viele Fragen sind daher noch ungeklärt.

Zumindest einige der durch die neuen Regelungen aufgeworfenen Fragen können inzwischen aber beantwortet werden, weshalb es sich durchaus lohnt, einen Blick auf die bislang ergangene Rechtsprechung zu werfen:

LG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2022 – 38 O 144/22

Das LG Düsseldorf hat Ende 2022 über die zulässige Darstellung eines sog. Streichpreises ohne weitere Erläuterungen entschieden. Es ging dabei um die Frage, ob der gemäß § 11 PAngV neu anzugebende „niedrigste Preis der letzten 30 Tage“ in irgendeiner Weise speziell gekennzeichnet oder erläutert werden muss. 

Das Gericht war im entschiedenen Fall der Ansicht, der Pflicht zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage gemäß § 11 Abs. 1 PAngV sei Genüge getan, wenn neben dem aktuell verlangten Angebotspreis ein Streichpreis angeben wird, der dem niedrigsten 30-Tagepreis entspricht. Dies ist auch dann ausreichend, wenn dieser durchgestrichene Preis durch den Händler nicht weiter erläutert wird, also nicht explizit oder sinngemäß als „niedrigster 30-Tage-Preisbezeichnet wird.

Diese Auffassung deckt sich insbesondere mit dem Wortlaut § 11 Abs. 1 PAngV, worauf auch das LG Düsseldorf im Wesentlichen seine Begründung stützt. Diese Norm enthält kein Erfordernis, den niedrigsten 30-Tage-Preis gesondert zu kennzeichnen oder zu erläutern. Eine grundsätzliche Verpflichtung des Händlers, die ihm vorgeschriebene Angabe zu erklären, bestehe nur in Ausnahmefällen und aufgrund besonderer Anforderungen. Solche lägen hier nicht vor. Etwas anderes folge auch nicht aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 11 Abs. 1 PAngV im Lichte des Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 der PreisangabenRL.

Dass sich aus § 11 Abs. 1 PAngV keine Verpflichtung zur expliziten Bezeichnung des niedrigsten 30-Tage-Preises ergibt, entbindet den Werbenden allerdings nicht davon, die allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Irreführungstatbestände, wie insbesondere das Transparenzgebot, zu beachten. In diesem Zusammenhang entschied das LG Düsseldorf allerdings zugunsten des Werbenden, dass die Angabe eines weiteren Preises neben dem niedrigsten 30-Tage-Preis und dem Angebotspreis zulässig sein kann, solange sich dem Betrachter eine entsprechende Zuordnung erschließt und er nicht irregeführt wird. Als zulässig erachtete das LG Düsseldorf unter anderem die folgende Darstellung:

Dies sei auch dann zulässig, wenn die Erläuterungen je nach Angebot abweichen. So hatte die Klage auch insoweit keinen Erfolg, als die Antragstellerin beanstandete, die Prospektangaben seien nicht klar und eindeutig bzw. die Antragsgegnerin hätte mit ihren unterschiedlich gestalteten Preisgegenüberstellungen Verwirrung gestiftet. Verbraucher hätten zwar abhängig von ihrem individuellen Vorverständnis und je nachdem, wie viele der verschiedenen Angebote sie lesen, eine abweichende Auffassung hinsichtlich der Preisangaben. Eine Irreführung ergebe sich hieraus aber nicht. Der Verbraucher könne die Preise eindeutig zuordnen und eine Systematik dahingehend erkennen, dass Erläuterungen zu dem unmittelbar vor der Preisermäßigung geltenden letzten Verkaufspreis und dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage nur dann erfolgten, wenn beide Preise voneinander abweichen. Diese Rechtsauffassung ermöglicht Werbetreibenden interessante Gestaltungen, um den unter Umständen „lästigen“ 30-Tage-Preis etwas weniger prominent erscheinen zu lassen.

Nicht entschieden hat das LG Düsseldorf über die vom Antragsteller aufgeworfene Frage, ob als Bezugsgröße für die prozentuale Berechnung des Preisnachlasses ausschließlich der niedrigste 30-Tages-Preis herangezogen werden müsse (so jedenfalls die Auffassung der Kommission zur PreisangabenRL). Auf diese Frage kam es im vorliegenden Fall nicht an. Möchte der Werbende kein Risiko eingehen, sollte daher bis (vorerst) als Bezugsgröße für die prozentuale Berechnung des Preisnachlasses auf den niedrigsten 30-Tage-Preis abgestellt werden.

LG München I, Anerkenntnis- und Endurteil vom 10.10.2022 – 42 O 9140/22

Auch das LG München I beschäftigte sich mit dem neuen § 11 PAngV, allerdings nur am Rande und im Rahmen des Rechtsbruchtatbestands des § 3a UWG. § 11 Abs. 1 PAngV ist eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 3a UWG, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (sog. Marktverhaltensregel), sodass eine Verletzung der Vorschrift auch über § 3a UWG geltend gemacht werden kann. 

Die Verfügungsbeklagte betrieb eine Vergleichsplattform, wobei sie auf dieser Seite auch selbst Produkte anbot (Direktkaufmöglichkeit). Diese Produkte bewarb sie mit Preisersparnissen, indem sie den aktuellen Preis einem Streichpreis gegenüberstellte und/oder eine prozentuale Preisersparnis auswies. Die Preisersparnis bezog sich dabei auf die Differenz zwischen dem niedrigsten und dem teuersten Angebot, das auf der Vergleichsseite der Beklagten verfügbar war.

In dieser Praxis sah das LG München I einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV. Es fehle den beworbenen Rabatten die richtige Bezugsgröße. Derjenige, der zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, müsse bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten 30-Tage-Preis angeben, den er selbst innerhalb der letzten 30 Tage vor der entsprechenden Preisermäßigung von Verbrauchern verlangt hatte. Auf andere Preise, wie z.B. auf Preise von anderen, auf der Website der Verfügungsbeklagten gelisteten Händlern, dürfe im Rahmen des § 11 Abs. 1 PAngV dagegen nicht abgestellt werden.

Rechtsprechung zu einer Werbung mit einem UVP-Vergleich

Im Zuge des § 11 PAngV setzen Händler vermehrt auch auf eine Werbung mit einer Gegenüberstellung von „Unverbindlichen Preisempfehlungen“ (UVP), weil eine solche „reine“ Gegenüberstellung von Preisen keine Bekanntgabe einer Preisermäßigung im Sinne des § 11 Abs. 1 PAngV darstellt. Somit entfällt auch die Pflicht zur Angabe des niedrigsten 30-Tage-Preises. Aber auch UVP-Gegenüberstellungen sind wettbewerbsrechtlich nicht unproblematisch:

So bewertete das OLG Köln (Urt. v. 09.09.2022 – 6 U 92/22 - Irreführende Online-Werbung für Matratzen mit Mondpreis) eine UVP-Werbung als irreführend, da es sich bei der angegebenen UVP um einen sog. Mondpreis handelte, d.h. um eine nicht ernstgemeinte und ernstgenommene UVP. In diesem Fall hatte die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass die in der Werbung angegebene UPV bereits seit ca. einem Jahr nicht mehr ernsthaft als Marktpreis gefordert wurde, sondern vielmehr ein weit darunter liegender Preis.

Das OLG Frankfurt a.M. (Beschl. v. 28.06.2022, 6 W 30/22 - Irreführende Werbung mit unverbindlicher Preisempfehlung), untersagte eine Preisgegenüberstellung, in der der Werbende mit einer eigenen UVP warb, die er sich im Vorfeld selbst gegeben hatte, bei seinen eigenen Angeboten sodann aber ignorierte. Bei einer Bezeichnung eines Vergleichspreises als UVP gingen die angesprochen Verbraucher aber davon aus, so das Gericht, dass es sich um eine Preisempfehlung eines unabhängigen Dritten handle. Sie erwarteten jedenfalls nicht, dass Händler eine „eigene UVP“ aufstellen, diese dann selbst aber nicht beachten. 

Das LG Berlin (Urt. v. 01.06.2021, 103 O 12/20 - Unlautere Preiswerbung unter Bezug auf eine unzutreffende unverbindliche Preisempfehlung) entschied bereits im Jahr 2021, dass eine Werbung mit einer Preisgegenüberstellung unter Kennzeichnung der Vergleichspreise als UVP irreführend ist, wenn es sich in bei dem als UVP bezeichneten Preis nicht um die tatsächliche Preisempfehlung des jeweiligen Herstellers handelt. In diesem Fall konnte die Klägerin darlegen, dass die UVP nicht mit denen des Herstellers übereinstimmten, die Beklagte hingegen konnte dies nicht substantiiert bestreiten.

Fazit

Auch wenn die eher spärliche Rechtsprechung des letzten Jahres noch nicht besonders viele neue Erkenntnisse bringt, lassen sich doch schon einige Tendenzen erkennen. Von der Möglichkeit der Angabe eines dritten Preises neben einem niedrigsten 30-Tage-Preis sollte nur mit Vorsicht Gebrauch gemacht werden. Ob die Ansicht des LG Düsseldorf auch von anderen Gerichten geteilt wird, ist noch unklar, in jedem Fall ist eine solche Gestaltung mit einem Risiko behaftet, wobei es auch stets auf die konkrete Gestaltung im Einzelfall ankommt. 

Spannend bleibt, ob ausschließlich der niedrigste 30-Tage-Preis die Basis für eine weitere Preisreduzierung sein darf. Diese Frage ist besonders praxisrelevant und muss durch die Rechtsprechung geklärt werden. Möchte der Werbende kein Risiko eingehen, sollte er bis zu einer gerichtlichen Entscheidung daher als Bezugsgröße für die prozentuale Berechnung des Preisnachlasses auf den niedrigsten 30-Tage-Preis abstellen.
Ebenfalls (gerichtlich) ungeklärt ist die ebenso spannende wie praxisrelevante Frage, wie weit (oder eng) der Tatbestand des „individuellen Rabatts“ gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 1 PAngV zu verstehen ist, der gleichfalls zu einer Befreiung von der Pflicht zur Angabe des niedrigsten 30-Tage-Preises führt.

Alternativ können Händler auch weiterhin auf eine Werbung mit einem reinen UVP-Vergleich ausweichen, sollten sich aber auch hier im Vorfeld mit den Anforderungen vertraut machen, um Abmahnungen zu vermeiden.

Alle Hintergründe zur Preisangabenverordnung (PAngV)

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